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Tibet-Bahn Symbol für Chinas falsche Wirtschafts- und Entwicklungspolitik in Tibet

Archivmeldung vom 28.02.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

"Die neue Bahnlinie nach Lhasa und Chinas Wirtschafts- und Entwicklungspolitik bedrohen die Zukunft Tibets, aber auch großer Teile Asiens." Zu diesem Schluss kommt der neue Bericht der International Campaign for Tibet (ICT).

"Die Bahn steht für eine Politik, die die Bedürfnisse der Tibeter in ihrem eigenen Land bewusst übergeht.", kritisiert ICT-Geschäftsführer Kai Müller. Tibeter hätten keinerlei Mitspracherecht in der Gestaltung ihres eigenen Landes, während Peking mit der Sinisierung des Landes fortschreitet, die Tibeter an den Rand der Gesellschaft drängt und überdies mit Projekten wie der Bahnlinie die Erschließung der Bodenschätze auf dem Hochland von Tibet vorbereitet. "Diese Großprojekte sind zudem massive Einschnitte in die empfindliche Umwelt auf dem tibetischen Hochland, mit Folgen potentiell für weite Teile Asiens", zeigt sich Müller besorgt.

Der ICT-Bericht dokumentiert die dramatischen Veränderungen seit der 1999 begonnenen "Westlichen Entwicklungsstrategie" der chinesischen Staatsführung. Prestigeobjekt dieser Strategie sei die Eisenbahnlinie nach Lhasa, die, so der Bericht, die Ansiedlung von Han-Chinesen in Tibet drastisch beschleunigt habe. Seit Eröffnung der Strecke sind rund 1,5 Millionen Passagiere befördert worden und nur 40% hiervon seien Touristen, der Rest seien zum überwiegenden Teil chinesische Arbeitsmigranten. Das mit Abstand schlechteste Bildungssystem in China - fast jeder zweite Tibeter ist Analphabet - führe dazu, dass Tibeter im Wettbewerb mit den besser gebildeten Arbeitsmigranten keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten und auf diese Weise immer stärker an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden.

Grund zu großer Besorgnis gebe auch die Politik der Zwangsansiedlung tibetischer Nomaden. Offiziellen Angaben zufolge wurden in der "Tibetischen Autonomen Region" (TAR) bereits 540.000 der insgesamt rund 800.000 Nomaden angesiedelt. Mit fatalen Folgen für die Betroffenen: diese würden ihrer Lebensgrundlage beraubt, seien gleichzeitig aber für den Arbeitsmarkt ungenügend qualifiziert, was sie von staatlicher Hilfe abhängig macht und zu einer entwürdigenden Lebensweise zwinge. Verloren gehe stattdessen eine jahrhundertealte ökologisch nachhaltige Wirtschaftsweise. "Diese Ansiedlungspolitik muss daher sofort gestoppt werden", fordert Müller.

Die "Westliche Entwicklungsstrategie" verfolgt auch handfeste wirtschaftliche Ziele. Grosse Vorkommen an Eisenerz, Kupfer, Blei und Zink könnten seit dem Bau der Eisenbahn deutlich kostengünstiger transportiert werden. An der Ausbeutung der Rohstoffe sind auch ausländische Investoren beteiligt, die erstmals in Tibet investieren dürfen. Der rasant wachsende Tourismus sei ein weiterer bedeutender Wirtschaftsfaktor. Im Rekordjahr 2007 wurden über vier Millionen Besucher registriert. Im Quellland der größten Flüsse Asiens könnten Berg- und Wasserbau sowie der aufkommende Massentourismus massive Eingriffe in das sensible Ökosystem auf dem Hochland nach sich ziehen, mit verheerenden Auswirkungen für ganz Asien.

ICT appelliert insbesondere an Geberländer der Entwicklungszusammenarbeit, u.a. in Projekte der ländlichen Entwicklung, der Aus- und Weiterbildung von Tibetern oder in die Vergabe von Mikrokrediten an Tibeter zu investieren. Ferner müsse die chinesische Regierung dazu aufgerufen werden, alles zu unterlassen, was zu einer irreversiblen Beeinträchtigung von Umwelt, Kultur und nachhaltig praktizierten Wirtschaftsweisen führen könnte. Der Bericht beschreibe Alternativen für eine nachhaltige Entwicklung Tibets.

Quelle: International Campaign for Tibet Deutschland e.V.

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