Michael Roth (SPD) geht auf Minsker Abkommen und SNA-Fragen ein: Darf Russland Einflusszonen haben?
Archivmeldung vom 12.02.2022
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Freigeschaltet durch Anja SchmittDer Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), ist überzeugt: Das Denken in Einflusssphären ist vorbei, und Russland sollte darauf verzichten. Auch bei den Minsker Vereinbarungen stellt er sich auf die Seite der Ukraine und baut Druck auf Russland auf. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .
Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes geschrieben: "Der 51-jährige Roth, früher Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, ist in der Ukraine-Krise für seine besonders kritische Haltung gegenüber Moskau und harte Urteile bekannt. „Faktisch hat Russland Belarus angeschlossen“, sagte er am Donnerstag in einem Gespräch mit Journalisten der ausländischen Presse zur Präsenz der russischen Soldaten in Belarus. In seinen älteren Interviews betonte Roth zum Russland-Bild der SPD: „Wir dürfen uns nicht hinter Willy Brandt verstecken“ – und auf eine Russland-Fokussierung verzichten. Denn Russland sei von der Nato keineswegs umzingelt.
Viele deutsche Diplomaten und Experten sehen die Lage allerdings differenzierter und erkennen russische Sicherheitsbedenken an. In einem Gespräch mit SNA plädierte der Ständige Vertreter Deutschlands bei der OSZE (2012-2015) und Botschafter a. D. Rüdiger Lüdeking deswegen für eine längerfristige Konferenz zwischen der Nato, Russland und der Ukraine, um die wichtigsten Themen wie den Neustart in der Rüstungskontrolle oder die Frage von Einflusszonen zu erörtern – wie bei der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) 1973-1975. Könnte sich Roth solch eine Konferenz heute vorstellen, fragte ihn SNA. Denn wenn die Nato schon Einflusszonen hat, dann kann man auch Russland diesen Wunsch nicht verübeln, oder?
Roth wusste darauf einiges entgegenzusetzen.
„Also das Denken in Einflusssphären ist vorbei. Das ist das Denken des Kalten Krieges und wir wollen auch nicht in Einflusssphären denken“, antwortete er darauf und merkte an: Es sei der jeweilige freie Wille von Staaten, sich zu Sicherheitsbündnissen zu bekennen. „Und diese Sicherheitsbündnisse sind auch nicht darauf angelegt, jedenfalls die Nato nicht, andere konkret zu bedrohen.“
Roth: Aggressive Politik von Putin – eine „Frischzellenkur“ für die Nato
Denn die Nato stehe nicht in der Ukraine, so Roth weiter, sondern es sei Russland, das „militärische Aktionen im Osten der Ukraine unterstützt“. Deswegen sei Roth dafür, dass man „natürlich eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur braucht“. Sie sollte aber nicht zum Ziel haben, „Europa unter sich aufzuteilen zwischen der Europäischen Union und meinetwegen auch den Vereinigten Staaten von Amerika einerseits und Russland andererseits“, legte der SPD-Politiker nach. „Das östliche Europa ist frei und wir zwingen niemandem unseren Willen auf. Was man aber mal deutlich sagen muss, ist, dass die derzeitige aggressive Politik von Herrn Putin ja geradezu eine Frischzellenkur für die Nato ist.“ Denn auch wenn derzeit keine Frage eines unmittelbaren Beitritts der Ukraine zur Nato stehe, würden sich Schweden und Finnland konkret bedroht fühlen und wollten ihre Zusammenarbeit mit der Nato intensivieren.
Nach Erwähnung all dieser Punkte fügte Roth hinzu, dass er sich eine längerfristige Konferenz zwar gut vorstellen könne, diese aber nicht neu erfinden wolle. „Wir haben doch mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ein ideales Forum, wo alle Staaten entsprechend beteiligt sind, auch Russland eine ganz wichtige Rolle spielt. Und mir wäre sehr daran gelegen. Im Übrigen bezieht sich das auch auf den Europarat“, kommentierte Roth.
„Eine Reihe von Punkten des Minsker Abkommens wird nicht erfüllt“
Am kommenden Montag reist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Gesprächen nach Kiew und am nächsten Tag nach Moskau. Die Erfüllung des Minsker Abkommens von beiden Seiten – Russland und der Ukraine – steht im Vordergrund, wobei Russland von Deutschland als Garantiemacht des Minsker Abkommens erwartet, dass es Druck auf Kiew ausüben würde, um den Friedensplan von 2015 endlich umzusetzen. Dazu gehört auch der Sonderstatus des Donbass. Ob Berlin diesen Druck auf Kiew ausbauen könnte, hieß eine weitere Frage an Roth.
„Ich habe den Eindruck, dass es noch eine Reihe von Punkten des sogenannten Minsker Abkommens gibt, die noch nicht erfüllt worden sind“, reagierte Roth darauf. „Dabei möchte ich ausdrücklich sicherlich auch die russische Seite erwähnen. Ich habe aber Anlass zum Optimismus, weil es auch ein klares Bekenntnis gegeben hat, seitens der Ukraine diese Bedingungen zu erfüllen. Leider steht das von der russischen Seite noch aus <..> Schon mal darauf hinweisen, dass auch durch die militärische Unterstützung der sogenannten Separatisten im Osten der Ukraine inzwischen 14.000 Menschen zu Tode gekommen sind“, sagte Roth zum Schluss. „Die militärische Eskalation muss beendet werden, und die geht nun mal von Russland aus.“
Nach den Verhandlungen über die Donbass-Frage zwischen Unterhändlern Russlands, Frankreichs, Deutschlands und der Ukraine erklärte der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba jedoch, dass Kiew die Minsker Abkommen zur Beilegung des Konflikts im Donbass zwar erfülle – aber „nicht zu den von Russland gestellten Bedingungen“, auch wenn die Ukraine sie 2015 unterschrieb."
Quelle: SNA News (Deutschland)