Leak: WWF wusste von Misshandlungen an „Pygmäen“
Archivmeldung vom 23.01.2017
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin interner Bericht, den der World Wildlife Fund (WWF) zu den Auswirkungen seiner Projekte auf Baka-„Pygmäen“ in Kamerun in Auftrag gab, ist öffentlich geworden. Der WWF hatte die Existenz des Berichts bestritten.
Der WWF wußte, dass die Baka nicht konsultiert wurden, als auf ihrem Land Nationalparks errichtet wurden. Die Naturschutzorganisation erklärte jedoch weiter öffentlich, dass es ein „hohes Level an (…) Gemeinschafts-Zustimmung“ gab.
Einige Wildhüter in dem Gebiet verhalten sich wie „Herren und Gebieter“ gegenüber den Baka und initiieren „Razzien“, die „furchteinflößend“ sind. Dennoch erklärte ein WWF-Sprecher, dass die Wildhüter „ihre vorgesehene Funktion zum Schutz des Waldes und zur Sicherstellung des Zugangs und der Gebiete von Wald-Gemeinden, inklusive jener der Baka“ erfüllen.
Viele Verursacher von Misshandlungen werden nicht bestraft, wenn Verstöße von den Gemeinden gemeldet werden, „trotz der Schuldigsprechung durch die Gemeinden, mit Belegen“. Der WWF sagt jedoch weiterhin: „Wenn dem WWF inakzeptables Verhalten bekannt wird (…), hat er das Thema direkt und nachdrücklich [bei der Regierung] angesprochen und das Verhalten hat sich dem Eindruck nach verbessert.“
„Die meisten der lokalen Dörfer sind [von Gewalt durch Wildhüter] betroffen“. In einem Schreiben an die OECD hat der WWF hingegen erklärt, dass „die Möglichkeit von Gewalt durch Wildhüter im Moment keine hohe Priorität für die meisten Baka-Gemeinden zu haben scheint.“
Entgegen seiner eigenen Richtlinien hat der WWF den Bericht unter Verschluss gehalten. Sowohl Survival International als auch Baka-Aktivisten hatten um Einsicht gebeten. In einem Interview mit dem Naturmagazin Mongabay sagte Phil Dickie, Leiter der Abteilung Problem-Managment des WWF, dass der WWF eine Untersuchung der Anschuldigungen von Survival International in Auftrag gegeben hätte.
Survival International hatte im Februar 2016 eine offizielle Beschwerde bei der OECD (Kontaktstelle Schweiz) bezüglich der Aktivitäten des WWF in Kamerun eingereicht. Im Dezember 2016 wurde die Beschwerde für zulässig erklärt, ein beispielloser Zug zur Untersuchung der Aktivitäten einer Nicht-Regierungsorganisation.
Ein Baka-Mann erklärte: „Der Wald war einst für die Baka, aber nun nicht mehr. Wir waren je nach Jahreszeit im Wald unterwegs, aber nun haben wir Angst. Wie können sie uns verbieten in den Wald zu gehen? Wir wissen nicht, wie wir sonst leben sollen. Sie schlagen uns, töten uns und zwingen uns zu fliehen.“
Video: Baka-Mann berichtet vom Tod eines Mädchens im Namen von „Naturschutz“
Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagte: „Der WWF gab einen Bericht in Auftrag, um die Auswirkungen seiner Arbeit auf die Baka zu untersuchen. Vermutlich inklusive der Vorwürfe von Misshandlungen durch die vom WWF finanzierten Wildhüter. Der Bericht bestätigt, dass die Misshandlungen weitverbreitet und alltäglich sind. Dann streitet der WWF ab, dass es den Bericht gibt. Es ist Zeit, dass diese große Naturschutzorganisation ihre Verantwortung für jene Menschen wahrnimmt, deren Land für Naturschutz geraubt wurde. Und es ist Zeit, dass die Welt nicht mehr die Augen vor dem Horror verschließt, der sich im Namen von Naturschutz abspielt. Es ist nicht nur Kamerun und es ist nicht nur der WWF: Die Naturschutz-Industrie eignet sich seit Jahrzehnten indigenes Land an. Das ist grüner Kolonalismus und wir tun alles dafür, ihn zu bekämpfen. Viele Naturschützer wissen, dass indigene Völker die besten Wächter der natürlichen Welt sind. Deshalb sollten große Naturschutzorganisationen damit beginnen ihnen zuzuhören, statt an ihrer Vernichtung teilzunehmen.“
Eine Gegenüberstellung der Aussagen aus dem internen WWF-Bericht, den öffentlichen Erklärungen des WWF und den Aussagen der Baka finden Sie hier. Falls Sie Einsicht in den vollständigen Bericht wünschen, wenden Sie sich bitte an uns.
„Pygmäen“ ist ein Sammelbegriff, der normalerweise unterschiedliche Jäger-und-Sammler-Völker aus dem Kongobecken und im zentralen Afrika bezeichnet. Auch wenn einige Indigene den Begriff als abschätzig ansehen und ihn vermeiden, nutzen ihn andere aus praktischen Gründen und als einfache Art, sich selbst zu beschreiben.
Quelle: Survival International