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Wofür sich US-Präsidenten entschuldigen

Archivmeldung vom 09.11.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.11.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Von links: George H. W. Bush, Barack Obama, George W. Bush, Bill Clinton, Jimmy Carter im Oval Office am 7. Januar 2009
Von links: George H. W. Bush, Barack Obama, George W. Bush, Bill Clinton, Jimmy Carter im Oval Office am 7. Januar 2009

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Barack Obama wurde in dieser Woche zu einem der Haupthelden der Weltnachrichten. Nicht so sehr wegen der Versprechen, die Probleme mit der Website des „Obama-Gesundheitswesens“, wo die Krankenversicherungen für US-Bürger verkauft werden, zu lösen, wie wegen der öffentlichen Entschuldigungen. Führende Politiker von einem so hohen Niveau sagen nicht so oft: „Entschuldigen Sie“ oder „Verzeihen Sie“. Deshalb beschloss Roman Mamonow bei Radio "Stimme Russlands" daran zu erinnern, wofür sich die amerikanischen Präsidenten in den letzten Jahrzehnten entschuldigt haben.

Man wartete lange auf die Entschuldigungen von Barack Obama für die Probleme mit der Reformierung des Gesundheitswesens in den USA, die so lange vorbereitet wurde. Die Logik ist hier einfach: „Obamacare“ ist ein persönliches Projekt des Staatspräsidenten. Selbst die Entlassung der schuldigen Beamten würde die Situation nicht retten. Das Scheitern von „Obamacare“ ist faktisch das Scheitern von Obama selbst. Der US-Präsident gab nach anderthalb Monaten erfolgloser Versuche, die Arbeit Versicherungssystems anzubahnen, dennoch das Offensichtliche zu und entschuldigte sich:

„Es ist offensichtlich, dass wir mit unserer Arbeit nicht fertig wurden. Ich bedauere das. Ich bedauere, dass unsere Bemühungen, die auf die Versorgung der Bürger mit Versicherungen abzielten, zum Gegenteil führten. Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass die Bürger in eine Situation gerieten, in der ihre Versicherungen wegen des von mir initiierten Gesetzes verschwanden. Aber wir werden alles Mögliche tun, um die Folgen der entstandenen Situation zu korrigieren.“

Es ist bemerkenswert, dass sich Barack Obama bei den Amerikanern erst vor einem Monat entschuldigte, als die Arbeit der Regierung wegen einer politischen und Haushaltskrise behindert wurde. Damals sagte er:

„Ich weiß, dass die Amerikaner all dieser Ereignisse müde geworden sind. Ich kann nur eins sagen: Ich entschuldige mich dafür, dass Sie gezwungen sind, all das alle drei Monate zu machen. Gott ist Zeuge, auch ich selbst bin es müde geworden. Es wird Zeit die Situation zu ändern.“

Auch sein Vorgänger, Präsident George Bush junior, war gezwungen, sich zu entschuldigen. Es gab ausreichend Anlässe – von der absoluten Hilflosigkeit während des Orkans "Katrina" bis zur Koran-Verbrennung im durch US-amerikanische Soldaten im Irak.

Auch Bushs Vorgänger Bill Clinton war mehrmals gezwungen, sich zu entschuldigen. Das Wichtigste, wofür er bei der Nation und seiner eigenen Familie um Verzeihung bitten musste, war natürlich der Sex-Skandal mit Monica Lewinsky:

„Ich trage die ganze Verantwortung für meine Handlungen – sowohl private als auch öffentliche. Gerade deshalb trete ich jetzt vor Ihnen auf. Wie Sie wissen, machte ich im Januar dieses Jahres Aussagen über die Beziehungen mit Monica Lewinsky. Obwohl meine Aussagen vom juristischen Standpunkt aus genau waren, sagte ich nicht die ganze Wahrheit. Ich hatte Beziehungen mit Monica Lewinsky, und sie waren nicht richtig. Und das war ein Fehler. Aber ich sagte den Geschworenen und sage Ihnen – ich bat niemanden zu lügen oder die Beweise zu vernichten.“

Drei Jahre früher – 1995 – war Clinton gezwungen, sich vor Tausenden Mitbürgern aus einem ganz anderen Anlass zu entschuldigen. Damals stellte es sich heraus, dass die Geheimdienste der USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Amerika, Kanada und Europa Experimente zur Untersuchung der Reaktion des Körpers auf die Strahlung durchführten:

„In Krankenhäusern, Universitäten und Militärstützpunkten in unserem Land gab es tatsächlich Tausende Experimente, die von der Regierung gesponsert wurden. Einige davon waren nicht nur nach heutigen Vorstellungen, sondern nach Vorstellungen jener Zeit, zu der sie durchgeführt wurden, unmoralisch. Sie bestanden die Probe sowohl durch unsere nationalen Werte als auch durch die Menschlichkeit nicht. Die Vereinigten Staaten von Amerika entschuldigen sich aufrichtig bei jenen unseren Bürgern, die diesen Tests unterzogen wurden, ihren Familien und ihren Gemeinden.“

Eine weitere berüchtigte Geschichte, die einen US-Präsidenten sich zu rechtfertigen und zu entschuldigen zwang, geschah 1986 und 1987. Damals wurde bekannt, dass Mitglieder der US-Administration geheime Waffenlieferungen in den Iran über Israel unter Umgehung des Waffenembargos organisierten. Der damalige Präsident Ronald Reagan war gezwungen, eine Erklärung vor seinen Mitbürgern zu geben:

„Erstens werde ich sofort sagen: Ich übernehme die ganze Verantwortung für meine Handlungen, für die Handlungen meiner Administration. So böse ich auch bin wegen all dessen, was ohne mein Wissen getan wurde, trage ich dafür die Verantwortung. Alles, was geschah, enttäuschte mich, aber gerade ich muss meinen Mitbürgern garantieren, dass das, was geschah, untersucht wird. In der Flotte sagt man: 'Das geschah während meines Dienstes'."

Schließlich muss man noch einen der besonders großen politischen Skandale in der Geschichte der USA – Watergate – erwähnen. Präsident Richard Nixon, Mitglied der Republikanischen Partei, wurde der Bespitzelung des Stabs seiner Konkurrenten – der Demokraten – überführt. Nixon reichte nach der Entlarvung seinen Abschied ein. Zwei Jahre später entschuldigte er sich:

„Ich bitte um Verzeihung. Ich hoffte nur, dass ich niemanden im Stich lassen werde. Aber ich ließ meine Freunde im Stich, ich ließ mein Land im Stich. Ich verriet unser ganzes Machtsystem und die Träume von Millionen Jugendlichen, die in der Regierung arbeiten möchten. Aber jetzt denken sie, dass sie völlig korrupt ist. Ich verriet die Amerikaner, und ich muss das bis zum Ende meines Lebens tragen. Aber das Wichtigste besteht darin, dass ich die Möglichkeit Projekte und Programme zu realisieren verriet, die erlauben würden die Zukunft aufzubauen.“

Man kann nicht sagen, dass die Entschuldigungen von US-amerikanischen Präsidenten eine Seltenheit sind, allerdings gilt das für Entschuldigungen bei US-Bürgern. Zu Entschuldigungen bei anderen Staaten oder ausländischen Bürgern kommt es jedoch weitaus seltener.

Invertierte Demokratie der USA: Von wem und wie wird der US-Präsident gewählt?

Ebenfalls bei Radio "Stimme Russlands" erschien vor ca. 14 Tagen dieser Beitrag: "Einen beträchtlichen Teil des Textes der US-Verfassung, die 1787 angenommen wurde, macht die Beschreibung des Verfahrens der Wahlen der Legislative und Exekutive aus. Dabei, während die Gründerväter hinsichtlich des Kongresses nichts Außerordentliches erfunden haben (es ist eine Verhältnis- und Regionalwahl), sieht es mit dem Präsidentenamt bekanntlich komplizierter aus.

Der Chef der Exekutive wird in den USA gepaart mit dem Vizepräsidenten von den Bundesstaaten gewählt, genauer gesagt, vom Wahlmännerkollegium, das sie gebildet haben. Seine Zusammensetzung (heute 538 Personen) ergibt sich aus der Summe aller Senatoren und aller Kongressmitglieder des Landes plus 3 Personen von dem Bundesdistrikt Columbia. Formell stimmen die Einwohner eines jeden Bundesstaates nicht eigentlich für den Kandidaten auf das Präsidentenamt der einen oder anderen Partei, sondern für die Wahlmännerliste dieser Partei. Fast in allen Bundesstaaten gilt die Regel „der Gewinner kriegt alles“: Hat etwa die Mehrheit der Wähler die Republikaner gewählt, werden alle Wahlmänner des Bundeslandes automatisch dem republikanischen „Vorrat“ entnommen. Der Wahlmann muss wiederum seine Stimme dem Kandidaten seiner Partei geben – in den meisten Bundesstaaten steht auf die Verletzung dieser Regel Strafe.

Ende des 18. Jhs. stellte dieses Zweistufensystem im Grunde genommen den sozialen bzw. Vermögenszensus dar und war mit dem einzigen Ziel erfunden worden, den Verlauf der Präsidentschaftswahl vor dem Einfluss der Außenseiter jeder Art und vor übrigen „deklassierten Elemente“ mit Flinte und Pistole zu schützen, die, wie es den ehrbaren Bürgern schien, nicht bereit waren, für ihre politische Wahl Verantwortung zu tragen. Dadurch wurde die Wahl an sich geordnet und gewissermaßen berechenbar gemacht. Übrigens spielte das Zweiparteiensystem, das sich anschließend etablierte, genau dieselbe Rolle. Dies alles mag für die junge amerikanische Republik sinnvoll gewesen sein. Jetzt aber wirken die Wahlmänner wenigstens wie Anachronismus und eine Quelle von Problemen.

Wohlbekannt sind Fälle, wenn die faktische Mehrheit der US-Bürger den Kandidaten einer Partei gewählt hatte, dann aber wegen der Besonderheiten der „Wahlarithmetik“ der Amtsanwärter von der konkurrierenden Partei zum Präsidenten wurde. Aber es liegt nicht nur daran. Das politische System ist „verkrustet“. Alle wissen, dass es „republikanische“ und „demokratische“ Bundesstaaten gibt, in denen man traditionell für die entsprechenden Kandidaten stimmt. Den Ausgang der Wahlen bestimmen die genauso traditionell „unentschiedenen Bundesstaaten“, auf deren „Bearbeitung“ sich in erster Linie die Wahlkampagnen beider Parteien richten. Dabei sind die „unentschiedenen Bundesstaaten“ in der Regel nicht groß, d. h. ihre Wahlmännerzahl ist klein. Das Schicksal der Präsidentschaft wird somit von einer Handvoll Menschen entschieden.

Kein Wunder, dass eine türkische Zeitung auf die folgende Tatsache verwiesen hat: Nachdem die Republikanische Partei die Präsidentschaftswahl an Barack Obama zweimal verloren hatte, konzentrierte sie sich nicht mehr auf die Politik, dank der die Demokraten Stimmen gewinnen, sondern auf diejenigen, von denen sie gewählt werden. In dem erwähnten Artikel wird betont, dass den Grundstock der republikanischen Wählerschaft vor allem weiße Amerikaner bilden, während unter den Anhängern der Demokraten der Anteil der Minderheiten groß ist. Die Wachstumsrate der Bevölkerung in den USA liegt bei Letzteren höher. So fürchten die Republikaner, bald gar nicht mehr siegen zu können. In einzelnen Bundesstaaten suchen sie, die Beteiligung der demokratischen Wählerschaft an der Abstimmung zu begrenzen. Beispielsweise durch die obligatorische Vorweisung des Personalausweises mit Foto durch den Wähler. Es wird allgemein geglaubt, dass es für nicht weiße, bildungs- und einkommensschwache US-Bürger schwieriger ist, dieses Dokument zu bekommen.

Dazu kommt, dass, wie neulich die konservative Zeitschrift „National Interest“ festgestellt hat, der politische Diskurs in Amerika zu einer endlosen Wahl- und Neuwahlkampagne ausgeartet ist, bei der das Wort „Kompromiss“ als Fluch verwendet und die Ideen auf vereinfachte Tonfragmente reduziert wurden.

Die britische „Independent“ fügt ihrerseits hinzu: Im Großen und Ganzen sind die Amerikaner pragmatisch und moderat. Wenn sie aber Washington beobachten, sehen sie nur Aufspaltung und endlose Fehden zwischen den zwei Parteien. Die Politik in Amerika kann nur auf einem Kompromiss beruhen, wobei das Zentrum die Quelle des Kompromisses darstellt. Dieses ist aber praktisch zerstört. Bei den Wahlen ist für die meisten aktuellen Senatoren und Kongressmitglieder nicht die konkurrierende Partei am gefährlichsten, sondern ihre radikaleren Konkurrenten bei den innerparteilichen Vorwahlen, deren Ausgang eine resolute Minderheit bestimmt.

Dank den Bemühungen seiner Opponenten wirkt Barack Obama in den Augen vieler Amerikaner tatsächlich wie ein Schwächling. Allerdings bleibt der aktuelle Präsident laut einem westlichen Politologen im Rahmen des Mainstreams: Wenn es darum geht, wen und wie oft Amerika zu bombardieren hat, wird der Unterschied zwischen den Republikanern und den Demokraten schwindend klein. Kann sein, dass Obama einfach akademischer und flexibler ist, als sein Amtsvorgänger, der jüngere Bush mit seiner betont antiintellektuellen Cowboy-Attitüde. Es gibt zwar natürlich vereinzelte Fragen, bei denen Differenzen zum Vorschein kommen, etwa der „Neustart“ der Beziehungen zu Russland. Aber auch hier wirken die Unterschiede eher oberflächlich als grundlegend. Schließlich baut Obama an dem Raketenabwehrsystem unbeschadet aller schönen Worte weiter.

Laut einer Reihe von amerikanischen Experten kann in der lokalen politischen Szene jeden Augenblick ein reiner Populist auftauchen. Vielleicht ein Demokrat, der die sozialistischen Slogans im Ernst durchsetzen will. Vielleicht ein Republikaner, der einen neuen Kalten Krieg gegen alle Welt anstrebt. Vielleicht auch irgendein Dritter, der die allgemeine Unzufriedenheit unter dem Motto ausnützt: „Wir haben die Nase voll von allen!“

Quelle: Text Roman Mamonow - „Stimme Russlands"

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