NSA-Geheimdienstchef begrüßt Datenschutz-Debatte
Archivmeldung vom 03.07.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtNachdem der amerikanische Geheimdienst NSA in Kritik geraten ist, hat sich NSA-Chef Keith Alexander zu den weltweiten Vorwürfen geäußert. Alexander sagte der Wochenzeitung "Die Zeit", dass ihm die Diskussion um die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit wichtig sei. "Ich glaube, um es mit dem Präsidenten zu sagen, die gegenwärtige Debatte um Privatsphäre, Bürgerrechte und nationale Sicherheit ist gesund; es ist eine Debatte, die entscheidend ist für das Wohlergehen einer jeden repräsentativen Demokratie", so der NSA-Chef.
Der Viersternegeneral steht seit 2005 an der Spitze der NSA. Die Entwicklung des Internets nennt er eine der großen Herausforderungen seines Jobs: "Ich übernahm die Führung der National Security Agency zu einer Zeit, in der sich die Innovationen in der Informationstechnologie in einem beispiellosen Tempo entwickelten, zusammen mit dem exponentiellen Wachstum in der globalen Nutzung des World Wide Web."
Branchenverband unterstreicht Bedeutung einer einheitlichen EU-Datenschutzverordnung
Der Hightech-Verband Bitkom hat auf die hohe Bedeutung einer einheitlichen EU-Datenschutzverordnung hingewiesen und die Beteiligten aufgefordert, weiter intensiv an dem Entwurf zu arbeiten. Aufgrund der zahlreichen Änderungsanträge kann das Europaparlament voraussichtlich erst im Herbst über den Entwurf abstimmen. Die Zeit sollte aus Sicht des Verbandes genutzt werden, um den Entwurf zu einem stimmigen und zukunftsfähigen Gesamtkonzept weiterzuentwickeln.
"Eine einheitlich gestaltete und durchgesetzte Datenschutzgesetzgebung in Europa ist Grundvoraussetzung vieler Dienste, wie etwa Cloud Computing", sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf. "Es geht der Wirtschaft sowohl um eine wirkungsvolle Verankerung des hohen deutschen Niveaus in der EU als auch um eine Modernisierung des Datenschutzrechts, damit innovative Dienste und Geschäftsmodelle in Deutschland und Europa verfügbar sind."
Schriftsteller Uwe Tellkamp: Abhörskandal erinnert an Stasi
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp fühlt sich in der Debatte um das Abhörprogramm des amerikanischen NSA an die Stasi erinnert. In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Tellkamp: "Mich erinnert die Debatte um das Abhören an die DDR und die Stasi. Ich dachte immer, ich arbeite an Stoffen, die hoffnungslos von gestern sind. Jetzt kommt vieles in verändertem Gewand wieder. Zuletzt kam mir der Gedanken bei einem Fernsehfilm über die Türkei. Da gab es die junge Intellektuelle, den angestellten Professor, angepasst, vorsichtig, lavierend, die Intellektuelle, etwas blauäugig. Genau wie bei uns damals, genau die gleichen ewigen Figuren. Facebook, Twitter, Internet - all das scheint erst so wunderbar, und plötzlich gibt es da diesen dunklen Aspekt. Plötzlich zeigt mir Amazon, was andere bestellt haben. Plötzlich beschleicht mich das Gefühl: Was die Stasi noch unter fürchterlichem Aufwand betrieb, hat man heute mit 15 Mausklicks beisammen."
Steinbrück fühlt sich durch US-Abhörskandal an seine Stasi-Überwachung erinnert
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fühlt sich angesichts des NSA-Abhörskandals an seine Überwachung durch die DDR-Staatssicherheit erinnert. Als Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin Anfang der 80er Jahre seien seine Telefonate abgehört worden, sagte Steinbrück in einem Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit". "Manche würden vielleicht sogar sagen: Na gut, das hat sich bis heute ja kaum verändert", ergänzte er.
Die Stasi sei für ihn damals "allgegenwärtig" gewesen. "Man spürte, wenn die hinter einem herfuhren. Man erkannte sie immer ganz gut an ihren Kunstlederjacken", sagte der SPD-Politiker. Diese Überwachung sei ihm vorgekommen wie in einem "alten John-le-Carré-Film": "Auf dem Hotelflur saß eine gewichtige Dame, die immer genau aufschrieb, wann man ging und wann man kam. Das Zimmer war verwanzt, logisch."
Nach der Wende habe er sich allerdings dagegen entschieden, seine Akte bei der Stasi-Unterlagenbehörde einzusehen. "Ich will das nicht wissen", sagte der 66-Jährige. "Ich glaube, dass viele Menschen Eingang in diese Akten gefunden haben, ohne dass es ihnen bewusst war. Einige vielleicht aus Fahrlässigkeit."
Er wolle nicht, dass bei ihm ein Verdacht hängen bleibe, ergänzte Steinbrück. "Ich würde auch zögern, denen, die unter Druck zur Zusammenarbeit verpflichtet wurden, Vorwürfe zu machen." Er sei in seiner Zeit an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik "Bürger in der DDR" gewesen, sagte Steinbrück. Das unterscheide ihn von vielen anderen Politikern aus den alten Ländern. "Ich bin vermutlich der einzige westdeutsche Politiker, der schon weit vor der Wende in Ost-Berlin gewohnt hat", sagte der frühere Bundesfinanzminister.
Union fordert internationales Schutzabkommen für das Internet
Die Union verlangt als Konsequenz aus dem jüngsten Abhörskandal eine internationale Konvention, die Zugang und Integrität des Netzes schützt. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Netzpolitik der CDU und stellvertretende Unionsfraktionschef im Bundestag, Michael Kretschmer, sagte der "Leipziger Volkszeitung": "Wir Deutsche haben die höchsten Standards beim Datenschutz. Wenn wir unsere Wertvorstellungen verteidigen wollen, müssen wir bei den internationalen Verhandlungen in den Fahrersitz kommen". "Es hängt sehr davon ab, wie stark die Bundesregierung jetzt gemeinsam mit anderen Partnern Druck macht."
Die Achtung der freiheitlichen Werte, die die westliche Welt immer wieder als Maßstab erhebe, werde sich auch in puncto Internet entscheiden. Als globales Medium brauche das Internet schützende internationale Abkommen. "Die Union hat in den vergangenen Monaten sehr viel Kompetenz in der Netzpolitik bewiesen", meinte Kretschmer. "Jetzt kommt es darauf an, dieses Vertrauen auch zu rechtfertigen."
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) forderte für das Netz "ein internationales Logo, das seine herausragende Bedeutung für Freiheit und Kommunikation unterstreicht". Eingriffe dürften nur in strengen Grenzen und mit gerichtlicher Kontrolle erfolgen.
Lammert erwartet von USA Auskunft über Datensammlung in Deutschland
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erwartet von den USA Auskunft über die Datensammlung in Deutschland. "Ich erwarte Auskunft von den Amerikanern, in welchem Umfang, zu welchem Zweck und mit welcher Rechtsgrundlage in Deutschland und speziell im politischen Raum Daten gesammelt worden sind", sagte Lammert der "Welt". "Dies ist dringend erklärungsbedürftig." Der Sachverhalt müsse "schleunigst" und "ungeschönt" aufgeklärt werden, so Lammert weiter. "Dann reden wir über Schlussfolgerungen." Der Bundestagspräsident begrüßte ausdrücklich, "dass auch das Europäische Parlament sich darum kümmert".
Nach Abhörskandal: Aigner will Freihandelsabkommen mit USA an neue Bedingungen knüpfen
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will nach dem Abhörskandal die Verhandlungen mit den USA über ein transatlantisches Freihandelsabkommen an neue Bedingungen knüpfen. Alle Dienstleistungen von in den USA beheimateten Konzernen, die sich an den europäischen Markt richten, müssten auch dem Datenschutzrecht der EU unterliegen, sagte Aigner der "Welt". "Dies müssen wir zur Bedingung machen."
Eine Freihandelszone sei zwar im Interesse beider Seiten. "Aber wir wollen es nicht um jeden Preis", sagte Aigner. "Der Schutz der persönlichen Daten ist eine hart umkämpfte Errungenschaft, die wir verteidigen werden. Die Bundesregierung wird die hohen Standards im Datenschutz nicht auf dem Altar des freien Handels opfern", betonte Aigner. "Ich verbinde mit dem Freihandelsabkommen die Erwartung, dass wir den Datenschutz für Europas Bürger erhöhen können", so die Verbraucherschutzministerin weiter.
Bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen müsse man nach Ansicht von Aigner auch mal Tacheles reden und den Amerikanern klarmachen: "Es gibt Grenzen, auch für Geheimdienste." Der Top-Ökonom Klaus Zimmermann warnte allerdings davor, vor den am kommenden Montag startenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen neue Forderungen aufzustellen. "Es wäre ein schwerer Fehler, die ohnehin komplizierten Verhandlungen jetzt mit weiteren Bedingungen zu belasten. Dann sind sie womöglich bereits gescheitert, bevor sie richtig begonnen haben", sagte der Chef des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) der "Welt". "Ist das Zeitfenster für dieses Projekt aber erst einmal wieder geschlossen, dürfte es so bald auch nicht wieder zu öffnen sein."
Polenz fordert Datenschutzabkommen mit den USA
Als Konsequenz aus dem Spionageskandal fordert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU) ein Datenschutzabkommen zwischen der EU und den USA. "Das ist dringend nötig und muss zügig verhandelt werden", sagte Polenz der "Berliner Zeitung" (Dienstagausgabe). "Darin müssen Standards für die Datenverwendung und Kontrollmechanismen festgeschrieben werden."
Die Balance zwischen Sicherheitsgewinn und Freiheitsverlust müsse gewahrt blieben. "Über die Einhaltung dieser Balance dürfen nicht Geheimdienste entscheiden. Das ist Sache der gewählten Vertreter. Es scheint, als hätten in den USA die Dienste das Ruder übernommen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur