EU-Gipfel berät über Personalfragen und Ukraine-Krise
Archivmeldung vom 01.09.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtAuf einem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) in Brüssel soll am heutigen Samstag über die Neubesetzung zweier Spitzenposten entschieden werden. Dabei geht es um die Nachfolger der Außenbeauftragten und des Ratspräsidenten der EU, Personalfragen, die eigentlich bereits im Juli geklärt werden sollten.
Aussichtsreichste Kandidatin für die Position der Außenbeauftragten ist die italienische Außenministerin Federica Mogherini. Favorit für die Nachfolge von Ratspräsident Herman Van Rompuy ist Polens Premier Donald Tusk. Angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Ostukraine steht jedoch auch die Frage nach weiteren Sanktionen gegen Russland auf der Tagesordnung, wofür sich Deutschland und Frankreich ausgesprochen haben.
Der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb hat sich im Vorfeld der Gespräche jedoch skeptisch hinsichtlich neuer Sanktionsbeschlüsse geäußert. Die EU-Länder seien nach seiner Einschätzung in dieser Frage nicht einig.
Von der Leyen warnt vor Militäreinsatz im Ukraine-Konflikt
Trotz der Eskalation des Bürgerkriegs in der Ukraine warnt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor allen militärischen Gegenmaßnahmen. Von der Leyen sagte im Interview mit "Bild am Sonntag": "Die Bewährungsprobe für den Westen besteht darin, mit Diplomatie und wirtschaftlichem Druck Russland zum Einlenken zu bewegen. Unser Ziel ist eine einige Ukraine, in der wieder Frieden herrscht und in der alle ihren gebührenden Platz finden. Mit Waffengewalt werden wir das nicht erreichen."
Sollte der Westen wie der russische Präsident Putin zu militärischen Mitteln greifen, sieht die Ministerin eine reale Kriegsgefahr: "In der Auseinandersetzung um die Ukraine geht es auch um die Frage, welche Mittel wir im 21. Jahrhundert zur Lösung von Konflikten einsetzen. Und das können auf keinen Fall Präsident Putins Mittel sein. Nur wenn wir uns seiner rückwärtsgewandten Logik anschließen, könnte dies Krieg bedeuten."
Für den von der Ukraine angestrebten Beitritt zur NATO sieht von der Leyen allenfalls eine langfristige Perspektive: "Ein NATO-Beitritt der Ukraine steht jetzt nicht auf der Tagesordnung." Sie fügte hinzu: "Natürlich ist die freie Bündniswahl ein hohes Gut und gilt für die Ukraine wie für andere. Ein tatsächlicher Beitritt würde ohnehin lange dauern, da die Ukraine in vielen Punkten nicht die Kriterien erfüllen könnte, die sich die Nato für eine Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten gegeben hat."
Auch die von Kiew geforderten Waffenlieferungen lehnt die Ministerin ab: "In der Ukraine geht es im Grunde um drei Parteien: die Regierung in Kiew, die Rebellen und Russland. Bei aller Konfrontation will keiner der drei den anderen vernichten. Jeder verfolgt letztlich politische Interessen und Gespräche zwischen den Beteiligten sind möglich. Deshalb ist alles angesagt, was zu Deeskalation, Dialog und Waffenstillstand führt".
Präsident Putin warf von der Leyen ein "Auseinanderklaffen von Worten und Taten" vor: "Er kaschiert die Wahrheit und sagt seit Monaten das Gegenteil von dem, was tatsächlich passiert." Die Situation in der Ukraine sei "in hohem Maß besorgniserregend". Es verdichteten sich die Hinweise, "dass auch russische Soldaten die Grenze zur Ukraine verletzen".
Putin will Gespräche über künftigen Status der Ost-Ukraine
Russlands Präsident Wladimir Putin will Gespräche über den zukünftigen Status der Ost-Ukraine führen. Dies sagte Putin laut örtlichen Medienberichten bei einem Auftritt im russischen Fernsehen am Sonntag. Demnach müssten die Gespräche "über die politische Organisation der Gesellschaft und die Souveränität der Südost-Ukraine sofort beginnen". Ein Ende der gegenwärtigen Krise sei "unmöglich vorherzusagen", so der russische Präsident weiter.
Die EU hatte erst am Samstag mit neuen Sanktionen gegen Moskau gedroht, sollte die "Aggression der russischen Streitkräfte auf ukrainischem Boden" nicht gestoppt werden. Russland selbst bestreitet die Vorwürfe des Westens, nach denen das russische Militär auf ukrainischem Staatsgebiet operiere und so die Separatisten im Osten des Landes unterstütze.
Union verurteilt Putin-Forderung als "offene Aggression"
Andreas Schockenhoff (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unionsbundestagsfraktion, hat die Forderung des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach Gesprächen über eine Eigenstaatlichkeit der Ost-Ukraine scharf kritisiert.
"Das ist eine massive Verletzung der Souveränität und eine massive Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine, eine offene Aggression gegen völkerrechtliche Prinzipien, denen man in aller Deutlichkeit entgegentreten muss", sagte Schockenhoff dem "Tagesspiegel". Man müsse "die Souveränität der Nachbarn gegen militärische und politische Übergriffe in Schutz nehmen". Die Vereinten Nationen sollten sich dringend mit dem Thema befassen, wenn der Sicherheitsrat wegen Russland blockiert sei, müsse das die Generalversammlung tun.
Quelle: dts Nachrichtenagentur