WSJ enthüllt US-Pläne für "Militärputsch" in Syrien
Archivmeldung vom 24.12.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Administration von US-Präsident Barack Obama hat am Anfang des Syrien-Konfliktes nach Möglichkeiten gesucht, den Regimewechsel im Land zu bewirken, jedoch ist Washingtons Strategie gescheitert, schreibt „The Wall Street Journal“ unter Verweis auf frühere und aktuelle EU-Beamte.
Auf der Webseite der deutschen Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" heißt es weiter: "Ganz zu Beginn des Syrien-Konfliktes, so das Blatt, hätten die USA versucht, „Risse im Regime“ auszumachen, die sie ausnutzen könnten, um einen Militärumsturz zu bewirken. Allerdings ließen sich „zu wenig“ Risse finden. Laut „The Wall Street Journal“ waren die Vertreter der US-Geheimdienste im Jahr 2011 auf Alawiten-Offiziere aufmerksam geworden, die den Umsturz theoretisch hätten realisieren können.
„2011 bestand die Politik des Weißen Hauses darin, einen politischen Wechsel in Syrien in die Wege zu leiten, indem im Regime Risse gesucht wurden und Menschen angespornt wurden, damit sie sich von Assad lossagten“, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter der US-Administration der Zeitung.
Was die Geheimkontakte des Weißen Hauses mit dem Assad-Regime anbelange, so seien diese nicht regelmäßig gewesen. Mal sollen die Vertreter der beiden Länder direkte Gespräche geführt haben, mal seien die Botschaften über Vermittler weitergeleitet worden, so das Blatt weiter. Dabei habe Syriens Präsident mehrmals versucht, die US-Administration zu kontaktieren, um zu einem Schulterschluss im Kampf gegen den Terrorismus zu ermahnen.
In Syrien dauert seit März 2011 ein bewaffneter Konflikt an, der laut Uno-Angaben bereits mehr als 220.000 Todesopfer gefordert hat. Den Regierungstruppen stehen islamistische Terrormilizen gegenüber, die verschiedenen bewaffneten Gruppierungen angehören. Die aktivsten dieser Gruppierungen sind die Terrororganisation „Islamischer Staat“ und die Rebellengruppe Dschabhat al-Nusra.
Enthüllung: DIA warnte vor einem Sturz Assads – „Der IS ist US-Schöpfung“
Der US-Verteidigungsnachrichtendienst DIA hat bereits in einem im Sommer 2013 veröffentlichten Dossier gewarnt, dass ein Sturz von Präsident Baschar al-Assad zu Chaos und womöglich zur Machtübernahme durch extremistische Dschihadisten führen würde. Trotzdem finanzierte und bewaffnete die Obama-Administration weiter Rebellengruppen in Syrien.
Der namhafte amerikanische investigative Journalist Seymour Hersh wird im Januar ein Buch veröffentlichen, in dem es um die Kommunikation zwischen dem Nato-Generalstab und der Obama-Administration zu Fragen des Syrien-Krieges geht.
Willy Wimmer, ehemaliger Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung und Vizepräsident der OSZE, sieht Parallelen zu Afghanistan und dem Irak.
„Das Aufkommen von DAESH (IS) in Syrien haben wir ja so schon in Afghanistan erlebt mit der Etablierung der Taliban als einer von den USA, Saudi-Arabien und den Golfstaaten finanzierten Kraft. Das lief ja alles nach dem Motto: 'Man kann die Afghanen nicht kaufen, sondern nur mieten.' Wir erleben also in Syrien etwas, was die Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten auch in anderen Ländern angewendet haben“, so Wimmer in einem Sputniknews-Interview mit Armin Siebert.
„Die Analyse des DIA zeigt zumindest, dass es in den amerikanischen Streitkräften so etwas wie eine Restvernunft zu geben scheint. Man hat hier anscheinend auch aus dem Irak gelernt, wo man den Staat strukturlos zurückgelassen hat, nachdem man ihn vorher zerbombt und Hunderttausende Tote verursacht hat.“
Generalleutnant Michael Flynn, DIA-Direktor von 2012 bis 2014, hat bestätigt, das sein Dienst fast täglich Dossiers mit Warnungen über die Folgen eines Sturzes von Assad an das Weiße Haus gesendet hat. Flynn vermutet im Gespräch mit dem Journalisten Seymour Hersh, dass die Einstellung zum Syrien-Krieg und zu Assad eine ganz andere gewesen wäre, wenn die amerikanische Öffentlichkeit diese Dossiers zu lesen bekommen hätte, wäre. Also eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit?
Willy Wimmer erkennt hierin ein Muster der amerikanischen Politik: „Die eigene Öffentlichkeit wird dumm gehalten. Der Rest der Welt wird falsch informiert. Damit wird bei der globalen Öffentlichkeit die Bereitschaft gefördert, einen Krieg zu unterstützen, den man lostreten will. Die Erfahrung haben wir ja schon bei dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien gemacht. Es wird ein Ziel ausgeleuchtet, ein Mensch, ob er nun Assad, Milosevic oder Hussein heißt, und anschließend wird die Öffentlichkeit gegen diesen Menschen mobilisiert. Und das ist die Vorstufe zu einem dann bald folgenden Krieg.“
In den Dossiers ging es auch um die Rolle der Türkei, die aus der US-Unterstützung für moderate Gruppen gleich eine Rundum-Versorgung für alle möglichen Anti-Assad-Gruppen, wie Al-Nusra oder auch IS gemacht haben.
„Die türkische Republik, so Leid mir das tut, hat seit Jahren verwirkt, Mitglied der Nato zu sein. Wenn ich daran denke, dass wir deutsche Truppen dahin geschickt haben, um die Grenzen der Türkei zu schützen, dann ist das wirklich von Hohn gekennzeichnet. Die Türkei hat sich bis über die Oberarme in den syrischen Konflikt involviert. Sie hat vor allem all jene unterstützt, gegen die der Westen dann angeblich vorgegangen ist. Schizophrener kann man die eigene Politik überhaupt nicht beschreiben.“
In dem Dossier kam man bereits 2013 zu der Einschätzung, dass es im Prinzip keine moderaten Gruppen, sondern nur noch Extremisten in Syrien gebe, die die USA mit Waffen versorgen. Dennoch spricht die US-Regierung bis heute von „moderaten“ Rebellen. Als größte Büchse der Pandora hat sich nun der IS herausgestellt. In den Dossiers des Verteidigungsnachrichtendienstes wurden auch bereits die Langzeit-Strategie des IS und deren Kampagnenpläne dargelegt. In dem erwähnten Buch äußert Generalleutnant Flynn, die Obama-Administration schien die Wahrheit nicht hören zu wollen.
Willy Wimmer hat folgende Vermutung: „Der IS ist doch selbst von den Vereinigten Staaten geschaffen worden. Darauf hat Generalleutnant Flynn, und das ist sein Verdienst, ja auch hingewiesen. Der IS ist eine amerikanische Schöpfung und wird es auch bleiben.“
Die USA sind gegen Syrien vorgegangen, um die Landkarte des Nahen Ostens neu zu zeichnen. Die US-Strategie, die Opposition in Syrien zu bewaffnen, um Assad zu stürzen, hat sich also als fataler Fehler herausgestellt.
Was hat sich geändert, seit Russland in der Region mitmischt? Wimmer sieht hier einen prinzipiellen Unterschied zwischen Russland und den USA:
„Die Russische Föderation ist mit ihrem Engagement in Syrien auf der Seite des Völkerrechts, denn sie ist von einer legitimen Regierung eingeladen worden, sie in einem Bürgerkrieg zu unterstützen. Die Vereinigten Staaten dagegen treten in Syrien als Aggressor auf. Dank der Russen gibt es jetzt überhaupt wieder einen Verhandlungstisch. Die Amerikaner wollten Syrien dem Erdboden gleichmachen, und wenn das nicht gelingt, dann ist das ein Verdienst der Russischen Föderation.“
Der Journalist Seymour Hersh wurde weltbekannt, als er während des Vietnamkriegs Kriegsverbrechen der US-Armee aufdeckte. 2004 sorgte er erneut für Aufsehen, als er maßgeblich den Folterskandal der US-Armee während des Dritten Golfkrieges im irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis bekannt machte.
Willy Wimmer war 33 Jahre Bundestagsabgeordneter, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung. Außerdem war er Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE."
Quelle: Sputnik (Deutschland)