Mitglieder von Vereinen und Verbänden, die sich für Datenschutz einsetzen, kritisieren nach einem Gespräch mit Vertreter.innen des Justiz- und des Wirtschaftsministeriums die aktuellen Änderungen am Entwurf einer ePrivacy-Verordnung. Der Schutz von Internet-Nutzer.innen vor Online-Tracking soll durch die jüngsten Änderungen erheblich geschwächt werden.
Kleine Änderung, großer Schaden für den Datenschutz
Die ePrivacy-Verordnung
[1] soll Datenschutz in der elektronischen Kommunikation gewährleisten
und so die Datenschutz-Grundverordnung ergänzen. Im Rat der Europäischen
Union wollen jedoch einige Mitgliedsstaaten den Schutz der Nutzer.innen
vor Online-Tracking weiter abschwächen. Mit nur einem geänderten Wort
in Erwägungsgrund 20 wird die ursprüngliche Intention der Verordnung ins
Gegenteil verkehrt: Ursprünglich hieß es dort, dass Trackingmethoden,
bei denen sensible Daten abgefangen werden können, nur genutzt werden
dürfen, wenn Betroffene eingewilligt haben und transparent informiert
wurden. Stattdessen soll es nun ausreichen, wenn
Betroffene entweder eingewilligt haben oder informiert wurden.
„Nutzerinnen und Nutzer sind in der Lage selber zu entscheiden, wem sie welche Daten preisgeben. Und sie haben ein Recht darauf“
, kommentiert Kerstin Demuth von Digitalcourage.
Überwachung oder nichts
Die Änderungen des Rats
erlauben es werbefinanzierten Online-Diensten, Internetnutzerinnen vor
die Wahl zu stellen, ob sie sich kommerziell überwachen lassen oder das
Angebot nicht nutzen. Ebenfalls enthält der aktuelle Entwurf
weitreichende Möglichkeiten, Metadaten zweckfremd zu verarbeiten.
„Es ist ein gefährlicher Irrglaube, Metadaten seien weniger sensibel als Inhalte“
, erklärt Kerstin Demuth.
„
Das hat auch der Europäische Gerichtshof bereits so beurteilt.
“
Digitalcourage schätzt
die im ePrivacy-Entwurf vorgesehene Verarbeitung von
Kommunikations-Metadaten als unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta
und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein.
Grundrechte bedroht: Uploadfilter und Telekommunikationsgeheimnis
Ebenfalls besorgt sind
die Vertreterinnen von Verbänden und Vereinen über die Möglichkeit,
Uploadfilter zu erlauben: Einige EU-Regierungen drängen darauf, mit der
Einführung der ePrivacy-Verordnung Internetverbindungen, E-Mails und
Chat-Nachrichten auf unzulässige Inhalte durchsuchen zu lassen [3]. Zum
Auffinden von „kinderpornografischen“ und „terroristischen“ Inhalten
sollen Internetprovider, E-Mail-Anbieter und Anbieter von
Messenger-Diensten nach eigenem Ermessen die Internetnutzung und
versandte Nachrichten ihrer Kunden verdachtslos und flächendeckend
filtern dürfen. Das in der geplanten ePrivacy-Verordnung vorgesehene
Telekommunikationsgeheimnis soll insoweit aufgehoben werden. Durch
nationale Gesetze könnte diese Zensur zudem verpflichtend eingeführt
werden.
Forderung: Schutz vor Datenklau und Überwachung
Auf einen offenen Brief
[2] von Datenschutzvereinen und -verbänden hatte das
Bundesjustizministeriums diese zu einem Austausch am 21. Januar 2019 in
Berlin eingeladen. Dort kritisierten Bürgerrechts- und
Datenschutzorganisationen die Änderungen des EU-Rats an der geplanten
Verordnung scharf. Stattdessen forderten die Vertreter der
Zivilgesellschaft ein Recht auf datenschutzfreundliche
Browsereinstellungen, einen besseren Schutz vor Datenklau und
Überwachung sowie einen zügigen Abschluss der verschleppten
ePrivacy-Reform.
Deutsche Position könnte entscheidend sein
Die
Regierungsvertreter.innen signalisierten, sie wollten die
ePrivacy-Reform weiter vorantreiben und würden die Vorschläge der
bulgarischen Ratspräsidentschaft, die Zweckbindung für Metadaten
aufzulösen, nicht mittragen. Dies begrüßen die Vertreter.innen der
zivilgesellschaftlichen Organisationen ausdrücklich.
Vereine und Verbände für Datenschutz
An dem Gespräch
teilgenommen hatten Vertreter.innen von Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung, Berufsverband der Datenschutzbeauftragten
Deutschlands (BvD), Deutsche Vereinigung für Datenschutz,
dieDatenschützer Rhein Main, Digitalcourage, Digitale Gesellschaft,
FifF, ISOC.DE, Netzwerk Datenschutzexpertise und Verbraucherzentrale
Bundesverband.
Weitere Informationen:
[1] Aktueller Entwurf einer ePrivacy-Verordnung mit Änderungsvorschlägen des EU-Rats vom 19.10.2018:
[2] Offener Brief von Vereinen und Verbänden:
[3] Bericht der Zeitung
The Telegraph
, wonach die Englische Regierung auf Uploadfilter gegen sogenannte „Kinderpornographie“ drängt:
Quelle: Digitalcourage e.V.