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ROG: Pakistanische Regierung muss Verschwinden von säkularen Bloggern aufklären

Archivmeldung vom 27.01.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.01.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die pakistanische Regierung auf, das Verschwinden von fünf säkularen Bloggern schnell und lückenlos aufzuklären. Sie waren Anfang Januar in der Nähe der Stadt Lahore und in der Hauptstadt Islamabad verschwunden (http://t1p.de/lp4z). Seitdem fehlt von ihnen jede Spur. Die Blogger haben in der Vergangenheit den Einfluss der pakistanischen Armee und das Erstarken des religiösen Extremismus kritisiert (http://t1p.de/3ods). In sozialen Medien wird ihnen Gotteslästerei vorgeworfen. Blasphemie kann in Pakistan mit der Todesstrafe geahndet werden.

"Das fast zeitgleiche Verschwinden von fünf säkularen Bloggern ist äußerst besorgniserregend. Angesichts der Gemeinsamkeiten ist ein zufälliges Verschwinden unwahrscheinlich", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die Regierung muss die Fälle gründlich und transparent untersuchen und darf dabei eine mögliche Entführung durch den Geheimdienst nicht ausschließen."

Der prominenteste unter den fünf Bloggern ist Salman Haider. Der Dichter und Dozent an der Fatima Jinnah Women University kehrte am 6. Januar nicht in sein Haus in Islamabad zurück (http://t1p.de/qqn7). Seine Frau erhielt von seinem Handy eine Nachricht, in der Haider angeblich schrieb, er lasse sein Auto auf der Autobahn zwischen Islamabad und Rawalpindi stehen. Die Polizei fand sein leeres Auto später (http://t1p.de/i5x0). Ob Haider die Nachricht selber geschrieben hat, ist nicht bestätigt. Der Blogger arbeitet für das Online-Magazin Tanqeed, das die Bekämpfung von Aufständen in der südlichen Provinz Belutschistan durch die Armee kritisiert hat.

Am 4. Januar meldeten die Familien von Asim Saeed und Waqas Goraya die beiden Blogger in der Nähe der Stadt Lahore als vermisst. Saeeds Vater sagte laut einem Bericht der Zeitung Guardian der Polizei, vier Männer seien in einem Kleinlastwagen zum Haus seines Sohnes gefahren und hätten ihn gewaltsam mitgenommen (http://t1p.de/qqn7). Zur Zeit seines Verschwindens hatte Saeed, der in der IT-Branche arbeitet, seinen Laptop und zwei Handys dabei. Saeed und Goraya gehören zu den Betreibern der armeekritischen Facebook-Seite Mochi. Die Seite beschuldigte das Militär, sich in die nationale Politik einzumischen.

Der für seine liberalen Ansichten bekannte Blogger Ahmed Raza Naseer wurde nach Angaben seines Bruders am 7. Januar im Geschäft seiner Familie nahe Lahore entführt (http://t1p.de/lp4z). Am gleichen Tag verschwand laut Medienberichten der Blogger Samar Abbas in Islamabad. Der Leiter einer Initiative gegen Extremismus war für eine Kampagne für die Rechte von Minderheiten in die Hauptstadt gereist (http://t1p.de/r80t). Das Innenministerium erklärte inzwischen, es tue alles, um die Vermissten zu finden (http://t1p.de/m145).

ZWEI FEINDE DER PRESSEFREIHEIT IN PAKISTAN

In Pakistan stehen kritische Journalisten im Visier von extremistischen Gruppen, islamistischen Organisationen und Geheimdiensten. Reporter ohne Grenzen zählt Pakistans militärischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) und die islamistischen Taliban zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit (http://t1p.de/kd9g). Der ISI spielt eine so wichtige Rolle im Land, dass einige Journalisten ihn als Staat im Staate bezeichnen (http://t1p.de/37fz). Viele Medien üben sich in Selbstzensur.

Im April 2014 schossen vier Unbekannte auf den bekannten Moderator des Senders Geo TV, Hamid Mir. Der Journalist war auf dem Weg in sein Büro in der Stadt Karachi in der Provinz Sindh. Er überlebte den Angriff schwerverletzt. Seine Verwandten beschuldigen den Chef des Geheimdienstes, in den Anschlag verwickelt zu sein (http://t1p.de/mler). Als der Sender über die Vorwürfe berichtete, wurde ihm der weitere Sendebetrieb für zwei Wochen verboten.

Der Journalist Cyril Almeida durfte im Oktober 2016 zwischenzeitlich das Land nicht verlassen. Der Reporter der englischsprachigen pakistanischen Zeitung Dawn hatte zuvor über einen angeblichen Konflikt zwischen dem Premierminister Nawaz Sharif und dem Chef des militärischen Geheimdienstes ISI berichtet (http://t1p.de/g7wu). Er wurde auf eine Liste von Kriminellen gesetzt, die bei einem Ausreiseversuch gestoppt werden. Vier Tage später wurde das Ausreiseverbot aufgehoben (http://t1p.de/um7d).

Im Mai 2011 verschwand Syed Saleem Shahzad, ein investigativer Reporter für Asia Times, der sich auf Al-Kaida und andere militante Gruppen spezialisiert hatte. Zwei Tage später wurde er tot in seinem Auto gefunden. Nach Angaben von engen Kollegen hatte Shahzad zuvor erwähnt, im Zusammenhang mit seiner Berichterstattung mehrere Warnungen vom Geheimdienst bekommen zu haben (http://t1p.de/7lh2).

VORWURF DER GOTTESLÄSTERUNG IN SOZIALEN MEDIEN

Die Tageszeitung Dawn spricht in einem Leitartikel Mitte Januar 2017 angesichts des Verschwindens der Blogger von einem "dunklen neuen Kapitel im illegalen Krieg gegen die Zivilgesellschaft". Das Verschwinden trage zu einem Klima der Angst und Einschüchterung unter Aktivisten bei, die sich für ein tolerantes Pakistan einsetzen (http://t1p.de/6ik4).

Hunderte Menschen haben in den Tagen nach dem Verschwinden der Blogger in pakistanischen Städten für ihre Freilassung demonstriert (http://t1p.de/lp4z). Gleichzeitig läuft in den sozialen Medien eine Kampagne gegen die Blogger, in der Gegner sie der Gotteslästerung bezichtigen und ihnen den Tod wünschen. Der Vorwurf ist heikel - Blasphemie kann in Pakistan mit dem Tod geahndet werden. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP sitzen derzeit mindestens 17 Menschen wegen angeblicher Blasphemie in den Todeszellen (http://t1p.de/27me).

Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit steht Pakistan auf Platz 147 von 180 Staaten. Weitere Informationen über die Lage der Journalisten im Land finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/pakistan.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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