Deutsch-französische Polizeimission im Donbass?
Archivmeldung vom 31.01.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFrankreich prüft laut einem französischen Außenamtssprecher gemeinsam mit Deutschland den neuen Plan des OSZE-Sonderbeauftragten für die Ukraine, Martin Sajdik, zum Erreichen einer Einigung im Donbass. Sputnik hat mit Experten besprochen, was dieser Plan für die Ukraine bedeuten könnte und ob eine neutrale Mission in dem Fall wirklich möglich ist.
Am Mittwoch hat auch das Auswärtige Amt in Berlin bestätigt, den von dem OSZE-Sonderbeauftragten Martin Sajdik vorgeschlagenen Plan der UN- und OBZE-Mission für Donbass „mit Interesse“ zur Kenntnis genommen zu haben. Demnach soll eine Friedensmission im Donbass unter der allgemeinen Aufsicht eines Sonderbeauftragten tätig sein. Der neue Friedensplan soll noch von der Normandie-Vier bestätigt sowie von den Parlamenten der Ukraine und der Russischen Föderation ratifiziert werden, was ihn deutlich von den Minsker Abkommen unterscheidet.
Der Ukraine-Experte Reinhard Lauterbach bezweifelt, dass solch eine Mission Erfolgschancen hätte. Eine Totgeburt sei die Initiative abgesehen von allen diplomatischen Argumenten deshalb, weil die Volksrepubliken des Donbass diese Mission ja auf ihrem Territorium an die Arbeit lassen müssten. „Warum sollten sie das tun, und warum sollte Russland, das zweifellos die Mittel hätte, sie dazu zu veranlassen, sie ohne substantielle ukrainisch-westliche Zugeständnisse dazu zwingen?“, fragt Lauterbach zurück. Das eigene Überleben der Republiken hänge davon ab, dass nicht so ganz genau bekannt sei, was an der Grenze zu Russland passiere. „Im Übrigen hat sich die bestehende Beobachtungsmission der OSZE kompromittiert, weil sie immer dann nicht zur Stelle ist, wenn die Ukraine wieder einmal mit schweren Waffen auf Wohnviertel schießt“, fügt Lauterbach hinzu.
Der ukrainische Politologe Michail Pogrebinski verweist darauf, dass der Plan Sajdiks unter dem Deckmantel einer friedlichen Mission in Wirklichkeit eine echte Polizeimission voraussetze, mit Verwaltungsrecht (einschließlich der Gewaltkomponente als Element der Wahlunterstützung) anstelle der derzeitigen Mächte der beiden Donbass-Republiken und potenziell auch mit Entwaffnung der Brigaden von Donezk und Lugansk, was sowohl für Donbass als auch für Moskau inakzeptabel sei. Dabei schließe der Plan die beiden Volksrepubliken von jeglichen Entscheidungsprozessen aus, indem der bestehende Konflikt auf eine für Kiew und die USA günstige ukrainisch-russische Form eingeschränkt werde. „Darüber hinaus kann eine UN-Mission keinesfalls neutral sein“, so Pogrebinski.
Reinhard Lauterbach findet eine proklamierte Neutralität ebenso eine Fiktion, denn sowohl Deutschland als auch Frankreich gehören zur Nato. „Sie sind 2014/15 von den USA — die die Minsker Vereinbarungen nicht unterzeichnet haben — vermutlich jeweils vorgeschickt worden, um eine für die Ukraine katastrophale militärische Situation zu stabilisieren“, sagt Lauterbach. Man könne darüber spekulieren, warum sich Washington hier entgegen seiner sonstigen Gewohnheit herausgehalten habe. Seine Vermutung ist, dass sich die USA die Hände frei halten wollten, Aktivitäten der Ukraine, die gegen die Minsker Vereinbarungen verstoßen, weiterhin zu unterstützen.
Im Grunde genommen sei dieser Plan eine „Light Version“ der alten Vorschläge des ständigen Vertreters der USA bei der Nato Kurt Volker zum Donbass, kommentiert Pogrebinski weiter. Volker und das US-Außenministerium sollen mit der aktuellen Lage zufrieden sein. Sajdik dürfte mit seiner Initiative das Interesse an einer Konfliktlösung demonstrieren wollen, doch zugleich sollte er verstehen, dass sie keine Chance zur Umsetzung habe. „Sie hätte diese nur dann, wenn praktische Veränderungen des militärischen Kräfteverhältnisses passiert wären — also eine Neuauflage aktiver Kriegshandlungen mit einem Ergebnis zugunsten des Westens”, so Lauterbach. Derzeit hänge ihre Tätigkeit davon ab, dass die Volksrepubliken ihr erlauben, tätig zu werden. Und warum sollten sie das?
Am Donnerstag hatte auch Kurt Volker gegenüber dem ukrainischen Sender “Prjamoj” [Direkt] bestätigt, das US-Außenministerium hätte den von der OSZE vorgeschlagenen Plan Sajdiks für eine friedliche Konfliktlösung in Donbass genehmigt.
Quelle: Sputnik (Deutschland)