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Wie der Westen aus Syrien einen humanitären Notfall macht

Archivmeldung vom 18.09.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.09.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Ein Basar in Damaskus, Syrien. Aufnahme von Oktober 2017.
Ein Basar in Damaskus, Syrien. Aufnahme von Oktober 2017.

Bild: Eigenes Werk /OTT

Am Mittwoch traf in New York erneut der UN‐Sicherheitsrat zusammen, um über die humanitäre Lage in Syrien zu sprechen. Die Treffen sind seit Beginn des Krieges 2011 ebenso Routine wie die politischen Kontroversen der UN‐Sicherheitsratsmitglieder darüber, wie mit dem Krieg umzugehen sei und wer welche Verantwortung trägt. Dies berichtet Karin Leukefeld im Magazin "RT DE".

Weiter berichtet Leukenfeld auf RT DE: "Syrien‐Debatte im UN-Sicherheitsrat

Die westlichen Staaten, die als "Freunde Syriens" seit 2012 mit Geld, Waffen und ausgewählter Berichterstattung syrische Oppositionsgruppen unterstützten, um die Regierung in Damaskus zu stürzen, haben aus dem einst schuldenfreien Land, in dem niemand Hunger zu leiden hatte, einen humanitären Notfall gemacht, über den der UN‐Sicherheitsrat in regelmäßigen Abständen debattiert.

Finanziert und organisiert über die UNO mit Geldern der Mitgliedsstaaten, bringt eine ganze Armee privater und internationaler Hilfsorganisationen Tonnen von Hilfsgütern nach Syrien, um die Menschen in Zeltlagern und Notunterkünften mit Nothilfe, Kleidung und Medikamenten zu versorgen. Aus den fleißigen und kreativen Syrern sind obdachlose Bittsteller geworden.

Dieselben Staaten, die Millionen für diese humanitären Operationen ausgeben und im UN-Sicherheitsrat darauf drängen, dass die Hilfsmaßnahmen immer größer, teurer und langanhaltender und auf die umliegenden Staaten ausgedehnt werden, sorgen mit einseitigen wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und Sanktionen dafür, dass Syrien daran gehindert wird, die Bevölkerung mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, zum Beispiel im Wiederaufbau und in der Lebensmittelindustrie, wieder in Lohn und Brot zu bringen.

Am 15. September informierte der stellvertretende Generalsekretär für humanitäre Angelegenheiten, der Brite Martin Griffiths, über seine Reise, die ihn vom 28. August bis zum 3. September nach Syrien, in den Libanon und die Türkei geführt hatte. In Damaskus hatte Griffiths mit dem syrischen Außenminister Faisal Mekdad unter anderem über "Projekte der frühzeitigen Erholung" gesprochen, die dem Land trotz einseitiger Wirtschaftssanktionen der EU und des US-Caesar-Gesetzes den Wiederaufbau der zivilen Infrastruktur ermöglichen sollen. Das Caesar‐Gesetz der USA verbietet nicht nur Syrien, auf dem Weltmarkt einzukaufen, es droht auch Einzelpersonen, Unternehmen und Staaten mit Sanktionen, sollten sie mit Syrien Handel treiben.

Projekte der frühzeitigen Erholung

Die "Projekte der frühzeitigen Erholung" wurden erstmals in der Resolution 2585 (9.7.2021) des Sicherheitsrats erwähnt, mit der die grenzüberschreitende Hilfe für die Provinz Idlib aus der Türkei für ein weiteres Jahr verlängert worden war. Die westlichen Veto‐Staaten hatten ursprünglich die Öffnung dreier grenzüberschreitender "humanitärer Korridore" gefordert, was Russland und China ablehnten.

Auch Syrien, das im UN‐Sicherheitsrat zwar gehört wird, aber kein Stimmrecht hat, fordert, dass die Kontrolle der Grenzen wieder Damaskus unterstellt werden müsse. Humanitäre Hilfe solle innerhalb des Landes auch über die noch bestehenden Frontlinien verteilt werden.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte die Projekte in seinem Bericht vom 18. August 2021 als wichtig bezeichnet, um die Menschen auf lokaler Ebene zu unterstützen. In der humanitären Fachsprache heißt es, "lokales Eigentum, Fähigkeiten und Resilienz", (d. h. Widerstandskraft) sollten gestärkt werden.

Obwohl die Projekte derzeit nur fünf Prozent des UN-Plans für humanitäre Unterstützung in Syrien ausmachen, wenden sich wiederum die westlichen Vetomächte USA, Großbritannien und Frankreich dagegen. Die Projekte seien ein Wegbereiter für den Wiederaufbau, den EU und USA ablehnen, solange Präsident Baschar al-Assad dem westlichen Drängen auf einen politischen Übergangsprozess nicht nachkommt.

Eine weitere Neuerung in der Resolution 2585 sind "frontüberschreitende Hilfslieferungen", die perspektivisch die grenzüberschreitenden Lieferungen aus der Türkei nach Idlib ohne Zustimmung und Kontrolle des syrischen Staates ablösen sollen. Derzeit erreichen rund 1.000 Lastwagenlieferungen mit Lebensmitteln und anderen Hilfsgütern monatlich die nordwestsyrische Provinz Idlib. Dennoch wird die Not der nach UN‐Angaben 3,3 Millionen Personen in dem Gebiet immer größer, was – besonders vor dem Winter – mehr Anstrengungen und mehr Geld erfordere, so das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA).

Frontüberschreitende Hilfe läuft an

Griffiths berichtete von Hilfslieferungen, die "frontüberschreitend" am 30. August und 1. September aus Aleppo nach Idlib transportiert wurden. Die Lieferungen erreichten in Idlib ein Gebiet, das von Haiʾat Tahrir asch-Scham kontrolliert wird. Die Organisation ist vom UN‐Sicherheitsrat als "Terrororganisation" gelistet. Mit dem vom Welternährungsprogramm (WFP) organisierten Konvois brachten 14 Lastwagen Essensrationen für 50.000 Personen über die Frontlinie.

Allerdings wurden die Essensrationen nicht an die Bevölkerung verteilt, sondern in ein Lager gebracht, wo sie am 15.09.2021 noch immer lagerten. Wer die Lebensmittel wann an wen verteilt, ist unklar. Einzelheiten über die Arbeit der Hilfsorganisationen in Syrien wurden hinter verschlossenen Türen des Sicherheitsrats debattiert. Weitere Lieferungen dieser Art sind in Planung.

Ein bereits im April 2020 beschlossener Konvoi von UNO, IKRK (Internationales Komitee vom Roten Kreuz) und SARC (Syrischer Arabischer Roter Halbmond), der Hilfsgüter nach Attareb und Daret Izza (Provinz Idlib) bringen sollte, konnte seine Fahrt allerdings bis heute nicht antreten. Die Gründe dafür sind unklar.

Weiteres Thema der Debatte war die Lage im südwestlichen Teil Syriens, in der Provinz Darʿā. Ein Waffenstillstand, der durch die Vermittlung Russlands seit dem 1. September eingehalten wird, scheint zu halten. Zudem wurden COVID‐19-Fälle in Syrien, die anhaltende Trockenheit und der Strom‐ und Wassermangel debattiert, der auch auf die Knappheit an Treibstoff zurückzuführen ist.

Sanktionen sind Ursache der schweren Wirtschaftskrise

Im Teil der öffentlichen Debatte kritisierte der stellvertretende UN‐Botschafter der Russischen Föderation, Dmitri Tschumakow, die Haltung "einiger westlicher Staaten" gegen syrische Politiker und Geschäftsleute Sanktionen aufrechtzuerhalten. Angeblich sollten diese Sanktionen "gezielt" sein, doch sie beträfen jeden Syrer im Alltag.

Tschumakow wies auf einen Bericht der US Agency for International Development (USAID) hin, in dem die Auswirkungen der COVID‐19-Pandemie auf die Lage in Syrien im Zeitraum von Juli 2020 bis Juli 2021 analysiert werden.

Demnach hätten die US‐Sanktionen, die 2020 in Kraft traten, "erheblich zur Abwertung des syrischen Pfundes" beigetragen und "eine schwindelerregende Wirtschaftskrise" ausgelöst. Die COVID-19-Lockdownmaßnahmen von März bis Mai und erneut im Juni 2020 hätten zusammen mit den US-Caesar-Sanktionen den Umtauschkurs so sehr entwertet, dass die Zentralbank Syriens gezwungen gewesen sei, die offizielle Umtauschrate abzuwerten.

Eine Verlängerung der US-Caesar-Sanktionen im Januar 2021 sollte das Regierungsbudget reduzieren, was eine weitere Abwertung des syrischen Pfundes zur Folge hatte und die Transport‐ und Lebensmittelpreise in die Höhe trieb. Der durch die US-Sanktionen blockierte Handel führte zu einem Anstieg illegalen Handels, Korruption und Schwarzmarkt."

Quelle: RT DE

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