Mordfall Politkowskaja: ROG fordert weitere Informationen und raschen Prozessbeginn
Archivmeldung vom 28.08.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.08.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor dem Hintergrund der gestern bekannt gewordenen Verhaftungen im Mordfall Anna Politkowskaja fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) weitere Informationen zu den Festgenommenen sowie einen raschen Prozessbeginn. "Bislang weiß man zu wenig über Identität und Motive der Verdächtigen", so die Organisation zur Verteidigung der Pressefreiheit.
"Doch wir hoffen sehr, dass mit der Meldung nach
Monaten des Schweigens nicht nur beschwichtigt werden soll. Ein
schneller Prozessbeginn und mehr Transparenz würden für mehr
Glaubwürdigkeit sorgen."
Die Verhaftungen sind aus Sicht von ROG ein erstes Zeichen für
einen Fortschritt in den seit fast einem Jahr andauernden
Ermittlungen. "Doch wir haben die Erfahrung gemacht, dass mit solchen
Ankündigungen all jene beruhigt werden sollen, die sich für eine
Aufklärung der Verbrechen einsetzen. Für zahlreiche Morde an
Journalisten in Russland sind die Täter nie zur Rechenschaft gezogen
worden."
Reporter ohne Grenzen zweifelt außerdem an der These, dass
ausschließlich unbekannte Personen außerhalb Russlands die
Drahtzieher im Fall Politkowskaja sein sollen. "Im Gegensatz zu den
Aussagen des Generalstaatsanwalts gibt es auch in dem Land Leute, die
daran interessiert waren, Politkowskaja für immer zum Schweigen zu
bringen. Die Ermittler sollten dies nicht vernachlässigen."
Der russische Generalstaatsanwalt Juri Tschaika gab gestern
bekannt, dass zehn Verdächtige im Fall Politkowskaja verhaftet
wurden. Laut Tschaika gehören sie zu einer Gruppe Moskauer
Krimineller mit tschetschenischem Hintergrund, die von im Ausland
lebenden Staatsfeinden angeheuert worden sein sollen. Unter den
Festgenommenen sollen auch Mitarbeiter des Innenministeriums sowie
des Inlandsgeheimdienstes FSB sein. Sie sollen Informationen über die
Journalistin weitergereicht haben.
Anna Politkowskaja, die über Menschenrechtsverletzungen in
Tschetschenien berichtet hatte, war am 7. Oktober vor ihrer Wohnung
in Moskau erschossen worden. Kurz vor ihrem Tod sagte sie gegenüber
der BBC, dass Präsident Putin Terrorakte bewusst provoziert habe,
etwa das Geiseldrama in einem Moskauer Theater 2002.
Reporter ohne Grenzen hat mit Mahnwachen und Aktionen der ermordeten Journalistin gedacht und weltweit Tausende Unterschriften für eine unabhängige Untersuchung gesammelt.
Quelle: Pressemitteilung Reporter ohne Grenzen