Ukraine: Jazenjuk fordert "gewaltiges Hilfspaket"
Archivmeldung vom 08.01.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat darüber geklagt, dass seine Regierung die Altschulden des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch abbezahlen muss und ein "gewaltiges Hilfspaket" gefordert. "In drei Jahren hat er sich 40 Milliarden Dollar angeeignet, und jetzt müssen wir das alles zurückzahlen", sagte Jazenjuk der F.A.Z. (Freitagsausgabe).
Trotz Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen benötige sein Land, das durch den Konflikt im Donbass und die Annexion der Halbinsel Krim große Teil der Industrie verloren habe, weitere Kredite. "Um zu überleben, brauchen wir ein gewaltiges Hilfspaket", sagte der ukrainische Regierungschef. Zur genauen Höhe des weiteren ukrainischen Finanzbedarfs wollte sich Jazenjuk nicht äußern, er dementierte allerdings auch nicht die in Medienberichten genannte Zahl von 15 Milliarden Dollar. "Für mich gehört es sich nicht, das zu kommentieren", sagte Jazenjuk der F.A.Z.
Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen, nach denen das ukrainische Militär im Donbass rücksichtslos gegenüber der Zivilbevölkerung auftrete, wies Jazenjuk scharf zurück. "Das ist nicht wahr!", sagte er. "Keine Beweise, keine Belege! Russland macht das mit Absicht! Die wissen, wie man Konflikte schürt, wie man auf diese sehr empfindlichen Punkte Aufmerksamkeit lenkt, und wir wissen genau, dass russisch geführte Terroristen gezielt Zivilisten beschossen haben."
Ukrainische Finanzministerin sieht ihr Land nicht vor der Pleite
Die ukrainische Finanzministerin Natalia Jaresko sieht ihr Land nicht vor der Pleite: "Wir erleben eine heftige Finanzkrise und stecken in sehr schweren Zeiten. Aber wir sind kein bankrottes Land", sagte sie dem "Handelsblatt" (Freitagsausgabe).
Zu Berichten, dass die Ukraine dieses Jahr Kredite über 15 Milliarden Dollar benötigt, äußerte sich die Ministerin mit ukrainischem und US-Pass ausweichend: "Wir brauchen ganz sicher neue Hilfen unserer Partner, Kredite und keine Geschenke. Und wir diskutieren den Umfang gerade mit dem IWF", sagte Jaresko. Die genannten 15 Milliarden Dollar seien nur eine Schätzung. Im Gegenzug für Hilfen der Kreditgeber verspricht die Finanzministerin "ein sehr ambitioniertes Reformprogramm" und eine "enorme Deregulierungswelle". So will die Regierung in Kiew unter anderem Lohnnebenkosten senken, um Firmen aus der Schattenwirtschaft zu holen, und den Staatskonzern Naftogaz aufspalten. Hier seien auch internationale Investoren gefragt.
Den Konflikt im Osten ihres Landes nannte Jaresko "sehr schmerzhaft": Aber die Ukrainer seien bereit, "den Preis dafür zu zahlen, dass sie nach europäischen Regeln leben und Teil Europas werden wollen".
Merkel rechnet nicht mit raschem Ende der Russland-Sanktionen
Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet nicht mit einem raschen Ende der Sanktionen gegen Russland. "Die Ausrufung von Sanktionen hatte gewisse Ursachen, und diese Sanktionen können auch nur dann aufgehoben werden, wenn diese Ursachen wieder beseitigt sind", erklärte Merkel am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk in Berlin. "Bezüglich der Annexion der Krim ist ja klar, dass diese Sanktionen auch nur dann aufgehoben werden könnten, wenn wir einen Fortschritt bezüglich der Krim sehen würden. Da habe ich im Augenblick wenig Hoffnung."
Zudem betonte Merkel erneut, dass das Minsker Abkommen umgesetzt werden müsse. Dies sei "das Instrument, mit dem wir die Dinge rückgängig machen können".
Die Bundeskanzlerin dämpfte darüber hinaus Erwartungen an einen möglichen Ukraine-Gipfel in der kasachischen Hauptstadt Astana in der kommenden Woche: "Ein Treffen in Astana wird nicht dazu führen können, dass alle Punkte am nächsten Tag erfüllt sind", so Merkel.
Quelle: dts Nachrichtenagentur