Ukraine-Botschafterin einbestellt: Ungarn verteidigt Neutralität gegen Kriegsrhetorik
Archivmeldung vom 07.04.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićErst am Sonntag stellte das ungarische Volk an der Wahlurne klar, dass es für den Frieden und gegen eine ungarische Beteiligung am Konflikt in der Ukraine ist. Sogar Mainstream-Beobachter müssen nämlich einräumen, dass das klare Bekenntnis zu Neutralität und Frieden für Premier Orban viel Rückenwind brachte, der ihm eine von vielen Umfrageinstituten nicht für möglich gehaltenen Rekord-Zustimmung bescherte. Die berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Der Ukraine passte das nicht: Sie forderte das Nachbarland zur deutlichen Parteinahme für seine Sache und gegen Russland auf. Nun folgt diplomatisches Ungemach.
Einbestellung nach Selenski-Provokationen
Die meisten Bürger hatten ihr Lebtag lang die Auffassung, dass Diplomaten einen vermittelnden Charakter haben. Schon der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk straft dieses gängige Bild mit kriegerischer Rhetorik aktuell Lügen. In der Hoffnung, dass zumindest bei anderen Vertretern des Landes noch Einsicht besteht, bestellte Ungarn die ukrainische Botschafterin in seinem Land, Ljubow Nepop, ein. Bei einer Einbestellung handelt es sich um eine mittelscharfe Sanktion, die in der Regel eine große Verstimmung signalisieren soll. Es ist aber noch keine Ausweisung, die etwa Deutschland für mehrere russische Diplomaten aktuell veranlasste.
Grund für diese Aktion ist offenbar, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski in den letzten Tagen mehrfach versuchte, Orban auf eine Seite im Konflikt zu ziehen. Ungarns Premier hatte sich – obwohl es EU- und NATO-Land ist – von Anfang an geweigert, westliche Waffentransporte durch sein Land passieren zu lassen. Der Ministerpräsident bekannte sich zur Neutralität seines Landes im Konflikt: “Kein Ungar sollte zwischen einen ukrainischen Amboss und einen russischen Hammer geraten. Es ist nicht in unserem Interesse, als Fußsoldaten zum Opfer im Krieg anderer Länder zu werden.”
Orban bekennt sich zu Neutralität…
Zur Einbestellung erklärte Außenminister Peter Szijjarto: “Es ist Zeit, dass die ukrainischen Führer mit der Beleidigung Ungarns aufhören.” Selenski hatte zudem erst in der Vorwoche ein EU-Embargo für russische Energie verlangt. Für den ehemaligen Schauspieler an der Spitze der Ukraine ist die Welt simpel: Wer sich nicht zu 100% auf seine Seite schlägt, ist für ihn der Bettgeselle Moskaus. Entsprechend ließ er Orbán ausrichten: Dieser müsse sich “zwischen Russland und der anderen Welt entscheiden”.
Orbán lässt sich durch solches Geplänkel nicht ins Bockshorn jagen. Sein Land fährt aktuell die größte humanitäre Hilfskampagne der ungarischen Geschichte. Am Krieg aber will er keine Teilhabe, bekundete er bereits bei einer Rede am Nationalfeiertag am 15. März: “Manche Länder erreichen ihre Ziele mit Kriegsführung, aber wir wissen, dass der beste Krieg ein vermiedener Krieg ist.” Russland und die Ukraine könnten über ihre eigenen Interessen entscheiden, aber: “Die USA und Brüssel können nicht mit einem ungarischen Kopf denken und nicht mit einem ungarischen Herz fühlen.”
…während Nehammer mit Klitschko kuschelt
Damit erfüllt Orbans Ungarn genau jene Rolle, die sich viele Österreicher eigentlich von ihrer Bundesregierung wünschen würden: Jene der Neutralität. Doch die türkis-grüne Koalition denkt gar nicht daran – im Gegenteil. Immer wieder gossen ihre Vertreter Öl ins Feuer. Und erst vor wenigen Tagen traf Pannen-Kanzler Karl Nehammer in Berlin den ehemaligen Box-Weltmeister Wladimir Klitschko, dessen Bruder Witali in Kiew als Bürgermeister dient. Dabei herzte Hobby-Boxer Nehammer wiederholt sein Idol und sicherte ihm zu, dass Österreich die Sanktionen gegen Russland bis zum bitteren Ende mittragen will.
Während sich der Rubel aktuell wieder auf das Vorkriegs-Niveau stabilisiert, treffen diese das österreichische Volk stark. Die bereits vor der Eskalation in der Ukraine astronomisch hohe Inflation wurde zusätzlich angekurbelt. Die Energie-, Strom- und Spritpreise schossen in nicht für möglich gehaltene Sphären hoch.
Auch die Lebensmittelpreise zogen weiter massiv an. In Österreich, das
sich bislang zu 80 Prozent auf russisches Gas verließ, droht bei einem Versiegen des Gashahns rasch der Stillstand der Wirtschaft, wie auch der Chef der Industriellenvereinigung, Georg Knill, zuletzt warnte.
Kein Handschlag von Scholz – dafür romantische Herzenswärme von Klitschko für Nehammer
Brüssel bestraft Ungarn für “falsche” Wahl
Der ungarische Kurs der Neutralität kommt bei den Magyaren gut an: An der Wahlurne bestätigten die Ungarn Viktor Orbán im Amt. Zum vierten Mal in Folge konnte dieser eine Zweidrittelmehrheit erringen, seinen Stimmenanteil sogar noch ausbauen. Dies gelang, obwohl sich sechs bisherige Oppositionsparteien zu einem Anti-Orban-Bündnis zusammengeschlossen hatten. Für Brüssel war der Umstand, dass die Ungarn ihrer Ansicht nach wieder einmal “falsch” wählten, ein Grund, verärgert zu seien.
Die EU zettelt nämlich neue Maßnahmen und das nächste Rechtsstaatlichkeits-Verfahren gegen sein Mitgliedsland Ungarn an. Orbans Kabinettchef Gergely Gulyas zeichnete heraus, dass die Aktion einem Bestrafungsmechanismus gleichkomme, weil ungarische Wähler beim Urnengang “keine Meinung nach dem Geschmack von Brüssel geäußert haben.” Die EU-Kommission hingegen argumentiert mit angeblicher Veruntreuung von EU-Geldern und erklärte: “Bei Ungarn, wir haben uns sehr klar ausgedrückt, ist das Problem Korruption“, so Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
Ukraine als Korruptions-Europameister
Dies Argumentation ist vor einem weiteren Hintergrund besonders skurril. Denn während die EU offenkundig jeden Strohhalm ergreift, um Ungarn aus der EU-Gemeinschaft zu vergraulen, ist ihr Korruption in anderen Ländern offenbar völlig gleichgültig. So begrüßt man das aktuelle Beitrittsgesuch der Ukraine. Diese gilt gemeinhin (neben Russland) als korruptestes Land in Europa. Mit einem CPI-Score von 32 auf der wichtigen Datenbank transparency.org kommt das Selenski-Land auf Platz 122 zu liegen – gleichauf mit Swasiland und direkt zwischen Algerien, Gabun, Mexiko und Sambia.
An der Spitze der am wenigsten korrupten Länder der Welt liegen die nordischen Länder Dänemark und Finnland
sowie Neuseeland, dicht auf den Fersen folgen Norwegen, Singapur,
Schweden und die Schweiz. Sogar Österreich kommt – trotz der
regelmäßigen Korruptionsaffären der Kanzlerpartei auf Platz 13. Auch Ungarn befindet sich immerhin 49 Ränge vor der Ukraine. Das schlechteste Ranking innerhalb der EU-27 hat übrigens Bulgarien mit Platz 78.
Quelle: Wochenblick