Paul Auster: "Wir sind die Zeugen des Untergangs eines Imperiums"
Archivmeldung vom 01.02.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer amerikanische Schriftsteller Paul Auster, der am 3. Februar 2007 60 Jahre alt wird, greift in der ZEIT die Regierung seines Landes scharf an. "Ich bin davon überzeugt", so Auster, "dass die beiden jüngsten Präsidentschaftswahlen gefälscht waren."
Es sei unfassbar, dass sein Land, welches im Zweiten
Weltkrieg intelligent und überzeugend agiert habe, nun so versage:
"Noch nie gab es eine Regierung in Amerika, die so weit entfernt war
vom Geist des Landes wie diese." Er betrachte sich als Zeuge, sagt
Auster: "Wir sind die Zeugen des Untergangs eines Imperiums."
Die Arbeit des Schriftstellers sei ein unerschöpflicher Zwang:
"Ich jedenfalls verspüre den ständigen Druck, weiterzuschreiben,
weiterzuarbeiten. Jedes Mal, wenn ich etwas abgeschlossen habe,
fürchte ich, versagt zu haben. Aus diesem Gefühl der Unzufriedenheit
steigt das Bedürfnis auf, es noch einmal zu versuchen." Die Figuren
seiner Romane seien keine hohlen Erfindungen, sondern Wesen, die ihre
eigene Existenz führten: "Ich lebe mit meinen Romanfiguren
durchschnittlich fünf Jahre lang, ehe ich überhaupt zu schreiben
anfange ... Man kann sie nicht einfach aufgeben."
Bei den Recherchen zu seinem Roman "Die Erfindung der Einsamkeit" habe Paul Auster, wie er der ZEIT sagt, schockierende Entdeckungen in seiner eigenen Familiengeschichte gemacht. Er fand heraus, dass seine Großmutter im Jahr 1919 seinen Großvater, Harry Auster, erschossen habe: "Er wechselte gerade eine Glühbirne in der Küche, da erschoss sie ihn auf der Leiter. Einfach so. Das Schwurgericht sprach sie frei. Ein Verbrechen aus Leidenschaft, begangen von einer betrogenen Frau." Sein Vater, so Auster, habe den Mord mitangesehen, ihm aber nie die Wahrheit über den Tod des Großvaters erzählt.
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT