Weltbank scheitert mit Erdölprojekt im Tschad
Archivmeldung vom 27.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Bonn International Center for Conversion (BICC) hat schwere Vorwürfe gegen die Weltbank und eines ihrer Entwicklungsprojekte im Tschad erhoben. Nach Erkenntnissen der Organisation ist die Weltbank mit dem seit 2000 "als Modellprojekt unterstützten" Vorhaben "fatal gescheitert".
Das Erdölprojekt sollte den Fortschritt
in dem zentralafrikanischen Land fördern und Armut bekämpfen, bringe
jedoch Elend statt Entwicklung. Durch die Förderung soll sich die
Situation weiter verschlechtert haben. Statt zu profitieren, leide die
betroffene Bevölkerung im Tschad unter groben Schäden.
Ölkonzerne als Nutznießer
Im Zuge des größten Infrastrukturprojekts in Subsahara-Afrika wurde eine 1.070 Kilometer lange Erdölpipeline vom Süden des Tschad bis Kamerun errichtet. Neben der Weltbank investierte ein privates Konsortium, bestehend aus den Ölriesen ExxonMobil, Chevron und Petronas, in die Realisierung. "Die Ölfirmen sind nun die Nutznießer des Projekts und machen dort ihre Geschäfte", betont BICC-Researcherin Lena Guesnet im Gespräch mit pressetext. Außerdem erhalte die Regierung Geld. Die Entschädigungen für die schlechteren Lebensbedingungen an die Bevölkerung seien hingegen unzureichend und unverhältnismäßig.
Seit 2003 fließe das Öl aus
dem Tschad. Die Weltbank habe sich 2008 aus dem Projekt zurückgezogen.
Nach Angaben des BICC waren die Risiken und potenziell negativen
wirtschaftlichen, politischen, ökologischen und sozialen Folgen des
Doba-Projekts aber bekannt. Dennoch habe die Weltbank das Vorhaben zum
Vorzeigeprojekt erhoben und sei von den positiven Effekten des
Erdöl-Investments überzeugt gewesen. Die Signalwirkung an die Industrie
sei fatal gewesen. Insgesamt pumpte die Weltbankgruppe knapp 300 Mio.
Dollar in das Projekt.
Öl finanziert Gewaltkonflikte
"Der
Erfolg des Doba-Projekts wird vielmehr an der Reduzierung der Armut
gemessen werden als an den Barrel von gefördertem Öl oder den Millionen
von Dollar aus Ölexporten aus dem Tschad", hieß es 2000 von der
Weltbank. BICC zufolge werden die Einnahmen aus der Förderung aber nur
unzureichend in Entwicklungssektoren wie Gesundheit oder Bildung
investiert. Die in der Region lebende Bevölkerung leide zudem unter
produktionsbedingten Umweltschäden. Außerdem analysiert BICC, wie die
Öleinnahmen Konfliktpotenziale rund um die Förderstätten beeinflussen
und wie sie Gewaltkonflikte direkt finanzieren.
Ökonomische und ökologische Belastungen
"Im Rahmen des Projekts wurden mehr Ölbrunnen gebohrt und mehr Land eingenommen als geplant. Leute werden umgesiedelt. Die Vorstellungen über die Höhe von Entschädigungen zwischen der Zivilgesellschaft und den Ölkonzernen klaffen jedoch weit auseinander", meint Guesnet gegenüber pressetext. Pro Mangobaum sei die Industrie beispielsweise bereit gewesen, sechs Dollar zu zahlen, denen ein geforderter Wert von 1.600 Dollar gegenüberstand.
"Die Bevölkerung leidet unter Belastungen wie einer erhöhten Staubentwicklung, nicht beseitigten und toxischen Abfällen sowie einem erhöhten Wasserverbrauch", erläutert die Expertin. Industriefahrzeuge verkehren auf Trassen, da die Straßen nicht geteert worden seien. Gegen den Staub gehe man mit Wasser vor, zählt Guesnet eine Reihe von Schäden auf. Statt der Bevölkerung profitiere die Erdölindustrie von einem Entwicklungsprojekt. Die Weltbank sei damit kläglich gescheitert.
Quelle: pressetext.deutschland (Manuel Haglmüller)