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Analyse: Der neue russische Hyperschall-Marschflugkörper Zirkon wird das Machtgleichgewicht auf See verändern

Archivmeldung vom 16.10.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.10.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Russland hat erstmals die Hyperschallrakete Zirkon von einem Atom-U-Boot abgefeuert
Russland hat erstmals die Hyperschallrakete Zirkon von einem Atom-U-Boot abgefeuert

Bild: Sputnik / Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums

Das atomgetriebene Angriffs-U-Boot Sewerodwinsk der russischen Marine hat einen zweiten erfolgreichen Teststart des Hyperschall-Marschflugkörpers Zirkon durchgeführt. Aus einer 40 Meter Tauchposition im Weißen Meer heraus erreichte die Rakete Mach 9. Dies berichtet Michail Khodarenok im Magazin "RT DE". Michail Khodarenok ist Militärkommentator für RT.com. Er ist ein Oberst im Ruhestand. Als Offizier diente er in der Hauptdirektion des Generalstabs der russischen Streitkräfte.

Weiter berichtet RT DE: "Die Rakete sei aus einer Tiefe von 40 Metern gestartet und war auf ein Oberflächenziel in der Barentssee gerichtet, teilte das russische Verteidigungsministerium vergangene Woche mit. Telemetriedaten bestätigten, dass die Rakete das Ziel mit der erforderlichen Präzision traf, was den Test zu einem Erfolg machte. Die offizielle Testreihe der Zirkon-Rakete soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Dieser neue russische Hyperschall-Marschflugkörper kann während des Fluges Geschwindigkeiten von etwa Mach 9 erreichen und sich in einer Höhe von 30 bis 40 Kilometern bewegen, wo der Luftwiderstand relativ gering ist. Je nach Quelle der verfügbaren Daten verfügt die Rakete, bei einer Länge von acht bis zehn Metern, ausgestattet mit einem Sprengkopf von 300 bis 400 Kilogramm, über eine Reichweite von 400 bis 1.000 Kilometern.

Die Zirkon-Hyperschallraketen werden im Rahmen eines Vertrages geliefert, der vom russischen Verteidigungsministerium mit dem Konstruktionsbüro NPO Maschinostrojenija am Rande des Internationalen Militär- und Technikforums der Armee 2021 abgeschlossen wurde. Die russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte setzen bereits die luftgestützte Hyperschallrakete Kh-47M2 Kinschal (Dolch) ein, die von einem MiG-31K-Jäger getragen wird (eine pro Flugzeug). Für die Zukunft werden Langstreckenbomber Tu-22M3M mit einer Bestückung von bis zu vier Raketen in Betracht gezogen.

Zirkon gilt als potenzielle Waffe gegen Flugzeugträgerkampfgruppen – und das überrascht kaum. Moderne Flugzeugträger sind die Hauptangriffswaffe einer Marine auf See, und ihr Einsatz entscheidet oft über den Ausgang einer bewaffneten Konfrontation als Ganzes. In allen lokalen Konflikten der letzten Jahrzehnte haben sich Flugzeugträger als äußerst effektiv erwiesen. Allerdings sind sie in Bau und Betrieb sehr teuer. Ein einzelner nuklearbetriebener Flugzeugträger schlägt in etwa mit 13 bis 14 Milliarden US-Dollar zu Buche. Derzeit betreiben weltweit neun Länder Flugzeugträger in ihren Flotten.

Eine der obersten Prioritäten der russischen Marine nach dem Zweiten Weltkrieg war die Bekämpfung von Flugzeugträgerkampfgruppen eines potenziellen Feindes, die kritische zivile und militärische Infrastrukturen an den Küsten bedrohen könnten. Traditionell werden mit dieser Aufgabe Überwasser-Kampfschiffe, U-Boote und raketentragende Flugzeuge der Marine beauftragt. Der ursprüngliche Plan war, U-Boote des Projekts 949A (Oscar-Klasse), bestückt mit P-700 Granit Anti-Schiffsraketen, und Tu-22M3-Langstreckenbomber mit X-22-Anti-Schiffsraketen (Tu-22M3M mit X-32- Raketen) gegen einen potenziellen feindlichen Flugzeugträger einzusetzen.

Russische Experten glauben jedoch, dass die Reichweite der verfügbaren Raketen es Überwasser-Kampfschiffen, U-Booten und Flugzeugen nicht ermöglicht, in die Schlagdistanz der Anti-Schiffs-Marschflugkörpern zu gelangen. Selbst wenn der Angreifer das Glück hat, in die Schlagdistanz zu gelangen, kann die kombinierte Abwehr einer feindlichen Flugzeugträgerkampfgruppe problemlos alle X-22/32- und P-700-Raketen abfangen.

Schiffe und U-Boote, die mit Zirkon-Raketen ausgestattet sind, werden helfen, dieses Problem zu lösen. Den verfügbaren Berichten zufolge beträgt die größtmögliche Reichweite der Zirkon 540 Seemeilen, was 620 Meilen oder 1.000 Kilometern entspricht. Dies ist eine ernsthafte Bedrohung für einen hypothetischen Feind: Eine solche Reichweite ist mit den Kapazitäten von Flugzeugträgerkampfgruppen kaum zu überbieten. Sobald die Zirkon in großen Mengen produziert und in Dienst gestellt wird, kommt somit eine gänzlich neue Karte ins Spiel. Die außergewöhnlich hohe Fluggeschwindigkeit einer Zirkon, in Kombination mit einem deutlich reduzierten Radarquerschnitt, macht diese Rakete auch zu einem wertvollen Aktivposten für die russische Marine.

Zu den besten Raketen der NATO gehört heute beispielsweise die von Raytheon hergestellte SM-6. Diese wird in drei Varianten angeboten: SM-6 Block I, SM-6 Block IA und SM-6 Dual I, die normalerweise von Zerstörern der Arleigh-Burke-Klasse und Lenkwaffenkreuzern der Ticonderoga-Klasse getragen werden. Die SM-6-Raketen wurden entwickelt, um eine Vielzahl von bemannten und unbemannten Flugobjekte, Überschall-Marschflugkörper sowie ballistische Raketen in der Endphase ihres Fluges abzufangen. Jedoch ist von keiner der drei SM-6-Varianten bekannt, dass sie in der Lage wäre, ein mit Hyperschallgeschwindigkeit anfliegendes Ziel abzufangen.

Die Zirkon fliegt mit einer Geschwindigkeit von Mach 8 bis Mach 9 an. Dadurch wird es unmöglich, dass ein hypothetischer Feind – all seinen Fähigkeiten zum Trotz – die Anforderung einer angemessenen Reaktionszeit zum Abfangen erfüllt. Mit anderen Worten, man wird eine Rakete zwar auf dem Radar erkennen können, aber keine Zeit haben, etwas gegen sie zu unternehmen. 

All dies bedeutet, dass Hyperschall-Marschflugkörper, die in ihrer Effizienz mit taktischen Atomwaffen vergleichbar sind, ein wertvolles Gut im Arsenal der russischen Marine sein werden, mit der das globale maritime Machtgleichgewicht ernsthaft beeinflusst werden kann. Bisher verfügt kein weiterer Teilnehmer im globalen maritimen Spiel über Systeme, die effizient genug wären, dieser neuen Bedrohung zu begegnen."

Quelle: RT DE

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