In Russland haben "Masken" an Bedeutung verloren
Archivmeldung vom 05.06.2021
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Freigeschaltet durch Anja SchmittWährend die Deutschen strikt die Maskenpflicht einhalten, sind die Russen da schon längst viel lockerer bis fahrlässig. Womit hängt das zusammen? Ein Reiseeindruck von dem russischen online Magazin „SNA News".
Weiter ist auf deren deutschen Webseite dazu folgendes zu lesen: "Wer hätte das gedacht? Fast die Hälfte der Deutschen würde auch nach der Pandemie gerne noch Masken tragen, zeigte eine neue Umfrage, weil diese offenbar einen Rückgang bei den Infektionskrankheiten wie Grippe oder Norovirus ermöglicht haben. Die Pandemie ist lange noch nicht vorbei, lautet auch die Botschaft aus dem Kanzleramt, was ebenfalls heißt: Die Maskenpflicht gilt nach wie vor. Wer in den Öffis oder im Geschäft keine Maske trägt, wird verurteilt oder als Corona-Leugner abgetan. Bei den Kontrollen ergibt sich ein Verzicht auf die Maske auch nicht wirklich als möglich und es muss einfach so sein – Punkt.
Und wie ist es gerade in Russland? Diese Woche bin ich von meiner kurzen Reise nach Sankt Petersburg wieder nach Berlin zurückgekehrt – allerdings nicht ohne die Abenteuer beim Umsteigen in Moskau, nachdem Russland und Deutschland sich gegenseitig Genehmigungen für die Flüge verweigert hatten und mehrere Flüge deswegen im letzten Moment ausgefallen waren. In Sankt Petersburg, wie in ganz Russland, ist das öffentliche Leben schon längst wieder im Gange, mit geöffneten Restaurants, halbvollen Theatern und Museen, Literatursalons und einem gerade durchaus gut gefüllten Wirtschaftsforum. Allerdings fällt jemandem, der die deutschen Lockdowns brav durchgemacht hat und weiterhin eine FFP2-Maske aufhat, sofort auf: Höchstens die Hälfte der Menschen trägt hier noch eine Maske wo es sich gehört – im öffentlichen Verkehr, in den Restaurants oder auch bei Veranstaltungen, viele davon nur am Kinn. Leugnen die anderen bloß Corona oder was?
Maskenpflicht gilt auch in Russland, aber...
Eigentlich gilt in Russland seit Ende Oktober so etwas wie eine Maskenpflicht, nachdem die Aufsichtsbehörde Rospotrebnadzor diese offiziell verordnete – und in den Flughäfen wird ab und zu zum Masken- und Handschuhtragen per Lautsprecher aufgefordert und vor möglichen Strafen gewarnt. Doch auch im Flughafen machen viele Menschen ihrer Masken-Anarchie Luft und tragen sie nur wieder, wenn sie von der Kontrolle darum gebeten werden. Also nicht ständig und nur sehr selten andere Arten, als eine einfache OP- oder Stoffmaske.
„Ich habe wirklich versucht, eine Maske dort zu tragen, wo es Sinn machte: bei großen Menschenmengen oder in der U-Bahn, geschweige denn bei der Arbeit, wo die Maßnahmen bei uns strikt kontrolliert werden“, erzählt die 30-jährige gebürtige Sankt-Petersburgerin Anastassia aus der häuslichen Quarantäne, wo sie sich seit einer Woche mit einer Corona-Infektion befindet. Sie hatte halt alles: Geschmacksverlust, Temperatur, Schwäche – und einen positiven Test. „Wo es nur sehr wenige Menschen gab, auch im Bus, – habe ich manchmal keine getragen – wozu denn? Wir hatten wirklich viel Angst zu Beginn der Pandemie bis zum Juni letzten Jahres und haben sie überall ordentlich getragen.“
Keine Einigkeit über den Nutzen – und ein Stück Mentalität
Anastassia sieht sich nicht als Corona-Leugnerin, denn sie nehme das Virus „schon ernst genug“. Sie kenne aber auch Menschen, die leider wirklich nicht an Corona glauben und überhaupt keine Rücksicht auf die anderen nehmen würden. „Ich habe den Eindruck, dass die Russen eher der Meinung sind, dass man mit einer Maske nur die anderen vor sich selbst schützt und nicht sich selbst vor einer Infektion“, sagt sie weiter. „Besonders wenn man krank ist und ohne Maske, dann noch niest und hustet, ist es völlig respektlos gegenüber den Mitmenschen. Das kann ich nicht akzeptieren.“ Jedoch könne sie den meisten Russen nicht das Gefühl absprechen, dass die Masken einen nicht wirklich schützen und man sich früher oder später trotzdem infizieren könne.
Eine Umfrage des russischen Reiseportals Tutu.ru zeigte im März, dass die Mehrheit der Russen nicht an die Masken glaubt, weil diese aus ihrer Sicht nicht vor Viren schützen. Über den Nutzen der Masken gibt es auch in Expertenkreisen keine Einigkeit. Psychologen erklären die sinkende Bereitschaft zum Maskentragen damit, dass die Menschen es satt hätten, ständig Angst vor dem Coronavirus zu haben. Eine Vernachlässigung der persönlichen Schutzausrüstung könne jedoch zu einer Verschlechterung der epidemiologischen Situation führen, warnen Mediziner. Experten der Russischen Akademie der Wissenschaften erklären ihrerseits unter Berufung auf eigene Studien, dass die Masken gerade vor Coronavirus kaum schützen würden und das Abstandhalten viel wichtiger sei.
„Vielleicht ist es einfach unsere Null-Bock-Mentalität, die Nicht-Rücksichtnahme in dem Sinne, wenn es einem schon vorbestimmt wurde, sich zu infizieren, dann kann man dem Schicksal halt nicht entgehen“, sagt Anastassia dazu. Die Aufgabe sei es dann, nicht in der Spitzenzeit der Infektionen zu erkranken. Dabei könne sie bestätigen, dass im Herbst die Klinik, wo sie mit einer anderen Krankheit gelegen habe, sehr streng auf die Schutzmaßnahmen geachtet habe. „Jetzt kannst du sie den Menschen auf der Straße nicht aufzwingen. Das kann auch der Staat nicht und es hat wohl nichts mit dem Staat zu tun, die Menschen sind einfach so.“ Und es gelte allerdings: Wer sich persönlich besser schützen wolle, könne sich impfen lassen. Für die anderen könne man aber nicht entscheiden."
Quelle: SNA News (Deutschland)