Kosovo-Organhandel: Hinweise führen zu Clan des Premiers und albanischen Behörden
Archivmeldung vom 07.03.2019
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach Angaben der serbischen Regierungskommission für Vermisste gelten 1.658 Menschen seit 1998 als vermisst. Insgesamt sind während und nach dem Konflikt in Kosovo und Metochien rund 5.800 Menschen als vermisst gemeldet. Der Vorsitzende des Kosovo-Metochien-Ausschusses im serbischen Parlament, Milovan Drecun, berichtet.
Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" schreibt weiter: "Laut serbischen Behörden begannen die Entführungen im Kosovo im Jahr 1998, entführt wurden vor allem serbische Zivilisten und andere Nicht-Albaner. Unter den Vermissten sind rund 540 Serben.
Zur Untersuchung der Vorfälle wurden das Internationale Sondergericht und die Sonderstaatsanwaltschaft für Verbrechen im Kosovo 1998-1999 gegründet, die erst im Juli 2017 ihre Bereitschaft erklärten, die Arbeit aufzunehmen. Ausgangspunkt ihrer Handlungen war der Bericht des Europarat-Sonderermittlers Dick Marty im Jahr 2010 zu den Verbrechen der terroristischen Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK). Zu ihren schwersten Delikten gehören Drogenhandel, Entführungen und Organhandel. Sonderstaatsanwalt Jack Smith besuchte Ende Oktober 2018 Priština, allerdings wurde bislang keine einzige Klage erhoben. Über die Position der serbischen Behörden und die Aussichten eines Gerichtsprozesses spricht der Vorsitzende des Ausschusses für Kosovo und Metochien im serbischen Parlament, Milovan Drecun.
Über welche Angaben über Vermisste verfügt Ihre Arbeitsgruppe zur Untersuchung der Verbrechen im Kosovo und Metochien beim Parlamentsausschuss für Kosovo und Metochien?
Unsere Arbeitsgruppe schuf eine einheitliche Datenbank über die Verbrechen der terroristischen Befreiungsarmee des Kosovo in den Jahren 1998-1999 und 2000. Dabei waren unsere Staatsorgane nach Ankunft der Internationalen Kräfte im Kosovo Mitte 1999 bei der Fixierung der Verbrechen und Beweise stark eingeschränkt. Doch wir legten eine einheitliche Datenbank an, systematisierten sie nach Zuständigkeitsbereichen, wie die Befreiungsarmee des Kosovo organisiert wurde, nach den Verbrechensarten – Morde, Folter, illegale Festnahmen, Vergewaltigungen. Damit erledigten wir einen großen Teil der Arbeit, natürlich widmeten wir auch dem illegalen Organhandel Aufmerksamkeit.
Zuvor hatten wir einige Berichte offen gelegt, die wir von internationalen Missionen bekamen. Es handelt sich um vorläufige Angaben, die von der United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK) und ihren Einheiten erhalten wurden. Zum Beispiel Informationen aus einem Bericht über die Begutachtung eines Objektes südlich der albanischen Stadt Burrel der Ermittlungsgruppe des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien. Sie stellten fest, dass in diesem so genannten „gelben Haus“ Blutspuren zu finden sind. Es waren auch andere Beweise entdeckt worden (Geschirr und medizinische Instrumente – Anm.), was der erste Beweis für den Organhandel war.
Wir verfügen auch über einen Bericht über ein Treffen des Chefs der Vertretung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien in Priština und Skopje mit dem Direktor der Justizabteilung der UNMIK. Es handelt sich um ein Treffen von Amon Smith mit Patrick Lopez-Terres am 30. Oktober 2003, bei dem es um illegalen Organhandel ging und Informationen, Materialien und Ermittlungshandlungen der UNMIK erwähnt wurden.
Dort steht, dass diese Angaben für geheim erklärt wurden, und es einige albanische Augenzeugen gibt, die darüber detailliert sprachen, wie sie teilweise am Organhandel beteiligt waren. Meines Erachtens sind es sehr wertvolle Materialien, die direkt auf die Beteiligung vieler hinweisen — darunter die Behörden in Albanien, wo das alles geschah, Mitarbeiter der albanischen Sicherheitsdienste und der Polizei.
Verwickelt sind auch Mitglieder des Clans des kosovarischen Premiers Ramush Haradinaj und des Parlamentsabgeordneten Daut Haradinaj, die Drenica-Gruppe der kosovarischen Befreiungsarmee des Präsidenten Hashim Thaci, die damalige Führung Albaniens und ihre Sicherheitsdienste; beispielsweise der Chef des albanischen Geheimdienstes Bashkim Gazidede, Mitglieder des Aufklärungsdienstes der terroristischen Befreiungsarmee des Kosovo, die von Kadri Veseli (Parlamentsvorsitzende des selbsternannten Kosovo), geleitet wurde. Es gibt ausreichend Materialien, damit das Tribunal in Den Haag sich ernsthafter mit der Wahrheit über die Vermissten befassen hätte können, besonders jener, die zur Organentnahme entführt wurden.
Unsere Arbeitsgruppe machte eine große Arbeit, doch Serbien sind in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. Wir können keine Untersuchungen in Albanien und Kosovo und Metochien durchführen, um neue Informationen zu bekommen.
Haben Sie die gesammelten Angaben an internationale Strukturen weitergegeben, darunter an das Sondergericht für Verbrechen im Kosovo? Wie ist das weitere prozessuale Schicksal dieser Materialien?
Wir haben Kontakt zur Sonderstaatsanwaltschaft aufgenommen, die Klage gegen die Mitglieder der terroristischen Befreiungsarmee des Kosovo bezüglich der Verbrechen im Kosovo und Metochien erheben kann. Wir haben begonnen, mit ihnen zu kooperieren, um die Wahrheit herauszufinden und die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen.
Das Problem besteht darin, dass die Sonderstaatsanwaltschaft und das Sondergericht nach Gesetzen gegründet wurden, die in Priština von einem illegalen Staat verabschiedet wurden, der von Serbien nicht anerkannt wird, weshalb die Zusammenarbeit am Anfang im neutralen Rahmen erfolgt. Jetzt müssen wir ein rechtliches Modell für das Zusammenwirken mit der Sonderstaatsanwaltschaft finden. Das wird offenbar via EU-Mechanismen erfolgen.
Doch zuallererst sollte man mit einer maximalen Menge an Informationen ziemlich starken Einfluss ausüben, damit sich die Sonderstaatsanwaltschaft nicht weigert, gegen die Mitglieder der kosovarischen Befreiungsarmee Klage zu erheben. Wir legten ihnen die Datenbank sowie Dokumente vor, die in den Kommandostellen der Befreiungsarmee des Kosovo zwischen 1998 und 1999 sichergestellt wurden. Auf dieser Grundlage kann eine organisatorische Struktur sowie die Tatsache festgestellt werden, wer welchen konkreten Posten in der Kommandostruktur innehatte.
Das ist von entscheidender Bedeutung für die Feststellung der Verantwortung, damit gegen die ehemaligen Führungsmitglieder der Befreiungsarmee des Kosovo – Thaci, Agim Ceku, Kommandeure der operativen Zonen und Brigaden — Klagen erhoben werden. Somit kann sich Haradinaj nicht dagegen absichern, dass er nicht unter den Angeklagten ist, obwohl er zuvor durch den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien freigesprochen worden war.
Wir stellten anschaulich die Schwere der verübten Verbrechen dar, und die Sonderstaatsanwaltschaft war sehr zufrieden mit den übergebenen Informationen. Natürlich haben wir die Beweise selbst, die uns zur Verfügung stehen, nicht gegeben. Das können wir erst nach der Bestimmung der rechtlichen Grundlagen für die Zusammenarbeit machen. Nun wissen wir ausgehend von ihrem Interesse, welche Verfahren sie untersuchen werden, doch ich kann das jetzt nicht offenlegen.
Kann man die Fristen für die Erhebung der ersten Klagen schon prognostizieren?
Es wurden spezielle Richterkollegien gebildet, die Sonderstaatsanwaltschaft funktioniert bereits seit mehreren Jahren. Es wurden Anwälte der Verteidigung ernannt, entsprechende Listen erstellt, sowie die der Anwälte der Kläger. Im Unterschied zum Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien werden die Interessen der Kläger nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von Anwälten vertreten. Es wurden formelle Bedingungen geschaffen, die EU stellte Finanzmittel bereit, das Gericht befindet sich nicht im Kosovo. In diesem Sinne sind alle formellen Bedingungen geschaffen worden, jetzt wird die Erhebung der Klagen erwartet.
Ausgehend von unseren Kontakten mit der Sonderstaatsanwaltschaft sind wir jetzt in der entscheidenden Phase, wenn sie darüber entscheiden, ob Klage erhoben wird oder nicht. Das hängt vor allem von der Zahl und der Qualität der gesammelten Beweise zu den Verbrechen ab. Nach dem Beschluss der Sonderstaatsanwaltschaft zur Erhebung der Klagen können wir erwarten, dass es gemacht wird. Jedenfalls nähern wir uns der Schlussphase dieses Prozesses an."
„Menschen verschwunden, als UN und Nato da waren“
Einen Tag zuvor hatte sich schon der Vorsitzende des Verbandes der Familien von Entführten und Vermissten im Kosovo, Milodar Trifunovic, in einem Interview bei RIA Novosti und Sputnik zu der Angelegenheit geäußert.
Auf der deutschen Seite von "Sputnik" wurden dazu folgende Fragen und Antworten veröffentlicht: "Wie hoch ist die Zahl der Vermissten, über die Ihr Verband verfügt?
Unser Verband, der noch 1999 gegründet wurde, hat Informationen über 941 Vermisste gesammelt. Dabei geht es nicht nur um Serben, sondern auch um Roma und 21 Albaner. Das sind Menschen im Alter zwischen 16 und 82 Jahren, vor allem Männer von 25 bis 45 Jahre. Das waren Menschen in der Blüte ihrer Jahre. Wir kennen ihre Namen, Geburtstage sowie die Orte und Zeitpunkte, wo bzw. wann sie verschwunden sind. Diese Angaben wurden überprüft und dem regionalen Komitee des Roten Kreuzes überlassen.
Wann verschwanden diese Menschen?
Etwa 20 Prozent von ihnen werden seit 1998 vermisst. Und schon nach der Unterzeichnung des technischen Abkommens über die Einstellung des bewaffneten Konflikts 1999 in Kumanovo sind die restlichen 80 Prozent der Serben und aller anderen Menschen im Kosovo und in Metochien verschwunden, als es dort bereits internationale UN- und dann auch Nato-Kräfte gab. Sie waren gekommen, um die Verantwortung für Frieden und Sicherheit zu übernehmen, aber gerade in dieser Zeit sind im Kosovo und in Metochien 80 Prozent dieser Menschen verschwunden, vor allem Serben.
Gibt es Zeugenaussagen darüber, wie diese Menschen verschwanden?
Eine der ersten war die Massenentführung von neun Bergarbeitern in Belacevac unweit von Obilic am 22. Juni 1998 gegen 7.00 Uhr. Das passierte auf dem Parkplatz vor dem Betrieb, wohin diese Menschen mit ihren Autos gekommen waren. In ihren eigenen Autos wurden sie auch in eine unbekannte Richtung weggebracht. Einer von ihnen war mein Bruder Miroslav. Er wurde von Personen in der Uniform der Befreiungsarmee Kosovos und auch ohne Uniform gekidnappt. Seit dieser Zeit wurden Menschen immer wieder entführt.
Wurden die verschwundenen Bergarbeiter wieder entdeckt?
Wir hatten Informationen, dass ihre sterblichen Überreste sich in einer privaten Kohlengrube unweit des Dorfes Zilivode befunden hätten. Ein Albaner, den wir nicht nennen werden, teilte mit, dass sie dort begraben worden wären. Wir verlangten vom internationalen KFOR-Kontingent, sie wieder auszugraben, bekamen aber einen Anruf von unserem Informanten, dass zwar gegraben wurde, aber in einem falschen Ort. Wir benachrichtigten die internationalen Ermittlungsorgane, doch sie antworteten, Informationen aus drei verschiedenen Quellen zu haben. Das dauerte seit 2010 und ungefähr vier Jahre lang – mit einer Pause im Winter. Das war ein wirklich schwer zugänglicher Abschnitt, wo es bei starkem Regen zu Schlammströmen kommt. Und es wurde beschlossen, dass es dort nichts gab. Aber einen Tag zuvor passierte dort ein Brand, der zwei Tage dauerte. Deshalb vermuten wir, dass dort etwas entdeckt worden war, was verbrannt werden musste.
Könnte ein Teil der Vermissten Ihres Erachtens entführt worden sein, um ihnen Organe zu stehlen?
Natürlich vermuteten wir das. Denn die meisten Gekidnappten waren noch jung. Als 1999 Bernard Kouchner zum Leiter der UN-Administration ernannt wurde, hatte man Fragen an ihn als einen der Mitbegründer der internationalen Organisation „Ärzte ohne Grenzen“. Als er von Journalisten gefragt wurde, ob er über den Handel mit menschlichen Organen etwas wüsste, antwortete er erbost: „Sind Sie wahnsinnig?! Was für Organhandel?!“
Wir suchen weiterhin nach 572 von insgesamt 941 Menschen, die auf unserer Liste stehen. Und die Überreste von 371 Menschen haben wir nach einer DNA-Analyse, bei der 99,9 Prozent der Proben übereinstimmten, ihren Familien überlassen. Es geht dabei um Menschen, deren Überreste auf dem ganzen Territorium Kosovos und Metochiens entdeckt wurden.
Aber jetzt wurde die ganze Arbeit auf Eis gelegt. 2016 wurde kein einziger Leichnam exhumiert, und die Verwandten von keinem einzigen Opfer haben die sterblichen Überreste zurückbekommen. 2017 wurde nur ein Leichnam Verwandten überlassen – von insgesamt 430 Leichen, die nicht identifiziert werden konnten und in einem Obduktionsgebäude in Pristina aufbewahrt werden. Nach dem Krieg wurden viele Menschen ohne DNA-Analysen begraben – bei manchen von ihnen wurden lediglich ihre Sachen erkannt. Und wir vermuten, dass viele unter falschen Namen begraben wurden. Wir initiierten eine Überprüfung, aber die kosovarischen bzw. albanischen Behörden kommen uns kaum entgegen. Im vergangenen Jahr wurde nur eine Ausgrabung von sterblichen Überresten bei Djakovica organisiert, wobei sieben Leichen gefunden wurden. Wir haben noch keine Ergebnisse der DNA-Tests bekommen, aber höchstwahrscheinlich sind das die Leichname von gekidnappten Serben.
Arbeiten Sie mit den Missionen der UNO (UNMIK), der EU (EULEX) oder mit den Behörden der selbsternannten Republik Kosovo zusammen?
Ich muss ehrlich sagen: Wir wären bereit, auch mit diesen Teufeln zusammenzuarbeiten – nur um die Wahrheit über unsere Nächsten zu erfahren. Wir verstehen, dass niemand von ihnen überlebt hat, aber jede Familie will ihre Verwandten würdig beerdigen. Am Samstag, dem 2. März, hatten wir den Gedenktag an Verstorbene, und alle gingen zu Friedhöfen. Aber wo könnten wir Kerzen zum Gedenken an unsere vermissten Nächsten hinstellen? Das ist jedes Mal einer der schwersten Tage für jeden von uns.
Bis Juni 2018 hatte sich die EULEX-Mission mit solchen Ermittlungen beschäftigt. Seit Juni wurde ihr Mandat aber verändert, und jetzt ist das eine Beobachtungs- bzw. Empfehlungsmission, und mit allen solchen Fällen befassen sich die kosovarischen bzw. albanischen Rechtsschutzorgane.
Jetzt gibt es zwei Kommissionen für die Suche nach Vermissten – in Pristina und Belgrad. Früher arbeiteten sie durchaus erfolgreich zusammen und tun das auch jetzt, aber jetzt gibt es politische Beschränkungen. Die kosovarische Kommission bezeichnet sich als „Regierungskommission“, und das ist ein Problem für ihr Zusammenwirken mit den serbischen Behörden. Dem Vorsitzenden der Belgrader Kommission, Velko Odalovic, wurde vor zwei Wochen die Einreise auf das Territorium Kosovos verboten.
Im März soll eine Sitzung der Arbeitsgruppen stattfinden, und wir werden noch sehen, ob sie tatsächlich stattfindet. Wir haben alle Informationen über mutmaßliche Bestattungsorte weitergeleitet, aber die Behörden im Kosovo tun nichts, um die Leichen auszugraben.
Beschäftigen sich regionale und internationale Strukturen mit Ermittlungen zu Entführungen im Kosovo?
Wir vermuten, dass alle Feldkommandeure in sieben operativen Zonen der kosovarischen Befreiungsarmee damit verbunden waren. Wir kennen ihre Namen. Noch 2002 hatten wir Informationen über 574 Vermisste der Militärstaatsanwaltschaft in Belgrad überlassen. Sie leitete diese Angaben an den Internationalen Gerichtshof für Ex-Jugoslawien in Den Haag weiter.
Vor fünf Jahren wurde ein Spezialgericht für Verbrechen während des Kosovo-Konflikts gegründet, das ebenfalls in den Niederlanden sitzt. Es arbeitet auch – wir trafen uns mit Vertretern der niederländischen Staatsanwaltschaft in Den Haag. Das Gericht arbeitet nach den kosovarischen Gesetzen, aber daran beteiligen sich auch Bürger von anderen Staaten. Wir haben Informationen, dass sie schon zwölf einstige Mitglieder der kosovarischen Befreiungsarmee verhört hätten. Leider flog einer von ihnen (Suleiman Selimi) nach Den Haag und zurück mit einem Flugzeug der Regierung der selbsternannten Republik, und nach der Rückkehr wurde er zum Berater des kosovarischen Premiers Ramush Haradinaj ernannt.
Wir sind überzeugt, dass mit Menschenorganen gehandelt wurde, was unter anderem ein Bericht des EU-Abgeordneten Dick Marty aus dem Jahr 2010 bestätigte. Die PACE hat seinen Bericht akzeptiert.
Aktuell sind von 176 Familien der im Kosovo verschwundenen Opfer nur fünf Eltern am Leben geblieben. Alle anderen sind alleinerziehende Mütter (inzwischen schon Großmütter), die etliche soziale und materielle Probleme haben. Sie kämpfen praktisch ums Überleben, und wir kämpfen gemeinsam mit ihnen auch darum, unsere Nächsten zu finden, genauer gesagt ihre sterblichen Überreste.
Wurden bei der Exhumierung Leichen entdeckt, an denen zu sehen wäre, dass ihre Organe entnommen worden wären?
20 Jahre danach kann das nicht mehr festgestellt werden. Es sind ja nur Knochen geblieben und nichts mehr. Aber es gibt Versionen, dass es in Albanien mehrere Kliniken gegeben haben könnte, die sich auf Transplantation von Menschenorganen spezialisierten. Es gibt Informationen bzw. Vermutungen, dass unsere Landsleute nach Albanien und Mazedonien gebracht wurden, wo ihnen ihre Organe entnommen und sie selbst getötet wurden.
Deshalb rechnen wir vor allem mit dem Spezialgericht in Den Haag, damit, dass es unsere Fragen beantworten wird. Aber es gibt noch ein Problem: den Schutz der Augenzeugen. Sie sind ja das Schlüsselelement in unserem Fall. Als Mitglieder des Verbandes der Familienmitglieder vermisster Personen dürfen wir nicht unsere Informationsquellen nennen, weil unsere Verwandten schon definitiv tot sind. Aber was passiert mit ihnen und mit ihren Familien? Deshalb befinden wir uns quasi zwischen Hammer und Amboss, wenn es um Augenzeugen geht.
Außerdem hat die Sonderstaatsanwaltschaft beim Internationalen Gericht ihre Juristenlisten, und diese Juristen werden unsere Interessen vertreten. Und man sagt, dass wir unsere Vertreter für diesen Prozess nicht selbst wählen können. Und jetzt haben wir auch erfahren, dass der frühere Chefrichter des Internationalen Gerichtshofs für Ex-Jugoslawien, Theodor Meron, der damals die Serben verurteilte, jetzt die Interessen der Albaner vertreten wird. Deshalb fühlen wir uns wie Menschen fünfter Klasse. Als wäre die ganze Welt gegen uns."
Quelle: Sputnik (Deutschland)