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Politiker fordern stärkeren deutschen Beitrag zur Lösung der Irak-Krise

Archivmeldung vom 11.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Philipp Mißfelder / Bild: Jacquez, de.wikipedia.org
Philipp Mißfelder / Bild: Jacquez, de.wikipedia.org

Vor dem Hintergrund der US-Angriffe auf die radikalen ISIS-Islamisten im Irak fordern Politiker einen stärkeren deutschen Beitrag zur Bewältigung der Krise. "Deutschland sollte vor allem solidarisch mit den Kurden sein", sagte der CDU-Außenpolitik-Experte Philipp Mißfelder der "Bild-Zeitung". "Sie retten und schützen jeden Tag sehr viele Christen und andere verfolgte Gruppen. Deshalb sollte Deutschland die kurdische Regierung stärker unterstützen, damit sie mehr Rechte bekommt."

Die humanitäre Hilfe müsse sofort erhöht werden. "Außerdem sollten wir die Hilfsorganisationen besser ausstatten, die in den Kurdengebieten Hilfe leisten." Auch der Grünen-Politiker Omid Nouripour ruft die Bundesregierung zu mehr Engagement auf. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wirft er vor, er habe sich beim Thema Irak "in die Büsche geschlagen". Zu "Bild" sagte er: "Auch wenn die Amerikaner im Irak viel falsch gemacht haben, ist ISIS auch unser Problem. Die Bundesregierung muss mithelfen, diese Mörder zu stoppen und den Irakis zu helfen."

Röttgen fordert Regierung zu Revision ihrer Haltung in Irak-Krise auf

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre passive Haltung in der Irak-Krise grundlegend zu revidieren. Deutschland müsse sich zusammen mit der Europäischen Union "aktiv dafür einsetzen, dass der Terrororganisation IS innerhalb des Irak und in der Region die politische Unterstützung entzogen wird", sagte Röttgen der "Welt am Sonntag".

Nach Auffassung des CDU-Politikers soll den "um ihr Leben rennenden Menschen vorübergehend in Deutschland Zuflucht gegeben werden, bis sich die Lage verbessert". Soweit möglich, solle im Irak humanitäre Hilfe geleistet werden. Röttgen bezeichnete den Militärschlag der USA gegen die Extremistengruppe Islamischer Staat (IS) im Nordirak als "geeignet und notwendig, um Massenmorde und massenhafte Zerstörung zu verhindern". Aus Verantwortung gegenüber den vom tödlichen Terror bedrohten Menschen "sollten wir uns mit den USA solidarisch zeigen".

Den Vorschlag des CDU-Außenpolitikers Karl-Georg Wellmann, die kurdische Armee mit Waffen auszustatten, wies Röttgen scharf zurück. "Waffenlieferungen Deutschlands in einer akuten militärischen Konfliktsituation würden eindeutig gegen die Richtlinien für Waffenexporte verstoßen und zudem in keiner Hinsicht einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten", sagte er.

Grünen-Chef Cem Özdemir nannte die US-Luftschläge im Nordirak "angesichts der unvorstellbaren Grausamkeit und Gefahren durch die IS-Kämpfer nachvollziehbar". Er habe auch Verständnis, wenn die USA die kurdischen Kämpfer "mit Waffen unterstützen, damit sie sich gegen die IS verteidigen können". Die Weltgemeinschaft dürfe nicht zulassen, dass die Jahrtausende alte Existenz von Jesiden und Christen in der Region ende, sagte Özdemir der "Welt am Sonntag". Und wenn Berlin und Brüssel um Unterstützung gebeten würden, "muss auch dort geprüft werden, wie ein Beitrag über die bestehende humanitäre Hilfe hinaus aussehen kann". Zunächst müsse aber sichergestellt werden, dass IS-Anhänger nicht Jesiden in Deutschland bedrohen könnten.

Der Parteivorsitzende wies auch auf Gefahren durch IS-Terroristen hin, die nach Deutschland zurückkehrten: "Wer sich in Syrien und Irak an Aktivitäten der IS beteiligt hat, muss mit den Mitteln des Rechtsstaats zur Rechenschaft gezogen werden."

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, sagte der "Welt am Sonntag", er halte das "begrenzte amerikanische Engagement für gerechtfertigt und vertretbar". Eine weitere militärische Ausstattung der kurdischen Armee lehnte Mützenich allerdings ab: "Im Irak herrscht kein Mangel an Kriegsgerät, sondern ein Mangel an politischen Initiativen."

Der SPD-Außenexperte sprach sich für die Bildung einer neuen Regierung im Irak aus, die "alle repräsentativen Kräfte des Iraks aufnimmt". Deutschland solle auf das "Ziel einer breiten Regierungsbildung unter Wahrung der Integrität des Irak hinarbeiten".

Parteiübergreifender Aufruf fordert Nothilfe für Verfolgte im Irak

Ein breites Bündnis aus Politik, Menschenrechtlern, Religionsgemeinschaften und Künstlern hat die Bundesregierung aufgefordert, humanitäre Soforthilfe für die im Irak verfolgten Christen, Jesiden und andere religiöse Minderheiten auf den Weg zu bringen. "Der Vormarsch der radikal-islamischen Terrororganisation `Islamischer Staat` (IS) bedroht das Leben zehntausender Menschen im Irak", heißt es in dem offenen Brief, der unter anderem von Bundes- und Landespolitikern aus CDU, SPD, Grünen, FDP und Linkspartei unterzeichnet worden ist, berichtet die "Welt".

Insbesondere die religiösen Minderheiten der Region wie Christen und Jesiden stünden einem drohenden Völkermord gegenüber. Zehntausende Flüchtlinge benötigten dringend Wasser, Essen und Medizin. Die Unterzeichner, zu denen auch Menschenrechtler und Künstler gehören, warnten vor einer humanitären Katastrophe.

"Wir - die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses offenen Briefes - fordern die Bundesregierung auf, sofortige humanitäre Hilfsmaßnahmen für die Flüchtlinge im Sindschar-Gebirge und in den kurdischen Gebieten Syriens in die Wege zu leiten", heißt es laut "Welt" in dem Schreiben. "Die bisherigen Anstrengungen des Auswärtigen Amtes müssen deutlich ausgeweitet werden." Jedes weitere Warten haben fatale Folgen für die unschuldige Zivilbevölkerung. "Wir müssen jetzt handeln."

Zu den Unterzeichnern der Zeitung zufolge gehören der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer, der CDU-Parlamentarier Heribert Hirte, die Linkspartei-Abgeordente Ulla Jelpke und zahlreiche Abgeordnete aus mehreren Landtagen sowie Vertreter armenischer, jesidischer, jüdischer und alevitischer Organisationen sowie von Menschenrechtsorganisationen. Telim Tolan, der Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden in Deutschland, appellierte ebenfalls an die Bundesregierung, ihre Hilfe für die verfolgten Jesiden im Nordirak auszubauen. "Wir bitten die Bundesregierung, dass sie ihr technisches Know-How, ihre Logistik, Lebensmittel und ihre finanziellen Mittel zur Verfügung stellt", sagte Tolan der "Welt". Vor allem die Flüchtlingslager in den autonomen kurdischen Gebieten und in der Türkei seien auf Soforthilfe angewiesen.

Tolan gab sich zuversichtlich, dass die US-Luftschläge dazu beitragen werden, die Situation der in der Schingal-Region eingekesselten Jesiden zu verbessern. "Die Luftangriffe zeigen Wirkung", sagte Tolan. Es seien Korridore entstanden, durch die schon 10.000 bis 20.000 Menschen aus den Bergen fliehen konnten.

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, fordert harte Strafen, wenn Islamisten hierzulande gegen Gesetze verstoßen. "Ich bin der Meinung, dass eine gesetzliche Änderung im Aufenthaltsrecht dahingehend vorgenommen werden soll, dass der Missbrauch der Demonstrations- und Meinungsfreiheit zu gewalttätigen und antisemitischen oder volksverhetzenden Aktionen zum Entzug des Aufenthaltsrecht führen kann", sagte der CSU-Politiker der "Welt".

Steinmeier befürwortet US-Eingreifen im Irak

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) befürwortet die US-Luftangriffe im Irak. "Angesichts der humanitären Katastrophe unterstützen wir das gezielte Eingreifen der USA. Auch um den weiteren Vormarsch der ISIS in Nordirak aufzuhalten, sind die US-Maßnahmen wichtig", so Steinmeier am Sonntag. Das Vorgehen der Kämpfer der radikalislamischen Gruppierung "Islamischer Staat" (IS) verurteilte er scharf. Dieses übersteige alles, "was wir bisher an Schreckensszenarien in der Region kannten."

Die ISIS-Terroristen würden "alles und jeden" vernichten, der nicht in ihr Weltbild passe. Gegenwärtig hätten darunter vor allem Jesiden, Christen und andere religiöse Minderheiten zu leiden. Auch den hunderttausenden nach Kurdistan geflüchteten Menschen müsse geholfen werden.

Er stehe in Kontakt mit dem Präsidenten der Region, Masoud Barzani, um zu sehen, wie Deutschland Unterstützung anbieten könne, so Steinmeier. Für Nothilfemaßnahmen seien zudem gerade weitere 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden. Der Außenminister betonte jedoch, dass der Irak langfristig nur durch eine Verständigung zwischen den politischen Kräften und eine handlungsfähige Regierung stabilisiert werden könne. Die Regierung müsse dabei alle Bevölkerungsgruppen repräsentieren.

Gysi macht USA für Eskalation im Irak verantwortlich

Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, hat die USA für die aktuelle Eskalation der Lage im Irak verantwortlich gemacht. "Wir hätten den ganzen Krieg der ISIS - was eine Katastrophe ist - nicht, wenn es nie den Krieg gegen den Irak gegeben hätte", sagte Gysi im Sommerinterview des "Bericht aus Berlin".

Kriege lösten die Probleme der Menschen nicht, sondern führten zu einer Zuspitzung. Saddam Hussein sei schlimm gewesen, "aber die Situation - ist die jetzt besser?" Nun müsse darüber nachgedacht werden, wie Kurden und andere in die Lage versetzt werden könnten, sich gegen die Kämpfer des "Islamischen Staats" zur Wehr zu setzen. "Wir müssen lernen, rechtzeitig die demokratischen Kräfte zu unterstützen - auch Befreiungsbewegungen", so Gysi weiter.

EU besorgt über Menschenrechtsverletzungen im Irak

Die Europäische Union hat sich besorgt über die wachsende Zahl von Menschenrechtsverletzungen im Irak gezeigt. Die anhaltenden Angriffe von bewaffneten Gruppen wie dem "Islamischen Staat" (IS) trieben Hunderttausende Menschen in die Flucht, heißt es in einer am Sonntag veröffentlichten Erklärung des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Einige der Übergriffe könnten Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, die eine rasche Untersuchung erforderten. Die EU sicherte weitere Hilfen für die Zivilbevölkerung zu, die von einer raschen Verschlechterung der humanitären Lage betroffen sei. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, dass Deutschland weitere 1,5 Millionen Euro für Nothilfemaßnahmen bereitgestellt habe.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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