Wie Russland die US-amerikanische Drohne bergen könnte
Archivmeldung vom 17.03.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.03.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie USA sind besorgt über den Verlust der MQ-9-Drohne, die ins Schwarze Meer abgestürzt ist. Indessen gab Moskau bekannt, die Drohne bergen zu wollen. Welche technischen Möglichkeiten hat Russland dafür und welche Erkenntnisse könnten aus der geborgenen Drohne gewonnen werden? Dies analysiert Nikolai Guljajew im Magazin "RT DE".
Weiter analysiert Guljajew auf RT DE: "Wir haben alles getan, um den Wert der abgestürzten MQ-9 im Hinblick auf Aufklärungsdaten zu minimieren. Doch wir sind nicht sicher, dass wir dieses Gerät jemals bergen können", erklärte der Kommunikationsdirektor des Sicherheitsrats des Weißen Hauses, John Kirby.
Damit gab die Führung der USA zu verstehen, dass sie die Gefahr sehr ernst nimmt, dass die Drohne "in fremde Hände" gerät, beispielsweise die Hände der russischen Militärangehörigen. Ihre Sorgen wurden von Russlands offiziellen Vertretern sogleich bestätigt.
"Russland wird versuchen, die Überreste der ins Schwarze Meer abgestürzten US-amerikanischen Drohne zu bergen", erklärte der Leiter des russischen Sicherheitsrats, Nikolai Patruschew. Es gibt Gründe anzunehmen, dass die eigentlichen Bergungsarbeiten noch am 14. März direkt nach dem Zwischenfall mit der MQ-9 begannen. In einer Reihe von Telegram-Kanälen erschienen Gesprächsaufzeichnungen von russischen Seeleuten, die sich an der Suche nach der Drohne beteiligen.
Die MQ-9 stürzte in unmittelbarer Nähe der Krimküste ab, doch die genauen Koordinaten wurden bisher nicht veröffentlicht. Wäre es anzunehmen, dass die USA eine spezielle Aktion zu ihrer Bergung durchführen könnten? Mit großer Wahrscheinlichkeit nein, und genau davon zeugt im Grunde das Geständnis des Sprechers des Weißen Hauses.
Erstens sind für eine Unterwasseroperation einer solchen Art spezielle Schiffe mit entsprechender Ausrüstung notwendig. Natürlich verfügen die USA darüber, doch handelt es sich um Kriegsschiffe, für die ein Passieren des Bosporus während Kampfhandlungen gemäß dem Vertrag von Montreux verboten ist. Dies bedeutet, dass US-Schiffe nicht ins Schwarze Meer gelangen können.
Zweitens kann Russland mit großer Wahrscheinlichkeit die Bergungsarbeiten früher als die USA organisieren. Die technischen Möglichkeiten dafür existieren, sagte Patruschew.
Der Korvettenkapitän a. D. Maxim Klimow erklärte der Zeitung Wsgljad:
"Ich vermute, dass sich die abgestürzte US-amerikanische Drohne in einer Tiefe von etwa einem Kilometer befindet. Russland verfügt tatsächlich über Unterseeapparate, die sie bergen könnten – natürlich nicht komplett, doch Wrackteile können mit großer Wahrscheinlichkeit gefunden werden. Beispielsweise ist das Unternehmen 'Juschmorgeologija', das durch die Bergung der Blackbox der über dem Schwarzen Meer verunglückten Tu-154 bekannt ist, dazu in der Lage."
In Russland gibt es mehrere Unternehmen, die über autonome unbemannte Geräte verfügen, die in den Tiefen des Schwarzen Meeres, also bis zu dreitausend Meter tief, arbeiten können.
Auch staatliche Strukturen haben solche Geräte, beispielsweise das Katastrophenschutzministerium, die Marine und die Hauptverwaltung für Tiefseeforschungen (GUGI). Über das Vorhandensein der technischen Möglichkeit, die Drohne zu bergen, sprach auch das Oberhaupt des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergei Naryschkin.
Spezialisten für Tiefseeforschungen, die von der Zeitung Wsgljad befragt wurden, bemerkten, dass in technischer Hinsicht die Hauptschwierigkeit nicht im Bergen, sondern im Auffinden der Drohne oder ihrer Wrackteile bestehe. Selbst wenn ihr Absturzort genau bekannt sei, befinde sich der Punkt des Meeresbodens, an dem die MQ-9 inzwischen liege, etwas abseits. Für Bergungsarbeiten müssen Meeresströmungen berücksichtigt und vor allem spezielle Geräte, die mit Unterwasserortungsanlagen ausgerüstet sind, eingesetzt werden.
Es bleibt nur noch die Frage: Wozu die Drohne überhaupt bergen? Lohnt es sich, denn die Bergungsarbeiten können ziemlich kostspielig werden. Welche Geheimnisse könnte sie enthalten, was könnten russische Geheimdienste und Ingenieure darin finden?
Den Behauptungen des Pentagons zufolge war die MQ-9 unbewaffnet, was bedeutet, dass sie in reiner Aufklärungsmission unterwegs war. Doch Waffensysteme sind in diesem Fall nicht so wichtig wie Kommunikations- und Informationsübertragungssysteme.
In erster Linie enthält eine derart moderne Drohne zahlreiche elektronische Schaltungen und Komponenten, sowohl eingebaute als auch austauschbare. Insbesondere handelt es sich um Kommunikationsanlagen, optische und radioelektronische Sonden, Übertragungsanlagen und weitere ähnliche Geräte. Natürlich werden sie nach einem Aufenthalt im Meerwasser funktionsunfähig sein, doch selbst in einem solchen Zustand könnten sie für den russischen Geheimdienst interessant sein.
Besonders viele Informationen können durch die Untersuchung des Steuerungssystems der Drohne, ihrer Bauausführung und selbst der beim Bau des Flugkörpers verwendeten Werkstoffe gewonnen werden.
Hier kehren wir zur Frage zurück, wo genau sich die Wrackteile der abgestürzten Drohne befinden. Sie ist prinzipiell, denn sollten sich die Teile in russischen Territorialgewässern befinden, ist das Problem rein technisch. Im Grunde werden die Wrackteile zum Eigentum des russischen Staates.
Doch wenn sich die Drohne in internationalen Gewässern befindet, ändert sich die Lage. In diesem Fall bleibt sie Eigentum der Vereinigten Staaten, und ein offener Versuch, sie zu bergen, würde einen internationalen Skandal auslösen. Hier könnte auf das geheime Azorian-Projekt der USA zur Bergung eines sowjetischen Atom-U-Boots im Jahr 1974 verwiesen werden. Die Operation wurde gerade deswegen geheim gehalten, weil fremdes (in diesem Fall sowjetisches) Eigentum davon betroffen war.
Die Erklärungen von Russlands offiziellen Vertretern, dass die Bergung der MQ-9 möglich und erwünscht sei, zeugen mit großer Wahrscheinlichkeit davon, dass sich die Drohne gerade in russischen Gewässern befindet, die unter der Kontrolle der russischen Marine stehen. Damit haben die russischen Rüstungsspezialisten wohl tatsächlich alle Chancen, die Geheimnisse der US-amerikanischen Drohne auf ganz legaler Grundlage zu untersuchen.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad."
Quelle: RT DE