Nato-General verlangt erheblichen Zusatzbeitrag von Deutschland
Archivmeldung vom 11.10.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićWegen der wachsenden Spannungen im Verhältnis zu Russland hält die Nato die Zeitenwende-Politik von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für unzureichend und fordert eine deutliche Ausweitung der Rüstungsausgaben. "Zwei Prozent reichen für Deutschland nicht. Es muss Richtung drei Prozent gehen", sagte der höchste deutsche Nato-General, Christian Badia, der "Süddeutschen Zeitung".
Deutschland schafft das bisherige Nato-Ziel, zwei Prozent der
Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, derzeit knapp. Bei
einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund vier Billionen Euro würden
drei Prozent aktuell etwa 40 Milliarden Euro mehr im Jahr für
Verteidigungsausgaben bedeuten.
Grund für die Forderung sind neue
Nato-Pläne, die sich unter anderem aus der veränderten Sicherheitslage
durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ergeben. So soll die
Zahl der Kampftruppenbrigaden im Bündnis von 82 auf 131 steigen, wie die
Welt am Sonntag berichtet hat. Da Deutschland etwa zehn Prozent der
Nato-Fähigkeiten beisteuern muss, müssten zu den acht bestehenden und
zwei weiteren geplanten Bundeswehr-Brigaden demnach nochmal fünf bis
sechs weitere Kampftruppenbrigaden hinzukommen.
Eine Brigade
umfasst bis zu 5.000 Soldaten. In Nato-Kreisen wird so ein Mehrbedarf
nicht dementiert, auch nicht vom Verteidigungsministerium, schreibt die
SZ weiter. Der Sprecher von Minister Boris Pistorius (SPD) sagte der
Zeitung, in der Tat werde besprochen, "welche Länder welche Fähigkeiten
und welche Kräfte zur Verfügung stellen müssen, um der Bedrohungslage
gerecht zu werden".
General Badia, der auf dem Nato-Stützpunkt in
Norfolk/Virginia in den USA stationiert ist, hob hervor, dass in
Deutschland der Ernst der Lage viel zu wenig erkannt werde. Mit dem
Gipfel im Jahr 2022 in Madrid war die Nato in einen neuen Zyklus der
Verteidigungsplanung eingestiegen, der immer vier Jahre umfasst, 2025
soll der Mehrbedarf und die Verteilung dann offiziell von den 32
Mitgliedsstaaten beschlossen werden.
"Man hat aus dem
Strategischen Konzept heraus entschieden, neue Regionalpläne für Europa
aufzustellen mit mehr Kräften und einer besseren Reaktionsfähigkeit",
sagte Badia. "Bildlich gesprochen ist die Aufteilung der Fähigkeiten ein
Kuchen, der 32 unterschiedlich große Stücke hat." Dieser Prozess sei
mit allen Mitgliedern besprochen und politisch beschlossen worden.
"Daher sagen wir: Das ist das, was die Nato braucht, und das ist jetzt
Euer Stück daran."
Russland sei ein potenter Gegner, gefährlich
und die Nato müsse sich so schnell wie möglich darauf vorbereiten, dass
sie Paroli bieten kann. "Ich möchte betonen: So schnell, wie möglich",
sagte der General, der der Vize-Oberkommandierende des "Allied Command
Transformation" ist.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes,
André Wüstner, sagte der SZ: "Während Putin mit seiner Kriegswirtschaft
längst aus dem Startblock ist, sind wir dabei, das Rennen zu
verschlafen." Minister Pistorius könne wegen des - gemessen an der
Bedrohungslage - "viel zu geringen" Verteidigungsetats für 2025 nicht so
schnell und ausreichend neues Material beschaffen, wie es notwendig
wäre. "Ich bewerte das auch vor dem Hintergrund der politischen Zusagen
an die Nato und des dafür notwendigen Fähigkeitsaufwuchses als fatal."
Quelle: dts Nachrichtenagentur