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Wirtschaftsforscher plädiert für Sparerbeteiligung bei Zypern-Rettung

Archivmeldung vom 21.03.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.03.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Flagge von Republik Zypern
Flagge von Republik Zypern

Nach Einschätzung des Berliner Wirtschaftsforschers Christian Dreger kann die Zypern-Rettung nur unter Beteiligung der Sparer des Landes gelingen. "Da von den Eigentümern der Banken wegen der stark eingebrochenen Börsenkurse kaum noch ein nennenswerter Eigenbeitrag zu erwarten sein dürfte, führt kein Weg daran vorbei, die Sparer des Landes in Haftung zu nehmen", sagte der Forschungsdirektor im Bereich International Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) "Handelsblatt-Online".

"Dabei sollte aber eine stärkere Staffelung der Steuersätze erfolgen, um Sparer von der Abgabe zu befreien, wenn ihre Einlagen eine bestimmte Höhe nicht überschreiten." Dadurch stärke man das Prinzip der Einlagensicherung und schaffe Vertrauen. Zugleich verteidigte Dreger das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB), die Zypern ultimativ aufgefordert hatte, bis Montag ein Rettungsplan zu präsentieren, da ansonsten den maroden Kreditinstituten der Geldhahn zugedreht werde.

Die EZB-Notkreditlinie ELA dürfe nur zur Stützung solventer Banken vergeben werden, sagte Dreger. "Wenn die EZB die Regelung ab nächste Woche nicht mehr verlängert, handelt sie im Rahmen ihrer vorgegebenen Statuten." Die Krise in Zypern verschärfe sich vor allem deshalb, weil es der dortigen Regierung immer noch nicht gelungen sei, den eigenen Sanierungsbeitrag sicherzustellen. "Das Grundproblem besteht im stark aufgeblähten Finanzsektor", betonte der DIW-Ökonom. "Eine nachhaltige Lösung der Krise muss die Fehlentwicklungen der Vergangenheit abbauen."

Zypern-Krise: Pimco-Anlagestratege fordert Zugeständnisse der Euro-Länder

Der Anlagestratege des weltgrößten Anleihehändlers Pimco, Saumil Parikh, fordert von den Euro-Ländern Zugeständnisse bei der Zypern-Rettung. Ohne eine fiskalische und politische Union könne eine Währungsunion nicht funktionieren. "Wenn Europa eine Fiskalunion werden soll, dann müssen die einzelnen Staaten im Notfall füreinander haften", sagte er im Gespräch mit "Handelsblatt-Online". "Wenn Europa dazu nicht bereit ist, dann wird der Euro auf lange Sicht nicht überleben."

Eine Beteiligung der Sparer an den Kosten der Zypern-Rettung lehnt Parikh ab. "Das war eine sehr schlechte Idee. Damit hat man grundlegende Eigentumsrechte angetastet." Um die Krise zu lösen, sollten entweder Investoren wie Russland einspringen oder die anderen Euro-Länder. Pimco habe aus der Hängepartie um Zypern Konsequenzen gezogen. "Wir haben unser finanzielles Engagement im Euro in den vergangenen Tagen reduziert."

Die Frage, ob das Geld sicher sei, habe signifikante Auswirkungen für jeden Ausländer, der in Europa investieren wolle. Letztlich müssten die Sparer und Anleger durch niedrigere Anleiherenditen den Preis für die Exzesse früherer Jahre in den Banken und der Politik zahlen. Da gebe es im Grunde keinen großen Unterschied zwischen Zypern, den USA und Deutschland. "In dem einen Fall ist es eine einmalige Abgabe, in dem anderen sind es jahrelang negative Realrenditen. Das Ergebnis ist ähnlich."

Die wirtschaftlichen Aussichten der Euro-Zone bewertet Parikh pessimistisch. Die drei großen Euro-Länder Spanien, Frankreich und Italien steckten in einer ähnlichen Situation wie die USA in den Jahren 2007 und 2008. Im Vergleich zu den Notenbanken in den USA und Großbritannien mache die EZB zu wenig. Die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, im Notfall unbegrenzt Anleihen der Euro-Krisenländer zu kaufen, reiche nicht aus. "Die EZB sollte auch tatsächlich Anleihen kaufen, um den Zinssatz weiter zu drücken."

Umfrage: Deutsche wollen harten Kurs bei Zypern-Rettung

Die Mehrheit der Bundesbürger plädiert für einen harten Kurs bei der Rettung von Zypern. 77 Prozent sind der Ansicht, dass die Bundesregierung kein weiteres Geld nach Nikosia überweisen sollte, wenn sich Zypern nicht im geforderten Umfang an der eigenen Rettung beteiligen will, wie eine repräsentative Emnid-Umfrage für den Fernsehsender N24 ergab. Lediglich 15 Prozent der Deutschen wollen Zypern demnach bedingungslos weiterhelfen.

Allerdings hält die klare Mehrheit der Bundesbürger den umstrittenen Weg einer Sparerbeteiligung zur Rettung der Insel-Republik grundsätzlich für falsch: 79 Prozent der Befragten lehnen die Maßnahme ab, nur 17 Prozent sind für eine derartige Zwangsabgabe. Die offene Diskussion über eine Sparerbeteiligung trägt zudem auch in Deutschland nicht gerade zur Vertrauensbildung bei: Jeder zweite Bundesbürger befürchtet, dass auch die Spareinlagen in Deutschland nicht vor staatlichem Zugriff sicher sind.

Zypern-Krise: Finanzpolitiker üben scharfe Kritik an EZB

Deutsche Finanzpolitiker haben parteiübergreifend scharfe Kritik am Umgang der Europäischen Zentralbank (EZB) mit der Zypern-Krise geäußert. "Die EZB begünstigt Insolvenzverschleppung und setzt damit die Politik unter Druck", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch "Handelsblatt-Online". "Sie unterstellt nämlich mit der Gewährung der Hilfsliquidität, dass dies nur für kurze Zeit notwendig sei."

Die Rechnungen würden später den Sparern und Steuerzahlern der noch solventen Euro-Staaten präsentiert, nachdem die EU-Kommission die "Bedrohung der Stabilität der Euro-Zone als Ganzes" testiert habe. Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler forderte die EZB auf, den maroden Kreditinstituten in Zypern sofort den Geldhahn zuzudrehen. "Insolvente Banken auf Zypern dürfen nicht weiter über die EZB am Leben gehalten werden", sagte Schäffler. Dieser Rechtsbruch habe die zyprische Krise verursacht. Deren Finanzierung über die Notenpresse jetzt zu beenden, sei längst überfällig. "Wenn russische Oligarchen ihre Gelder retten wollen, sollten sie die beiden insolventen Banken Zyperns mit frischem Eigenkapital ausstatten", forderte Schäffler.

Inzwischen sei allen klar, dass die von EZB und EU-Kommission attestierte "Systemrelevanz" Zyperns und dessen Banken "von Anbeginn an ein Ammenmärchen" gewesen sei. Harsche Kritik äußerten auch Vertreter der Opposition. "Die EZB muss sich wieder auf ihr Mandat beschränken und darf nicht von den Regierungen zur Lösung der Probleme herangezogen werden, die nicht Aufgabe der EZB sind und wofür sie nicht legitimiert ist", sagte der SPD-Chefhaushälter Carsten Schneider.

Der Finanzexperte der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold, kritisierte das EZB-Ultimatum an Zypern. "Das weitere Andrehen der Daumenschraube ist überflüssig und schädlich", sagte Giegold. "Die EZB schüttet Öl ins Feuer und das wird dem Zusammenhalt Europas letztlich schaden." Die Verantwortung für den Vertrauensbruch bei der Sicherung der Einlagen bis 100.000 Euro trügen aber die Finanzminister Wolfgang Schäuble, Pierre Moscovici und Jeroen Dijsselbloem.

Wagenknecht fordert "Plan C" für Zypern ohne Troika

Die stellvertretende Linken-Vorsitzende Sahra Wagenknecht fordert einen "Plan C" für Zypern ohne die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). "Die Bundesregierung missbraucht die Notkreditlinie der Europäischen Zentralbank als vorgehaltene Waffe, um Zypern zur Annahme des Troikadiktats zu zwingen. Das ist ein ungeheuerlicher Missbrauch einer angeblich unabhängigen Institution", sagte Wagenknecht mit Blick auf die Ankündigung der EZB, die Notkreditlinie an Zypern am Montag fällig zu stellen, falls bis dahin keine Einigung mit der Troika erzielt wurde, am Donnerstag in Berlin.

Die Kleinsparer müssten unangetastet bleiben, so Wagenknecht. Es sei aber ein Pyrrhussieg für die zyprische Bevölkerung, wenn am Ende die Einlagen der Reichen unangetastet blieben und für die durch die Bankenrettung explodierende Staatsverschuldung die kapitalgedeckten Renten und Gasreserven des Landes haften müssten, so die Politikerin der Linken weiter. "Zypern braucht eine kontrollierte Schrumpfung und Teil-Insolvenz des Bankensektors und den Aufbau von öffentlichen Good Banks nach dem Vorbild Islands: Um die Banken zu sanieren und die Schulden zu verringern, müssen die Aktionäre der Banken sowie die Inhaber von Bankanleihen vollständig haften", forderte die Linken-Politikerin.

Einlagen von Ausländern seien bis zu 100.000, von zyprischen Sparern und Unternehmen bis zu 500.000 Euro zu garantieren. "Zwanzig Prozent der Einlagen über 500.000 Euro und 100 Prozent der Einlagen über 1 Million Euro sind einzufrieren und wenn nötig zur Sanierung heranzuziehen."

Zypern: Parteien einigen sich auf Rettungsfonds

In Zypern haben sich die Parteien auf die Schaffung eines Rettungsfonds zur Abwendung eines Staatsbankrotts verständigt. Das teilte das Büro des zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades am Donnerstagmittag nach einem Treffen mit den Parteivorsitzenden mit. Die umstrittene Zwangsabgabe sei hingegen vom Tisch.

Kurz zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Nothilfe für die Banken Zyperns nur bis zum kommenden Montag garantiert. Bis dahin werde das Niveau der "Emergency Liquidity Assistance" (ELA) aufrecht erhalten, teilte die Notenbank am Donnerstagmorgen in Frankfurt am Main mit. Später könne die Nothilfe nur gewährt werden, wenn ein Rettungsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) feststehe, dass die Solvenz der Banken sichere. Sollte die EZB die Nothilfe einstellen, droht den zyprischen Banken innerhalb weniger Tage die Pleite.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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