Ungarn will wichtigen Teil der EU-Asylreform nicht umsetzen
Ungarn ist nach Angaben der Regierung in Budapest nicht bereit, einen wesentlichen Teil der erst im Juni beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) umzusetzen. Dabei handelt es sich um einen zentralen Pfeiler der EU-Asylreform: die schnellen Asylverfahren an den EU-Außengrenzen für Migranten mit wenig Aussicht auf die Gewährung eines Schutzstatus, wie die "Welt" berichtet.
"Die Entscheidung der EU, Ungarn im ersten Jahr der Anwendung der neuen
Asylgesetzgebung zu verpflichten, fast ein Viertel der insgesamt 30.000
Plätze für schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen bereit zu
stellen, ist lächerlich und irrational. Wir werden das auf keinen Fall
tun", sagte Europaminister Janos Boka der "Welt".
Zur Begründung
sagte er: "Das Mandat, das die Wähler der ungarischen Regierung gegeben
haben, ist klar: Sie wollen keine Migrantenlager in Ungarn sehen. Und
darum werden wir sie auch gar nicht erst errichten. Das ist ein
eindeutiger Wählerauftrag."
Laut EU-Asylreform müssen die
Maßnahmen des neuen Gesetzespakets spätestens bis Juni 2026 umgesetzt
werden. Erst am Donnerstag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser
(SPD) in Warschau gesagt: "Oberste Priorität hat für uns nach wie vor
die schnellstmögliche Umsetzung des gemeinsamen Asyl- und
Migrationspakets."
Ungarn ist dabei nach einem komplizierten
Berechnungsverfahren verpflichtet worden, 8.495 der insgesamt 30.000
Plätze für schnelle Grenzverfahren im ersten Jahr der Umsetzung zur
Verfügung zu stellen. Deutschland muss dagegen nur 413 Plätze
bereitstellen, Italien 6.163 und Spanien 3.510.
Die Maßnahmen des
neuen EU-Asylpaktes sehen vor, dass Asylsuchende aus Ländern mit einer
Anerkennungsquote von unter 20 Prozent im Ankunftsland an der
EU-Außengrenze ein Schnellverfahren unter haftähnlichen Bedingungen
durchlaufen. Das Grenzverfahren dauert zwölf Wochen. Wird das
Schutzgesuch abgelehnt, sollen die Betroffenen nach spätestens nach
zwölf weiteren Wochen möglichst wieder abgeschoben werden.
Minister
Boka sagte, die EU verstoße mit dem Plan "gegen die Interessen einer
Mehrheit der ungarischen Wähler". Boka: "Die Staats- und Regierungschefs
hatten sich in der Vergangenheit darauf geeinigt, dass wesentliche
Fragen in der Migrationspolitik einstimmig verabschiedet werden sollen -
auch wenn rein formal nur eine qualifizierte Mehrheit nötig ist. An
diese Vereinbarung hat man sich im Fall der schnellen Grenzverfahren
nicht gehalten."
Ungarn habe zwar dagegen gestimmt, wurde aber
überstimmt. "Nun muss sich niemand wundern, dass wir nicht bereit sind,
eine falsche Politik, die eine schwere Belastung für die Sicherheit und
die Ordnung in Ungarn wäre, umzusetzen", so der Minister.
Quelle: dts Nachrichtenagentur