Der Baker-Bericht zum Irak: Ein Hilferuf
Archivmeldung vom 07.12.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlIm Zweifel darüber, ob ein desorientierter US-Präsident und die zerrissene Führung des Irak überhaupt den Kurswechsel wollen und im Wissen um weitere Unwägbarkeiten hat die Baker-Kommission sich zurückgehalten mit optimistischen Aussagen zum Fortgang der Dinge im Zweistromland. Die von George W. Bush angestrebte Demokratisierung des Nahen Ostens ist abgeschrieben.
Es
wäre ein Erfolg, wenn es wenigstens gelänge, das Land halbwegs zu
stabilisieren. Aber auch dafür gebe es keine Garantie.
Amerika bereitet sich also auf das Scheitern dessen vor, was ein
unbelehrbarer Präsident als Kernstück seiner Außenpolitik definiert.
In den Zeitungen der USA ist nachzulesen, was das Chaos am Persischen
Golf beispielsweise für die Autofahrer des Landes bedeuten könnte. Da
wird prognostiziert, dass der Preis für Benzin umgerechnet und für
Amerikaner bislang undenkbar auf über einen Euro pro Liter steigen
könnte.
Was uns aus Washington gestern erreichte, ist nichts anderes als ein
verhaltener Hilferuf. Die zentrale Botschaft: Die USA allein können
den irakischen Scherbenhaufen, den sie zu verantworten haben, nicht
bewältigen. Es bedürfe einiger Anstrengungen auch der Europäer, soll
die Rückkehr zu einer ausgewogenen, vor allem auf Verhandlungen und
Gesprächen gegründeten Politik gelingen.
Wie mit diesem Hilferuf umgegangen wird, ist noch völlig offen. Die
Staaten der EU sind seit dem Beginn des Irak-Krieges nicht mehr zu
einer gemeinsamen Nahost-Politik in der Lage. Wenn bald Deutschland
die EU-Präsidentschaft übernimmt, wird die Bundeskanzlerin gut daran
tun, einen neuen Anlauf zu unternehmen - auch wenn Europa sich längst
an Benzinpreise jenseits der Schmerzgrenze gewöhnt hat.
Der Irak ist nicht nur eine schwere Prüfung für Amerika. Er ist die
zentrale Herausforderung der nächsten Jahre für die gesamte
Außenpolitik des Westens. Der Hilferuf aus Washington sollte in
Europa nicht ungehört verhallen.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau