Wirtschaftsexperte Hickel: „CETA ist und bleibt nicht akzeptabel“
Archivmeldung vom 01.11.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuch wenn die EU und Kanada am Wochenende das CETA-Dokument unterschrieben haben - die Skepsis, wie sich das Freihandelsabkommen auf deutsche Verbraucher und Arbeitnehmer auswirken wird, bleibt. Das bestätigt Prof. Dr. Rudolf Hickel, Leiter des Instituts für Arbeit und Wirtschaft.
Wodurch werden die Bürger in der EU merken, dass CETA in Kraft getreten ist? möchte Sputnik wissen. „Möglicherweise werden wir schon bald von kanadischen Agrarprodukten überflutet. Da kommt es auf die Standards an, wie ob und wieweit darunter genveränderte Güter dabei sind“, antwortet Prof. Hickel. Dann kommt er sehr schnell zu seinem Casus Knacktus bei CETA — die Schiedsgerichtbarkeit: „Ich sehe darin das größte Risiko, deshalb bin ich und bleibe ich ein Gegner von CETA. Es ist unakzeptabel, dass Großkonzerne – vor allem aus den USA – die ihre Töchter in Kanada benutzen, dass die jetzt gegen europäische Länder prozessieren können, weil diese ihre Standards festgelegt haben und weil diese als gewinnschmälernd eingestuft werden. Deshalb ist CETA so auch nicht akzeptabel.“
Hickel führt ein Beispiel an: „Angenommen, wir wollen in Deutschland die Mitbestimmung (der Arbeitnehmer, d. Red.) in einem Unternehmen verbessern. Dann könnte künftig ein kanadischer Konzern kommen und sagen: Nein, das geht nicht, das ist eine Beeinträchtigung meiner Gewinnerwartung. Als ich investiert habe, war das Gesetz nicht geplant. Das führt dann dazu, dass parlamentarische Demokratie ausgehebelt und untergraben wird und sich auf der anderen Seite der Konzern an dem Geld bedient.“
Hickels große Sorge ist die Präventivwirkung: „Wenn wir zukünftig Gesetze machen in Deutschland, dass wir genau gucken müssen, ob ausländische Konzerne dagegen klagen können. Und das ist natürlich eine mittelmäßige Katastrophe.“
Unmittelbare Auswirkungen auf Verbraucher und Arbeitnehmer sieht der Wirtschaftsprofessor durch CETA derzeit noch nicht, aber es sind mehrere Szenarien denkbar: So könnten Sozialschwächere von günstigen Agrarprodukten profitieren, diese könnten dann qualitativ schlechter sein als zuvor. Ein weiteres Szenario könnten Arbeitnehmer zu spüren bekommen: Wenn sich nämlich ausländische Konzerne daran störten, wie wir unseren Sozialstaat regulieren, wie wir mit Armut und Rentner umgehen und dann Schiedsgerichte anrufen.
„Ich möchte nicht das absolute Schreckensbild malen, aber man muss das im Visier haben“, mahnt Hickel.
Quelle: Sputnik (Deutschland)