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Treffen des Nahost-Quartetts: Vertreibungen von Palästinensern auf Rekordniveau

Archivmeldung vom 14.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
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Israelische Behörden haben die rechtwidrige Zerstörung palästinensischer Häuser im Westjordanland inklusive Ostjerusalem in diesem Jahr deutlich forciert. Die Folge war, dass in diesem Jahr deutlich mehr palästinensische Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden als in den Jahren zuvor. Dies stellte heute eine internationale Koalition von 20 Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen fest. Anlass ist das heutige Treffen des Nahost-Quartetts (1) in Jerusalem, das eine Wiederaufnahme von Friedensgesprächen zum Ziel hat.

Die drastische Zunahme von Häuserabrissen 2011 geht einher mit dem beschleunigten Ausbau israelischer Siedlungen und einer Eskalation gewalttätiger Übergriffe seitens israelischer Siedler.

Die Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen, darunter medico international, Amnesty und Oxfam, rufen das Nahost-Quartett dazu auf, allen Konfliktparteien die Notwendigkeit deutlich zu machen, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten. Das Quartett müsse die israelische Regierung dazu drängen, unverzüglich ihre aktuelle Siedlungspolitik zu korrigieren und die völkerrechtswidrige Zerstörung palästinensischer Häuser einzustellen.

"Der beschleunigte Ausbau der Siedlungen und die Zerstörungen von Häusern bringen die palästinensische Bevölkerung an den Rand der Verzweiflung, vernichten ihre Lebensgrundlagen und auch die Aussichten auf einen gerechten und dauerhaften Frieden. Es besteht eine Diskrepanz zwischen den Diskussionen des Quartetts und der Situation vor Ort. Das Quartett muss seinen Ansatz auf den Prüfstand stellen und zeigen, dass es für die Verbesserung der Lebenssituation von Palästinensern und Israelis tatsächlich etwas bewirken kann", so Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland.

"Das Quartett sollte den Siedlungsausbau und die Zerstörungen von Wohnhäusern beim Namen nennen: Es handelt sich um Verstöße gegen das Völkerrecht, die Israel beenden muss", so Tsafrir Cohen, Nahostreferent von medico international.

"Israels Verstöße zeigen, dass die aktuelle Strategie des Nahost-Quartetts gescheitert ist. Es ist an der Zeit, dass das Quartett die Bedeutung des Völkerrechts für eine gerechte und dauerhafte Lösung des Konflikts anerkennt", sagt Philip Luther, Amnesty-Experte für Nordafrika und den Nahen Osten im Internationalen Sekretariat in London.

Folgende Zahlen veranschaulichen die sich rasch verschlechternde Situation:

  • Verdopplung der Zahl von Vertreibungen: Seit Beginn diesen Jahres wurden mehr als 500 palästinensische Häuser, Brunnen, Regenwasserzisternen und andere Bauwerke im Westjordanland inklusive Ostjerusalem zerstört. Nach UN-Angaben wurden dadurch über 1.000 Palästinenser vertrieben, mehr als doppelt so viele wie 2010, und gleichzeitig die höchste Zahl an Vertreibungen pro Jahr seit 2005 (2). Mehr als die Hälfte der Vertriebenen waren Kinder, für die der Verlust ihrer Heimat besonders traumatisch ist.
  • Beschleunigter Siedlungsausbau: In den letzten zwölf Monaten wurden Pläne für rund 4.000 neue Häuser für Siedler in Ostjerusalem genehmigt - die höchste Zahl seit mindestens 2006 (3). Zusätzlich verkündete Israel im November Pläne, den Bau von 2.000 weiteren Häusern im Westjordanland inklusive Ostjerusalem zu beschleunigen.
  • Starke Zunahme von Siedlergewalt: 2011 stieg nach UN-Angaben die Anzahl gewalttätiger Übergriffe israelischer Siedler auf Palästinenser um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, verglichen mit 2009 sogar um 160 Prozent. Das Jahr 2011 war das Jahr mit den meisten gewalttätigen Übergriffen durch Siedler seit 2005 (4). Siedler haben zudem rund 10.000 Oliven- und andere Bäume von Palästinensern zerstört oder beschädigt und damit die Lebensgrundlagen hunderter Familien beeinträchtigt. Die Angreifer können praktisch ungestraft handeln: Über 90 Prozent der Beschwerden über Siedlergewalt zwischen 2005 und 2010 wurden von der israelischen Polizei ohne Anklageerhebung fallen gelassen (5).
  • Drohende Vertreibungen von Beduinen: Bis zu 2.300 Beduinen in den Umland von Jerusalem droht eine gewaltsame und rechtswidrige Vertreibung, wenn die israelischen Behörden ihre für 2012 angekündigten Pläne umsetzen. Dadurch verlören die Beduinen ihre Lebensgrundlagen und wären gezwungen, ihre traditionelle Lebensweise aufzugeben. Ebenfalls drohen für Gemeinschaften im Jordantal Probleme, wenn der Siedlungsausbau dort weiter vorangetrieben wird.

Die NGO-Koalition besteht aus: Amnesty International, Avaaz, Broederlijk Delen, CCFD-Terre Solidaire, Church of Sweden, CNCD - 11.11.11, Christian Aid, DanChurchAid, Diakonia, Euro-Mediterranean Human Rights Network, FIDH, FinnChurchAid, GVC Italia, Human Rights Watch, Medical Aid for Palestinians, medico international, Norwegian People's Aid, Oxfam International, Polish Humanitarian Action, Trócaire.

Anmerkungen:

1. USA, EU, VN & Russland
2. S. jüngste Zahlen der VN (OCHA)
3. S. Daten von Peace Now
4. S. Daten der VN (OCHA)
5. S. Yesh Din Report, Feb 2011

Quelle: medico international (ots)

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