Andreas Maurer (Linke): Ukraine könnte während der Fußball-WM den Donbass angreifen
Archivmeldung vom 17.05.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAndreas Maurer von der Linkspartei hat zum vierten Republikgeburtstag erneut Donezk besucht und vom Präsidenten der selbsternannten Volksrepublik in der Ostukraine einen Orden verliehen bekommen. Maurer befürchtet im Sputnik-Interview, dass Kiew die Fußball-WM in Russland für Angriffe auf die Lugansker und Donezker Volksrepubliken nutzen wird.
Im hier Auszugsweise veröffentlichten Interview ist unter anderem zu lesen: "Herr Maurer, Sie waren gerade im Donbass und haben vom Präsidenten der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko, einen Orden der Völkerfreundschaft verliehen bekommen. Wie kam es dazu?
Ich war selbst überrascht und wusste im Vorfeld nichts davon. Erst kurz vorher wurde mir mitgeteilt, dass ich dort ausgezeichnet werde. Begründet wurde das mit meinem Besuch im Februar dieses Jahres im Donbass, gemeinsam mit norwegischen Kollegen, wo wir Kriegsregionen besucht und darüber berichtet haben und Projekte zur Unterstützung von Kinderheimen angestoßen haben.
Sie haben diesmal auch die Volksrepublik Lugansk besucht. Wie war Ihr Eindruck und inwiefern unterscheidet sich die Situation dort von der in Donezk?
Allgemein kann man sagen, dass die Donezker Volksrepublik etwas stabiler ist, weil sie auch größer ist. Das Leben dort ist besser, soweit man das vergleichen kann.
Ich habe in Lugansk diese Brücke besucht, die damals von der ukrainischen Luftwaffe zerschossen wurde und war wirklich schockiert. Tagtäglich müssen Tausende über diese Brücke von der Ukraine in die Lugansker Volksrepublik und umgekehrt. Das sind unmenschliche Zustände. Das ist eine Straße der Schande für die Ukraine. Dies ist die einzige Möglichkeit für die Menschen, die Grenze zu passieren. Die Gelder für die Reparatur dieser Brücke stehen bereit, es fehlt nur an der Zustimmung der Ukraine. Gerade heute wird auch in Minsk über diese Brücke verhandelt und ich hoffe, dass der Druck der Europäischen Union und Berlins groß genug wird, hier vernünftige Bedingungen zu schaffen.
Kam es während Ihres Besuches zu Kampfhandlungen an der Demarkationslinie?
Ja. Und bei meinem Besuch an der Brücke waren die Sicherheitsvorkehrungen auch groß, da man mit Scharfschützen rechnen muss.
Als ich Gespräche führte mit der Bürgermeisterin des Ortes Saizewo am Tag der Feierlichkeiten zum Republikgeburtstag, wurde ständig geschossen und die Einschüsse kamen immer näher. Es ist schon beängstigend, dass in Europa Menschen leben, die tagtäglich beschossen werden. Ich habe mit vielen Betroffenen, auch Jugendlichen aus den Randgebieten gesprochen und die haben auch berichtet, dass immer, wenn es Abend wird, diese Ortschaften unter Beschuss genommen werden.
Die Kontrolle über das Kriegsgebiet auf ukrainischer Seite wurde vor Kurzem vom Geheimdienst auf die Armee übertragen. Welche Auswirkungen könnte dies haben?
Die Menschen dort sind sehr besorgt darüber, dass man die Kontrolle jetzt komplett in die Hände der ukrainischen Armee gegeben hat. Die Menschen rechnen fest damit, dass es aus ukrainischer Richtung wieder Auseinandersetzungen geben wird. Die ukrainische Armee versucht auch bereits an diversen Stellen sogenanntes Niemandsland einzunehmen. Das wird dort schon als Vorbereitung auf ein gewaltsames Einmarschieren gedeutet.
Meinen Sie, es könnte diesen Sommer wieder zu einem heißen Krieg kommen im Donbass?
Alle schauen Richtung Juni und Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft. Es wird vermutet, dass die Ukraine in dieser Zeit versuchen wird, massiv anzugreifen, da sie denken, dass Russland während der WM nicht so stark eingreifen wird.
Was wollen Sie in Deutschland tun, um auf die Lage im Donbass aufmerksam zu machen?
Ich appelliere in erster Linie an Ihre Kollegen, an die Journalisten, vor Ort zu fahren und sich ein Bild zu machen, mit den Menschen zu sprechen und zu zeigen, was dort wirklich geschieht.
Und in der Politik muss die Ukraine endlich das Minsker Abkommen Punkt für Punkt erfüllen und da muss Berlin mehr Druck ausüben. Bisher wurden immer nur Sanktionen gegen die Russische Föderation verhängt.
Man muss sehen, dass hier zwei voll funktionierende Staaten entstanden sind und die müssen bei diesen Gesprächen beteiligt werden. Ich bin nach meinen zwei Besuchen jetzt fest davon überzeugt, dass man die Probleme dort niemals ohne Einbindung der beiden Volksrepubliken wird lösen können. Es ist realitätsfern von der Ukraine, diese Parteien nicht mit an den Verhandlungstisch zu holen.
Es scheint, dass die Ukraine eher an einer gewaltsamen Konfliktlösung interessiert ist. Davor kann ich die ukrainische Regierung nur warnen, denn dann wird es ganz viele Tote geben."
Quelle: Sputnik (Deutschland)