Steinmeier für "Bündnis aller Kräfte" in Syrien zum Kampf gegen IS
Archivmeldung vom 30.11.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat an die Bürgerkriegsparteien in Syrien appelliert, alle Kräfte im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" zu bündeln.
"Keiner vergisst die furchtbaren Verbrechen, für die Assad Verantwortung trägt", sagte Steinmeier in einem Interview mit der "Bild" (Dienstag). "Richtig ist aber auch: Solange sich die syrischen Bürgerkriegsparteien nur untereinander bekriegen und abnutzen, bleibt ISIS der lachende Dritte."
Deshalb arbeite die Bundesregierung auf einen Waffenstillstand zwischen syrischer Armee und Opposition hin - "damit alle Kräfte für den Kampf gegen ISIS mobilisiert werden können", so Steinmeier weiter. "Das Regime kann jetzt zeigen, ob es wirklich bereit ist, gegen die ISIS-Terroristen zu kämpfen, oder weiter Fassbomben oder Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt."
SPD-Verteidigungsexperte will mit Assads Truppen zusammenarbeiten
In der Frage der militärischen Taktik in Syrien hat der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Rücken gestärkt: "Es ist richtig, für den Neuaufbau des Landes und für den nachhaltigen Kampf gegen den IS auch mit Assads Truppen zusammenzuarbeiten", sagte Arnold der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe).
Das stehe aber noch nicht direkt auf der Agenda. "Perspektivisch gibt es für Syrien keine Zukunft mit Assad und seinem Familien-Clan", betonte Arnold. Man dürfe aber nicht die Fehler der Vergangenheit aus dem Irak, aus Libyen und auch aus Afghanistan wiederholen, wo sämtliche Verwaltungs- und Sicherheitsstrukturen der Länder am Ende zerschlagen gewesen seien.
Bericht: Syrien-Einsatz kostet 2016 mindestens 134 Millionen Euro
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) haben sich offenbar auf eine gemeinsame Kabinettsvorlage für den Bundeswehr-Einsatz gegen den "Islamischen Staat" (IS) in Syrien geeinigt.
In der Vorlage, die am Sonntagabend dem Kanzleramt übermittelt worden sei, werden die Kosten für den Einsatz von bis zu 1.200 Soldaten für das kommende Jahr auf 134 Millionen Euro beziffert, berichtet das ARD-"Hauptstadtstudio", dem das Papier vorliegt.
Ziel der Mission sei die militärische Unterstützung Frankreichs, des Irak und der von den USA geführten Internationalen Allianz gegen den IS "auf der Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen".
In der völkerrechtlichen Begründung verweist die Beschlussvorlage dabei auf die Resolution 2249 sowie zwei frühere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Darin sei wiederholt festgestellt worden, "dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht."
Da sich Frankreich nach den Angriffen von Paris auf die in Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags formulierte Beistandsklausel berufen habe, finde der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen eines "Systems kollektiver Sicherheit" statt, wie es das Grundgesetz verlangt.
Dass die Bundeswehr neben Frankreich gleichberechtigt auch den Irak und die Internationale Allianz unterstützen soll, kommt auch für Experten überraschend: Am Donnerstag hatten Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen ausschließlich auf die Solidarität mit Frankreich verwiesen. Unklar ist damit aber auch die Frage der Führung und Koordinierung des Einsatzes, über die die Mandatsvorlage keine Angaben macht.
Deutschland und Frankreich sind beide Mitglied der US-geführten Internationalen Allianz, die französischen Angriffe gegen den IS werden aber unabhängig vom Hauptquartier der Allianz in Tampa, Florida geführt. Frankreich sucht darüber hinaus eine enge Abstimmung mit Russland, das nicht Teil der Internationalen Allianz ist.
In der Mandatsbegründung wird zwar ausdrücklich auch der IS-Anschlag gegen ein russisches Zivilflugzeug erwähnt, ob und in welcher Weise die Bundeswehr auch mit Russland kooperieren darf, bleibt im Mandatstext aber ungeklärt. Ein kritischer Punkt wäre hier zum Beispiel der Austausch von Daten aus der Luftaufklärung.
Im Mandat werden die Einsatzelemente für den Einsatz nur allgemein benannt. Wie sich die 1.200 Soldaten auf die Truppenteile verteilen und welche technischen und militärischen Instrumente zum Einsatz kommen, bleibt offen. Gegenüber der Presse hatte das Verteidigungsministerium allerdings zuletzt vor allem von vier bis sechs RECCE-Tornados und einer Fregatte gesprochen.
Diese Fregatte ist als Unterstützung des französischen Flugzeugträgers "Charles de Gaulles" vorgesehen, der vom östlichen Mittelmeer aus die Einsätze gegen den IS in Syrien fliegt. Überraschend werden als Einsatzgebiet auch der Persische Golf, das Rote Meer und angrenzende Seegebiete genannt, was Raum für eine mögliche Ausweitung der Mission lässt.
Ausführlich widmet sich die Beschlussvorlage für den Bundestag den Bemühungen um einen politischen Prozess für Syrien: "Die deutsche militärische Unterstützung ist somit eingebettet in einen breiten politischen Ansatz, der von der großen Mehrheit der Staatengemeinschaft getragen wird." Das Kabinett will am Dienstag die Mandatsvorlage beschließen. Sie soll schon in dieser Woche vom Bundestag beraten und beschlossen werden.
Experte warnt vor Rückschlag im Kampf gegen IS-Terror
Der Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel, Joachim Krause, warnt vor einem Rückschlag im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS): "Sowohl Russland wie die Türkei sind derzeit eher Teil des Problems als der Problemlösung. Die Effektivität der Bekämpfung des IS wird dadurch beeinträchtigt", sagte Krause im Interview mit dem "Handelsblatt". "Insofern ist es umso wichtiger, dass diejenigen Luftstreitkräfte unterstützt werden, die am ehesten geeignet sind, den IS durch Luftangriffe effektiv zu schädigen: Das sind die USA und Frankreich."
Krause begrüßte die deutsche Beteiligung am Anti-IS-Einsatz, die er vom Völkerrecht gedeckt sieht. Deutschland handle im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen als Bündnispartner Frankreichs gemäß der europäischen Beistandsverpflichtung nach Artikel 42 (7) des EU-Vertrags. "Damit ist jeder Einsatz völkerrechtlich abgesichert, sofern er nicht unverhältnismäßig ausfällt", sagte Krause.
Von der Leyen fordert Unterstützung der Wirtschaft im Kampf gegen IS
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) appelliert an die Wirtschaft, die Politik im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) zu unterstützen. In einem Gastbeitrag für "Bild" (Montag) erklärte von der Leyen, der IS müsse "auf allen Ebenen" bekämpft werden.
Es gehe unter anderem darum, Finanzströme auszutrocknen und IS-Propaganda im Internet zu sabotieren. Außerdem gehe es darum, "bedrohte Staaten wie Mali, Tunesien, Jordanien und den Libanon rechtzeitig" zu stabilisieren. "Hierfür brauchen wir mehr internationalen Austausch nicht nur der Sicherheitsbehörden, auch die Wirtschaft muss mitziehen", so von der Leyen.
Bei der internationalen Perspektiv-Konferenz Anfang Februar in London müsse den Menschen "ein glaubhaftes Szenario, wie ihre Länder ohne ISIS neu erstarken können" aufgezeigt werden, erklärte von der Leyen.
Syrien-Einsatz: Ströbele fühlt sich an Afghanistan-Krieg erinnert
Der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele (Grüne) fühlt sich angesichts des geplanten Einsatzes der Bundeswehr in Syrien an den Afghanistan-Krieg erinnert und will ihn im Bundestag ablehnen.
"Ich werde diesem Kriegseinsatz nicht zustimmen, weil er brandgefährlich und falsch ist", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Ich habe das schon einmal erlebt, vor fast 14 Jahren. Auch der damalige Afghanistan-Einsatz wurde damit begründet, dass wir uneingeschränkte Solidarität mit den USA üben müssen. Das allein reicht als Kriegsgrund nicht aus." Ströbele hatte 2001 zu den Kritikern des Afghanistan-Einsatzes gehört.
Von der Leyen für "Zweckbündnis auf Zeit" gegen IS
Im Kampf gegen den islamistischen Terror in Syrien fordert Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein "politisches Zweckbündnis auf Zeit" aller IS-Gegner. "Alle müssen mitmachen, denn Uneinigkeit der Gegner ist auch Grund für die Stärke von ISIS", schrieb die Ministerin in einem Gastbeitrag für "Bild". "Die jüngste Resolution des Weltsicherheitsrats spricht eine klare Sprache: Der Kampf gegen ISIS muss oberste Priorität haben, für Frankreich ebenso wie für die USA, China, Russland, die Türkei, den Iran, die arabischen Staaten oder uns."
Das Ziel bestehe darin, "ISIS zu schwächen, seinen Bewegungsradius einzuschränken, seine Ausbildungscamps zu zerstören, Stadt für Stadt zurückzuerobern, seine Öleinnahmen zunichte zu machen, seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit zu brechen".
Mit Blick auf das Engagement Russlands fügte die CDU-Politikerin hinzu: "Dazu gehört auch, dass Luftschläge eindeutig gegen ISIS gerichtet sein müssen." Zugleich rief die Verteidigungsministerin die gemäßigten Muslime der Region auf, sich klar vom islamistischen Terror zu distanzieren: "Sie müssen zeigen, dass ISIS nichts mit dem Islam zu tun hat. Das zerstört die perfide ISIS-Legende eines westlichen Kreuzzuges gegen den Islam."
Sie fügte hinzu: "Für die geistlichen, kulturellen und weltlichen Führer des Islam heißt das: Bezieht klar Stellung, wie ihr zu ISIS steht und überlasst den Terroristen nicht die Antwort auf die Frage, was der Islam verlangt und was nicht."
Quelle: dts Nachrichtenagentur