Klimaschutz: Großbritannien hilft bei der Finanzierung erzwungener Sterilisation der Armen in Indien
Archivmeldung vom 12.05.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGeld vom Department for International Development (DfID) hat bei der Finanzierung eines kontroversen Programms mitgeholfen, das zu Fehlgeburten und sogar Todesfällen nach verpfuschten Operationen geführt hat. Wie der Observer erfahren hat, wurden mehrere Zehnmillionen Pfund an Hilfsgeldern für ein Programm ausgegeben, das gewaltsam indische Frauen und Männer sterilisiert hat. Viele sind an den Folgen verpfuschter Operationen gestorben, während andere blutend und in Todesangst zurück gelassen worden sind. Eine Reihe schwangerer Frauen, die zur Sterilisation ausgewählt worden waren, haben Fehlgeburten erlitten und ihre Babys verloren.
Die Regierung in UK hat zugestimmt, Indien 166 Millionen Pfund zukommen zu lassen, um das Programm zu finanzieren, trotz des Verdachts, dass man das Geld dazu benutzen würde, Arme zu sterilisieren, um das weitere Bevölkerungswachstum der nunmehr 1,2 Milliarden Inder zu drosseln.
Die Sterilisation ist seit Jahren umstritten. Während man Funktionären und Ärzten für jede Operation einen Bonus zahlt, werden arme und ungebildete Männer und Frauen in ländlichen Gebieten routinemäßig zusammen getrieben und sterilisiert, ohne dass sie eine Chance haben, dagegen zu protestieren. Aktivisten sagen, dass man Einigen weis gemacht habe, sie würden in einem Lager operiert werden, um ihr allgemeines Wohlergehen zu verbessern, nur um die Wahrheit zu erfahren, nachdem sie unter dem Messer gelegen hatten.
In indischen Gerichtsdokumenten, die vor Kurzem bekannt geworden waren, heißt es, dass viele Opfer mit Schmerzen allein gelassen worden sind mit wenig oder gar keiner Nachsorge. Aus dem ganzen Land gab es zahlreiche Berichte von Todesfällen und von schwangeren Frauen, die nach der Auswahl zur Sterilisation Fehlgeburten erlitten hätten, ohne dass man sie zuvor gewarnt hatte, dass sie ihre ungeborenen Babys verlieren könnten.
Und doch wurde in einem vom UK-Department for International Development 2010 veröffentlichten Arbeitspapier auf die grundlegende Notwendigkeit hingewiesen, den Klimawandel mit derartigen Programmen zu bekämpfen. Im Dokument heißt es weiter, dass die Reduktion der Bevölkerungszahl Treibhausgase vermindert würde, obwohl es davor warnte, dass es „komplexe Menschenrechts- und ethische Fragen aufwerfen würde“, die Bevölkerungskontrolle zu intensivieren.
Die jüngsten Vorfälle konzentrieren sich auf die indischen Provinzen Madhya Pradesh und Bihar, die beide im vorigen Jahr von der UK-Regierung nach einer Übersicht der Unterstützungen als Ziel für Zuwendungen ausgesucht worden sind. Im Februar musste der Regierungschef von Madhya Pradesh nach verbreiteten Berichten erzwungener Sterilisation seine Funktionäre öffentlich zurück pfeifen. Einige Tage später verblutete die 35-jährige Rekha Wasnik dort, nachdem Ärzte sie sterilisiert hatten. Als Frau eines armen Arbeiters war sie zu der Zeit mit Zwillingen schwanger. Sie begann schon auf dem Operationstisch zu bluten, und eine Obduktion benannte die Operation als Todesursache.
Im April hörte ein indisches Gericht von einem Chirurg, der in der Schule im Araria District in Bihar 53 Operationen in zwei Stunden durchgeführt hatte, assistiert von unqualifiziertem Personal ohne Zugang zu Trinkwasser oder einer Ausrüstung, um das Operationsbesteck zu säubern. Ein von Aktivisten aufgenommenes Video zeigt schmutzige Bedingungen und Frauen, die auf strohbedecktem Boden liegen.
Die Menschenrechtlerin Devika Biswas sagte vor dem Gericht aus, dass “unmenschliche Sterilisationen besonders in ländlichen Gebieten unter rücksichtsloser Missachtung des Lebens armer Frauen immer weiter gehen“. Biswas sagte, dass 53 arme und aus unteren Kasten stammende Frauen zusammen getrieben und sterilisiert worden waren, in Operationen, die bei Taschenlampenlicht ausgeführt wurden, und die danach heftig bluteten. Eine Frau davon war im dritten Monat. „Alle 53 Frauen schrien nach den Operationen vor Schmerzen. Obwohl sie verzweifelt ärztliche Hilfe gebraucht hätten, kam niemand, um ihnen zu helfen“, fuhr sie fort.
Das Gericht räumte der nationalen und den Provinzregierungen eine Frist von zwei Monaten ein, um auf die Vorwürfe zu antworten.
Aktivisten zufolge sind es die Armen in Indien – und vor allem Stammesgruppen – die am meisten Ziel des Drucks zur Sterilisation sind und auch die Verwundbarsten. Sie behaupten, dass die Leute damit bedroht wurden, ihre Rationierungskarten zu verlieren, wenn sie sich diesen Operationen nicht unterziehen, oder sie werden gerade mal mit 600 Rupien (knapp 9 Euro) und einem Sari gelockt. In einigen Staaten gibt es eine Lotterie, bei der man Autos und Kühlschränke gewinnen kann, falls man einer Sterilisation zustimmt.
Trotz dieser Kontroversen zeigt ein Bericht der indischen Regierung, dass die Sterilisation die am weitesten verbreitete Methode der Familienplanung ist, und zwar im Rahmen des Reproductive and Child Health Programme Phase II, das im Jahre 2005 mit 166 Millionen Pfund unterstützt worden ist. Dem DfID zufolge fühlt sich UK dem Projekt bis zum nächsten Jahr verbunden und hat 2011/2012 34 Millionen Pfund dafür ausgegeben. Das meiste Geld ist inzwischen ausbezahlt worden – 162 Millionen Pfund –, aber es waren keine besonderen Bedingungen daran geknüpft.
Die Zuwendungen fallen für verschiedene Provinzen unterschiedlich aus, aber in Bihar haben private Kliniken 1500 Rupien für jede Sterilisation erhalten, mit einem Bonus von 500 Rupien, wenn sie an einem Tag mehr als 30 Operationen durchführen. NGO-Mitarbeiter erhalten für die erfolgreiche Überredung eines jeden Menschen zur Sterilisation 150 Rupien, während die Ärzte für jeden Patienten 75 Rupien bekommen.
In einem Bericht der indischen Regierung aus dem Jahr 2009 heißt es, dass fast eine halbe Million Sterilisationen im Vorjahr durchgeführt worden sind. Er enthielt aber auch Warnungen vor Problemen mit der Qualitätskontrolle und dem Finanzmanagement.
Im Jahre 2006 veröffentlichte das indische ministry of health and family welfare einen Bericht über Sterilisation, worin vor wachsenden Problemen gewarnt wurde, und im darauf folgenden Jahr warnte die indische Regierung in einem Audit vor fortwährenden Problemen mit Sterilisationsstätten. „Die Qualität der Sterilisation in den Lagern gibt Anlass zur Sorge“, hieß es da. Außerdem wurde festgestellt, dass die Qualität des Service’ dadurch betroffen sei, dass vieles der Arbeit in das Endstadium des Finanzjahres gepfropft wurde.
Bei der Ankündigung von Änderungen der Hilfen für Indien im vorigen Jahr hat das DfID versprochen, das Leben von über 10 Millionen armen Frauen und Kindern zu verbessern: „Wir verurteilen Zwangssterilisationen und haben Schritte unternommen um sicherzustellen, dass kein Penny der UK-Hilfe dafür ausgegeben wird. UK finanziert keine Sterilisationszentren, egal wo.
Die Koalitionsregierung hat die Art der in Indien ausgegebenen Hilfe vollständig geändert und diese Hilfe auf drei der ärmsten Provinzen konzentriert, und unsere Unterstützung für dieses Programm wird als Teil dieser Änderung beendet. Den Frauen Zugang zur Familienplanung zu gewähren, egal wo sie leben oder wie arm sie sind, ist ein grundlegendes Ziel der internationalen Entwicklungspolitik der Koalition“.
Gethin Chamberlain, The Observer, Sunday 15 April 2012
Link: http://www.guardian.co.uk/world/2012/apr/15/uk-aid-forced-sterilisation-india
Quelle: Übersetzt von Chris Frey EIKE