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EU-Kommission will Grenzschutz deutlich ausbauen

Archivmeldung vom 11.12.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.12.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Sitz der Frontex in Warschau
Sitz der Frontex in Warschau

Foto: Krzysztof Zacharz
Lizenz: CC-BY-SA-2.5
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Als Reaktion auf die Flüchtlingskrise will Europa seinen Grenzschutz deutlich ausbauen. Die EU-Kommission wird dazu am Dienstag einen Vorschlag machen, der im Extremfall stark in die nationale Souveränität der Mitgliedstaaten eingreifen würde. Ein Staat, der seine Grenze aus europäischer Sicht nicht ausreichend bewachen kann, müsste dann auch gegen seinen Willen akzeptieren, dass Grenzschützer aus anderen Ländern diese Aufgabe übernehmen, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Wochenendausgabe.

Koordiniert würden solche Einsätze von der Grenzschutzagentur Frontex, die ausgebaut und mit neuen Befugnissen versehen werden soll. "Unsere Außengrenzen sind gemeinsame Grenzen. Und wir waren nicht in der Lage, sie im Notfall zu schützen, das zeigt das Beispiel Griechenland", sagte Kommissions-Vizepräsident Franz Timmermans der SZ. Frontex kümmert sich bisher nur um die "operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" der EU. Die Agentur koordiniert also, kann aber von sich aus nicht eingreifen und ist auf Material, Personal und den guten Willen der Mitgliedstaaten angewiesen.

Nach dem Willen der Kommission soll Frontex zwar keine eigene Truppe erhalten, jedoch auf ein stehendes Korps von "mindestens 1.500" Grenzschützern zurückgreifen können, die die Mitgliedstaaten bereitstellen müssen. Bisher sind sie dazu nicht verpflichtet. "Dann müsste kein Regierungschef mehr mit dem Hut herumgehen und um Unterstützung bitten", heißt es aus der Kommission. Gerät die Lage an einer Grenze außer Kontrolle, soll ein neues Analysezentrum bei Frontex das Risiko bewerten. Anschließend würden dem betroffenen Staat Empfehlungen gemacht. Setzt er sie nicht um, könnte die Kommission dem Ministerrat vorschlagen, innerhalb von zwei bis drei Tagen eine schnelle Eingreifgruppe zu entsenden. Entschieden würde mit "umgekehrter qualifizierter Mehrheit". Das heißt, ein Beschluss gilt als angenommen, außer es finden sich genügend Staaten zu einer blockierenden Mehrheit zusammen. Einen solchen Fall gab es noch nicht. Eine stärkere Rolle soll Frontex auch bei Abschiebungen spielen.

Bei Problemen in Mitgliedstaaten soll Frontex Eingreifteams entsenden - auf Wunsch der Staaten, aber auch auf eigene Initiative hin. Abzuschiebende Personen sollen mit einem einheitlichen Identifizierungsdokument ausgestattet werden. Deutschland und Frankreich unterstützen die Kommissionsideen. Gegen das Vorhaben wird sich jedoch in EU-Staaten Widerstand regen, die besonders auf ihre nationale Souveränität in Grenzfragen bedacht sind. Neben den Osteuropäern sind dies Länder wie Spanien, Zypern oder Malta.

Timmermans zeigte sich aber optimistisch: "Ich habe von keinem Staat gehört, der nicht täglich zu mehr Grenzschutz aufruft, das gilt auch für jene, die die Umverteilung von Flüchtlingen ablehnen. Dann kann man sich nicht beschweren, dass wir vorschlagen, wie sich das verbessern ließe. Im Gegenteil, jetzt könnten alle europäische Solidarität zeigen."

Der Vorschlag der Kommission ließe sich, wie schon im Falle der geplanten Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen, abermals per Mehrheitsbeschluss durchsetzen. Die Kommission sieht ihren Plan als Antwort auf die Bedrohung des Schengen-Raums, also des Europas ohne Kontrollen an den Binnengrenzen. "Es kommen immer noch viel zu viele Leute ohne Registrierung in die EU", sagte Timmermans. "Wenn das ein Staat allein nicht schafft, müssen wir ihm helfen." Griechenland registriert laut EU-Kommission nur ein Viertel der dort ankommenden Flüchtlinge. Italien erfasst etwa die Hälfte aller einreisenden Migranten. Damit verstoßen sie klar gegen die Dublin-Regeln.

Die Kommission betont, ihr Ziel sei keinesfalls ein "massiver Transfer in Richtung Brüssel", analog zu den Befugnissen, die der EU etwa im Zuge der Euro-Krise übertragen wurden. Die Mitgliedstaaten blieben zuständig für den Schutz ihrer Grenzen, würden aber "eingebunden in ein neues, integriertes System". Nur im extremen Ausnahmefall solle die neue Grenzschutzagentur eingreifen dürfen. Man hoffe, dass es dazu "möglichst selten" komme.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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