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Anschlag auf den Kreml: Wie Russland antworten könnte

Archivmeldung vom 06.05.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.05.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
(Symbolbild) Bild: www.globallookpress.com / Bai Xueqi
(Symbolbild) Bild: www.globallookpress.com / Bai Xueqi

In der Nacht auf den 3. Mai hat die Ukraine den Kreml mit zwei Drohnen angegriffen. Der Fall wurde als Terroranschlag und Attentat auf Russlands Präsidenten eingestuft. Was sind die technischen Besonderheiten des Angriffs, worin bestand sein wirkliches Ziel und wie kann Russland auf den Anschlag reagieren? Dies analysiert Oleg Issaitschenko im Magazin "RT DE".

Weiter analysiert Issaitschenko  auf RT DE: "Am Mittwoch hat der Pressedienst des russischen Präsidenten bekannt gegeben, dass das Kiewer Regime versucht hat, die Kreml-Residenz des Präsidenten mit Drohnen anzugreifen. "Durch rechtzeitige Handlungen von Angehörigen des Militärs und der Sonderdienste wurden die Drohnen unter Einsatz der Mittel der elektronischen Kampfführung außer Gefecht gesetzt. Durch ihren Absturz und die Zerstreuung von Splittern auf dem Gebiet des Kremls sind keine Verletzten oder Sachbeschädigungen entstanden", so die Meldung weiter.

Dabei wurde der Angriff selbst als eine "geplante terroristische Aktion und als Attentat auf den Präsidenten im Vorfeld des Tags des Sieges am 9. Mai, an dem auch ausländische Gäste anwesend sein werden", eingestuft. Die russische Seite behielt es sich vor, Antwortmaßnahmen dort und dann zu ergreifen, wo und wann sie es für nötig hält.

Während des Zwischenfalls befand sich Wladimir Putin nicht im Kreml, sondern arbeitete in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo bei Moskau. Dies erklärte der Pressesprecher des russischen Staatschefs, Dmitri Peskow, gegenüber der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Er fügte hinzu, die Parade auf dem Roten Platz werde am 9. Mai stattfinden und Putin werde an den Feierlichkeiten teilnehmen.

Die Regierung Wladimir Selenskijs begann umgehend, ihre Verwicklung in den Terroranschlag zurückzuweisen. Selenskijs Pressesekretär Sergei Nikiforow sagte, es handele sich um einen Eskalationsversuch im Vorfeld des 9. Mai. Der Berater des ukrainischen Präsidialamts, Michail Podoljak, behauptete, dass die Ukraine keine Objekte auf russischem Gebiet angreife.

Technische Aspekte

"Aus den vorhandenen Aufnahmen ist es nicht möglich, die genauen technischen Daten der Drohne zu bestimmen. Dennoch ist klar, dass es sich um ein flugzeugähnliches Gerät mit einer Flugmasse von über 20 bis 30 Kilogramm und einer Flügelspannweite von drei bis fünf Metern gehandelt hat", erklärte der Leiter des Zentrums für die Entwicklung von Verkehrstechnologien Alexei Rogosin.

"Bisher ist nicht bekannt, ob die Drohne von ukrainischem Gebiet aus oder beispielsweise aus dem Umland von Moskau gestartet wurde. Beide Varianten sind technisch ausführbar, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich Konstruktion und Selbstkosten", erläuterte er.

Der Experte vermutete, dass das unbemannte Luftfahrzeug bis zu einem gewissen Zeitpunkt gegen Radiostörsignale resistent war. "Dies kann auf mehrere Weisen erreicht werden. Beispielsweise könnte die Drohne mit einer speziellen militärischen Entstörantenne ausgestattet worden sein, deren Kosten bei 10.000 US-Dollar beginnen", erklärte er.

"Weniger wahrscheinlich, aber ebenfalls möglich ist, dass die Drohne aus einer Distanz von einigen Kilometern nach dem Prinzip von FPV-Drohnen gesteuert wurde. In diesem Fall lenkt der Operator die Drohne von Hand mittels Videoübertragung, die die Kameras der Drohne ermöglichen", fügte er hinzu.

"Man sollte verstehen, dass solche 'Loitering Weapons' oder Kamikazedrohnen eine neue Art von Bedrohung sind. Möglichkeiten, sie zu bekämpfen, werden erst ausgearbeitet. Die russischen Ingenieure arbeiten daran, doch es wird noch einige Monate in Anspruch nehmen, bis wir sie effektiv bekämpfen können", erklärte Rogosin.

"Nach den veröffentlichten Aufnahmen ist es tatsächlich kein Multikopter, sondern ein flugzeugähnlicher Apparat. Die technischen Eigenschaften solcher Geräte erlauben ihnen, wie wir schon mehrmals sahen, bei einem Start von ukrainischem Gebiet aus Moskau zu erreichen oder sogar weiter als Moskau zu fliegen", fügte der Chefredakteur der Zeitschrift Bespilotnaja awiazija [Unbemannte Luftfahrt],Denis Fedutinow, hinzu.

"Dabei sollte man nicht die Möglichkeit ausschließen, dass die Drohne von einer Sabotagegruppe tatsächlich vom russischen Territorium aus gestartet wurde. Dies könne beispielsweise innerhalb des Gebiets Moskau geschehen sein und würde die Chancen, das Zentrum der Hauptstadt zu erreichen, erheblich erhöhen", bemerkte er.

"Dem Video nach zu urteilen, flog die Drohne auf einer geringen Höhe, um die Wahrscheinlichkeit ihrer Aufspürung und Vernichtung zu minimieren. Ebenso wenig sind auf dem Video Spuren einer äußeren kinetischen Einwirkung auf das Fluggerät sichtbar", erklärte der Experte.

Wie reagieren?

Indessen begann in den Medien und Blogs eine lebhafte Diskussion darüber, wie Russlands Antwort auf einen solchen Terroranschlag ausfallen soll. Eine der meistverbreiteten Möglichkeiten wäre ein symmetrischer Angriff auf sogenannte Entscheidungszentren in Kiew, die an den Straßen Bankowaja (Selenskijs Administration), Gruschewskogo (Rada und Ministerkabinett), Wladimirskaja (Inlandsgeheimdienst SBU), Elektrikow (ukrainischer Militärgeheimdienst), Michailowskaja (Außenministerium) und dem Wosduchoflotski Prospekt (Verteidigungsministerium) liegen.

Andere dagegen schlagen Angriffe nicht gegen Entscheidungszentren, sondern gegen Personen vor, die Entscheidungen treffen. Dabei sind sich alle einig, dass eine derartige Maßnahme eher psychologischen und symbolischen Charakter hätte und zudem in den PR-Traditionen sowohl von Selenskij selbst als auch von seinen ehemaligen Kollegen vom Studio Kwartal 95 steht.

"Was geschah, war ein Terroranschlag auf staatlicher Ebene, verübt von Vertretern eines illegalen Regimes, das durch den Staatsstreich von 2014 an die Macht kam. Deswegen müssen die Organisatoren dieser Aktion wie Terroristen behandelt werden", erklärte Konstantin Dolgow, Mitglied des Föderationsrats und ehemaliger Botschafter Russlands bei der UNO.

Dolgow zufolge verfügt Russland über alle notwendigen rechtlichen Grundlagen, um auf den Anschlag zu reagieren. Daher sei es nicht nötig, zusätzliche Entscheidungen auf legislativer Ebene zu treffen. "Hier sind keine überflüssigen Emotionen nötig. Die Regierung, einschließlich des Oberbefehlshabers, verfügt über alle notwendigen Befugnisse, deswegen wird es noch ein Nachspiel und eine Antwort auf die entstandene Situation geben", versprach der Senator. Dolgow äußerte zugleich die Meinung, dass es nun notwendig sei, "dem Präsidenten zur Seite zu stehen und für den Sieg zu arbeiten".

"Der Anschlag ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir die spezielle Militäroperation komplett zu Recht begonnen haben und fortsetzen. Denn eine Gefahr für unsere Sicherheit wird so lange existieren, wie dieses verbrecherische Regime in Kiew existiert", sagte Dolgow.

Gleichzeitig äußerte der Politologe Jewgeni Mintschenko die Ansicht, dass Wladimir Putin nach dem Angriff auf den Kreml "jedes Recht habe, die Sicherheitsgarantien für Wladimir Selenskij zurückzunehmen, die er zuvor in einem Gespräch mit dem israelischen Regierungspräsidenten Naftali Bennett gab". Mintschenko rät außerdem, dass Moskau gegenwärtig die Antwortoptionen auf den Anschlag nicht benennen sollte.

"Andernfalls könnte der Gegner von diesen Möglichkeiten erfahren und Vorteile daraus ziehen. Mehr noch, ich sehe keine dringende Notwendigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen, wenn die Entscheidung über die Beseitigung konkreter Personen getroffen wird", betonte der Politologe.

"Der Angriff selbst erfordert tatsächlich keine besondere Antwort. Hier sind weder Pathos noch Zorn nötig. Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, das, was wir in der Ukraine begonnen haben, fortzusetzen und zu beenden. Offensichtlich war dies ein psychologischer Angriff und genauso sollte er bewertet werden", fügte der Politologe und Dozent der Moskauer Wirtschaftshochschule Marat Baschirow hinzu.

Auch Alexandr Koz, Mitglied des Menschenrechtsrats und Kriegsberichterstatter der Zeitung Komsomolskaja Prawda, sieht keinen Sinn darin, "die Bankowaja oder sonstige wichtige Backsteingebäude anzugreifen". Auf seinem Telegramkanal schrieb er:

"Man muss keine Strafverfahren gegen diejenigen einleiten, die Attentate auf unseren Präsidenten oder unsere Journalisten verüben oder täglich Bewohner von Donezk töten. Man muss sie vernichten. Nicht Entscheidungszentren, sondern Entscheidungsträger angreifen. Methodisch, planmäßig und gnadenlos. Der Gegner tut das systematisch auf unserem Territorium."

Laut dem Fernsehjournalisten Andrei Medwedew gäbe es "keine Drohnen über Moskau, wenn es keine Gefahrenquellen gäbe". Er schrieb: "Nehmen Sie die Tatsache zur Kenntnis, dass die Welt nicht ideal ist, dass wir uns oft selbst betrogen haben, dass wir nicht in allem gut sind, aber besser werden. Nicht so schnell, wie man es gerne hätte. Doch wir geben uns Mühe. Der Feind ist hinterlistig und in seiner Propaganda geschickt."

"Was nun? Nichts. Es gibt keine Katastrophe. Es gibt eine unangenehme Situation. Doch davon stirbt man nicht. Man muss weiterkämpfen, Rückschlüsse aus den eigenen Fehlern ziehen, arbeiten, neue Waffen produzieren, den Feind vernichten. Wenn es keine Bedrohungsquellen gibt, gibt es auch keine Drohnen über Moskau. In solchen Tagen sollte man nicht resignieren und meinen, dass alles verloren sei. Und in den Tagen des Sieges, die sicher noch kommen werden, sollte man sich nicht zu viel freuen. Der Weg zum Sieg ist ein langer. Schonen Sie Ihre Nerven", fasste er zusammen.

"Wie soll man antworten? Erstens mit bedeutenden Erfolgen an der Front. Zweitens mit einer intensiven Entwicklung derjenigen Industriezweige, die die Grundlage unserer militärischen Macht bilden. Drittens mit einer effektiven Diplomatie in Bezug auf die Staaten der 'Weltmehrheit', die sich für diesen Zirkus mit Drohnen über dem Kreml wenig interessieren", riet der Kiewer Politologe Alexei Netschajew.

"Außerdem wäre eine physische Isolierung der Westukraine von den NATO-Staaten – im Rahmen der Lösung der wichtigsten militärstrategischen Aufgaben der Militäroperation – hilfreich. Ebenso die punktuelle 'Einwirkung' auf gegnerische Personen, die wichtige Entscheidungen treffen. Alles andere, inklusive eventueller Angriffe auf das Kiewer Regierungsviertel, scheint keine effektive Methode zur Lösung von Problemen zu sein. Es ist besser, die Kräfte und Mittel auf die wirklich wichtigen Sachen zu konzentrieren", resümierte Netschajew.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad."

Quelle: RT DE

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