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Magazin: MAD sollte bei Vertuschung von G36-Problemen helfen

Archivmeldung vom 22.04.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.04.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Deutsche Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 in Bosnien
Deutsche Soldaten mit dem Sturmgewehr G36 in Bosnien

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Um Probleme mit dem Sturmgewehr G36 nicht in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, wollte das Verteidigungsministerium unter dem damaligen Minister Thomas de Maizière (CDU) den Militärischen Abschirmdienst (MAD) einschalten. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe unter Berufung auf eine interne Mail aus dem Verteidigungsministerium vom 22. Dezember 2011.

Im Zusammenhang mit Erkenntnissen über eine mangelnde Treffsicherheit des G36 wollte man damals den hauseigenen Geheimdienst auf den Hamburger Waffenexperten und freien Journalisten Lars Winkelsdorf ansetzen. Der zuständige Oberstleutnant "wird MAD einschalten wegen Weitergabe amtsinterner Informationen an Herrn Winkelsdorf durch unbekannt", heißt es in dem Schreiben von 2011.

Das Ministerium hatte Winkelsdorf nach dessen Angaben im März 2011 zu zwei Gesprächen in die Behörde geladen, bei denen er, so der Waffenexperte zum stern, auch auf "Probleme der Wirksamkeit des G36" hingewiesen habe. Laut der internen Mail vom Dezember 2011 waren solche Probleme bereits damals offiziell bekannt. Untersuchungen der internen Prüfstelle WTD91, hieß es in dem seinerzeitigen Schreiben, "bestätigen die Auffälligkeiten bzgl. Treffleistung bei heißgeschossenem Waffenrohr".

Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken will vom Verteidigungsministerium in einer schriftlichen Anfrage nun Aufklärung über den Einsatz des MAD verlangen. Die Behörde müsse "die Probleme mit dem Gewehr angehen statt den Geheimdienst in Marsch zu setzen", sagte van Aken dem stern: "Da hat man die falschen Prioritäten gesetzt." Das Verteidigungsministerium ließ Fragen des stern zu dem Vorgang unbeantwortet und verwies auf die geplanten Untersuchungen zum G36, für die die Behörde zwei Kommissionen mit Sachverständigen berufen will.

Wüstner: Verantwortungsvolle Politik hört beim G36 nicht auf!

Zur jetzt angelaufenen Aufarbeitung der Mängel am Gewehr G36 und der Befassung des Verteidigungsausschusses mit dem Fall erklärt der Bundesvorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbandes, Oberstleutnant André Wüstner: "Auch, wenn unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz wie im Grundbetrieb dem Sturmgewehr G36 vertrauen: Die Untersuchungsergebnisse zeigen eindeutig, dass jetzt umgehend der Entwicklungs- und Beschaffungsprozess für ein neues System Sturmgewehr eingeleitet werden muss. Dieser Prozess darf sich keinesfalls zehn Jahre hinziehen!

Für die Zwischenzeit muss sicherstellt werden, dass Regeneration und Instandhaltung des G36 und damit der Ausbildungsbetrieb als wesentlicher Grundbaustein für die Einsatzbereitschaft von Streitkräften gewährleistet bleibt. Zudem muss geprüft werden, ob zügig eine auf dem Markt verfügbare und den heutigen Einsatzerfordernissen entsprechende Waffe beschafft werden kann oder ob das G36 für eine Übergangszeit modifiziert und optimiert werden kann."

Wüstner weiter: "Es ist gut und richtig, dass das Thema Ausrüstung der Bundeswehr die entsprechende Aufmerksamkeit des Parlamentes erfährt. Die Soldatinnen und Soldaten brauchen die bestmögliche Ausrüstung. Das gilt allerdings nicht nur für die Handwaffen, sondern für die gesamte Ausstattung der Bundeswehr. Sie leidet unter einem enormen Modernisierungsstau, der seinen Grund in den strengen Sparauflagen der vergangenen Jahre hat. In den kommenden Jahren muss hier deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden."

Derzeit, so Wüstner, geben Soldatinnen und Soldaten im Schnitt 1.000 Euro für privat beschaffte Ausstattung aus. "Es kann keine Perspektive sein, dass sie in Zukunft etwa auch noch ihre Funkgeräte oder Nachtsichtbrillen aufgrund von Mängeln oder fehlender Neubeschaffung selbst kaufen müssen. Die Menschen in der Bundeswehr setzen daher auf verantwortungsvolle Politik weit über das Thema G36 hinaus und damit auch auf eine zwingend erforderliche verbesserte finanzielle Unterfütterung der Bundeswehr. Dazu muss der Rüstungs- und Beschaffungsanteil für die entsprechende Modernisierung bereits 2016 auf 20% erhöht werden - sonst bleibt alles eine Farce!"

Quelle: Gruner+Jahr, stern - DBwV Dt. BundeswehrVerband (ots)

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