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Der Ukraine-Krieg und die Folgen für den Westen kamen nicht überraschend

Archivmeldung vom 26.09.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.09.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Symbolbild: Canva / WB / Eigenes Werk
Bild: Symbolbild: Canva / WB / Eigenes Werk

Für die breite Öffentlichkeit kam der Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar völlig überraschend; wer aber mit der Materie vertraut war, konnte durchaus früh wissen, dass die gegenwärtige Eskalation nur eine Frage der Zeit war. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".

Weiter berichtet das Magazin: "Nicht nur, was den von westlichen Medien jahrelang unter den Teppich gekehrten bürgerkriegsähnlichen Konflikt im Donbas lange vor der Invasion betraf, reicht dieser Konflikt viel weiter zurück als zur Invasion am 24. Februar; tatsächlich war der Krieg das sehr wohl einkalkulierte Resultat geopolitischer Strategien.

Denn vor allem für die USA ist die Ukraine ein Schlüsselfaktor zur Aufrechterhaltung ihrer Vormachtstellung in Europa und ein unersetzlicher Brückenkopf, um Einfluss innerhalb der eurasischen Landmasse auszuüben. Da die Ukraine jedoch auch für Russland eine nicht nur historisch-kulturelle immense Bedeutung hat (“Großrussland, Dreieiniges russisches Volk)”, sondern auch von erheblicher kontinentaler und geostrategischer Bedeutung ist, war ein massiver, ja kriegerischer Konflikt quasi vorprogrammiert. Er hätte auch schon 2014 nach der Krim-Annexion ausbrechen können, damals aber war die westliche Einflussnahme auf Kiew noch nicht weit genug gediehen.

Der amerikanische Politikwissenschaftler Zbigniew Brzezinski, der von 1977 bis 1981 als Nationaler Sicherheitsberater von Präsident Jimmy Carter fungierte, erläuterte die hegemoniale US-Strategie, die vieles von der aktuellen ukrainischen Gemengelage erklärt, bereits in seinem 1997 erschienen Buch „Die einzige Weltmacht“ (im Original “The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperative”).

Brzezinskis Skizzierung der US-Hegemonialinteressen

Eurasien ist, stellt Brzezinski darin fest, „der größte Kontinent der Erde und geopolitisch axial. Eine Macht, die Eurasien beherrscht, würde über zwei der drei höchstentwickelten und wirtschaftlich produktivsten Regionen reichen. (…) Nahezu 75 Prozent der Weltbevölkerung leben in Eurasien, und in seinem Boden wie auch seinen Unternehmen steckt der größte Teil des materiellen Wachstums der Welt. (…) Als Ganzes genommen stellt das Machtpotenzial dieses Kontinents das der USA weit in den Schatten.“

Um die US-Vorrangstellung in diesem Gebiet zu erhalten, müsse verhindert werden, dass sich die ehemaligen Staaten der Sowjetunion gegen den Westen, sprich: die USA, zusammenschlössen. Deshalb müssten EU und NATO nach Osten erweitert werden. Der „kritische Punkt“ sei hier die Ukraine, die für Russland unverzichtbar sei, um ein eurasisches Reich zu werden und seine dominierende Position am Schwarzen Meer zu behaupten. Dennoch forderte Brzezinski das sechs Jahre nach dem Ende der Sowjetunion geschwächte und instabile Russland auf, die Unabhängigkeit der Ukraine und deren Recht auf die Krim „ohne Wenn und Aber“  anzuerkennen.

Scholl-Latours weise Voraussagen

Die Ukraine werde „schließlich vor der Wahl stehen, ob sie Teil“ von EU und/oder NATO sein wolle, wobei Brzezinski davon ausging, dass sie beiden beitreten werde, „wenn deren Einzugsbereich einmal an ihr Territorium grenzt“, um ihre Unabhängigkeit zu wahren. Dass dieses Vorgehen einen kriegerischen Konflikt mit einem wiedererstarkten Russland mindestens sehr wahrscheinlich machen würde, war also allen Beteiligten seit Jahrzehnten bewusst. Dennoch trieben die USA und Europa die Osterweiterung von EU und NATO voran, trotz immer wieder vorgebrachter Bedenken und Warnungen Russlands. 

Dass die Ukraine kein heterogener Staat ist, in dem der östliche Teil sich mehrheitlich Russland zugehörig fühlt, war ebenfalls bekannt. Wenige Monate vor seinem Tod 2014 und einer eigenen Dokumentation von 2006, hatte auch der bekannte deutsche Journalist Peter Scholl-Latour die Hintergründe und Gefahren der ständigen EU-und-NATO-Erweiterungen angeprangert, die nur zu Kräfteverschleiß und Konflikten führe. Das aufschlussreiche Interview sollte man gesehen haben – denn es nimmt bereits vor acht Jahren vieles von dem vorweg, was sich aktuell abspielt.


Die Einbeziehung der „riesigen Ukraine“, so die Reporter- und Journalistenlegende darin, sei „völliger Unsinn“. Zudem prophezeite Scholl-Latour, dass die Europäer mehr unter Sanktionen gegen Russland leiden würden als die Russen; und das, wohlgemerkt, alles vor acht bzw. 16 Jahren, als die deutsche Abhängigkeit von russischem Erdgas noch nicht annähernd das Ausmaß erreicht hatte von vor dem Krieg.

Trotz dieser Warnungen und absehbaren Risiken hielt der Westen an seiner Expansionsstrategie fest. Dass die Ukraine damit auf jeden Fall Gefahr lief, Opfer eines russischen Angriffs zu werden, wusste auch der damalige ukrainische Regierungsberater Oleksiy Arestovych, der bereits in einem Interview von 2019 mit verblüffender Präzision – halb als Warnung, halb als deskriptive Feststellung – vorausgesagt hatte, dass Russland zwingend einen militärischen Schlag gegen die Ukraine führen würde, sollten sich die Annäherungen an den Westen akzelerieren.

In diesem Fall werde es Russland darum gehen, so Arestovych hellsichtig, möglichst viel Infrastruktur der Ukraine zu zerstören und das Land damit wirtschaftlich und militärisch so zu schwächen, dass es als Partner für die NATO uninteressant werde. Die Bereitschaft der aktuellen und früheren ukrainischen Regierungen, den westlichen Verlockungen nachzugeben, musste also mit höchster Wahrscheinlichkeit zu diesem Konflikt führen.

Fall Arestovych: Auch innerhalb der Ukraine gab es kluge Mahner

Interessanterweise sagte Arestovych die weitere Entwicklung, sogar bis hin zur Art und Vorgehensweise des russischen Angriffs, bis ins Detail genau voraus. Von einem “Endsieg” der Ukraine, wie ihn die westlichen Verbündeten allen Ernstes als einzige salon- bzw. öffentlichkeitsfähige Exit-Strategie des Konflikts sehen, war bei Arestovych – wie bei praktisch allen politischen Analysten – mit keiner Silbe die Rede.

Dies auch, weil dieser Gedanke damals so abwegig war, wie er aus Sicht von objektiven, realistisch denkenden westlichen Militärs noch heute ist: Russland als Atommacht mit einem potentiellen Millionenheer kann diesen Krieg niemals militärisch verlieren, und nur fachfremde Träumer und Vollidioten können so etwas ernsthaft propagieren – von der so massiv gesteigerten Gefahr einer nuklearen Eskalation ganz zu schweigen.

Die USA gewinnen in jedem Szenario

Es bestätigt sich nun, was in der Rückschau die Prognosen kluger publizistischer und politischer Köpfe in den letzten acht Jahren treffend vorausgesehen hatten: Am Ende verliert vor allem der Westen selbst in diesen Konflikt, wobei die USA anders als Europa zu den wirtschaftlichen Profiteuren zählen: Sie selbst haben kein Sicherheitsrisiko durch den Krieg, sondern profitieren in jedem Fall. Entweder, indem sie die Ukraine letztlich als westliche “Kolonie” an ihrer Seite haben – oder, indem die Europa in ihrem “Abnutzungskrieg” durch die negative Rückkopplung der Sanktionen und ihre Waffenlieferungen militärisch und wirtschaftlich so geschwächt sind, dass sie umso mehr unter die Kuratel Washingtons geraten.

Dass das westliche Vorgehen vor und nach Beginn des Krieges dazu führen würde, dass die Sanktionen Europa selbst „letzten Endes in den Orkus der Geschichte spülen“ werden, hatte übrigens auch der Wirtschaftsexperte Thomas Bachheimer bereits im März im Interview mit Wochenblick vorausgesehen.

Wer Rohstoffe hat, bestimmt die Regeln

Mehr noch: „Das Aussperren Russlands aus dem Zentralbankenbereich und aus dem internationalen Geldmarktgeschehen sowie das Einfrieren von Staatskonten von heute auf morgen wird das Vertrauen vieler Länder erschüttern“, erläuterte Bachheimer damals weiter – weshalb die russische Wirtschaft und ihr Geldsystem sich in Richtung Asien, in rohstoffreiche Gebiete, verlagern werde, weil das Vertrauen in den Westen dauerhaft verloren sei. Auch unter diesem Aspekt ist die Weigerung der EU-Staaten, aktiv eine Friedenslösung herbeizuführen und sich diplomatisch dem Kreml wieder anzunähern, fatal.Fakt ist, wie auch Bachheimer feststellte: Wer die Rohstoffe hat, bestimmt die Regeln – und zwar im Zweifel letztlich auf Kosten des abhängigen Westens.

Diese Analysen renommierter Experten zeigen eines: Wer wollte, hätte schon früh genau wissen konnte, wohin die westliche Politik führen würde – und insbesondere die deutsche, mit Blick auf die sträfliche Abhängigkeit von russischem Gas. Nun, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, reiht sich eine Katastrophe an die nächste – auf Kosten der Menschen und der europäischen Firmen, die durch die schlimmste Energie- und Versorgungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg vor dem Ruin stehen. Als Folge der moralischen Überheblichkeit ihrer eigenen Führer – nicht der russischen Militäroperation."

Quelle: Wochenblick

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