Schäuble: Einigung mit Athen steht noch nicht bevor
Archivmeldung vom 28.05.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat einer Aussage des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras widersprochen, nach der eine Einigung im Schuldenstreit bevorsteht.
"In der Sache sind die Verhandlungen zwischen den drei Institutionen und der griechischen Regierung noch nicht sehr viel weiter gekommen", sagte Schäuble in einem ARD-Interview. Deshalb sei er überrascht über die Ankündigung einer bevorstehenden Einigung.
Zuvor hatte sich bereits der Vize-Präsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, zurückhaltend geäußert: Man arbeite intensiv daran, eine Vereinbarung auf Arbeitsebene zu erreichen. "Aber wir sind immer noch nicht so weit."
Athen rechnet mit Entscheidung über Kredite innerhalb von zwei Wochen
Die endgültige Entscheidung über weitere Kredite und über die wirtschaftliche Zukunft von Griechenland wird innerhalb der kommenden zwei Wochen fallen. Das sagte der Verhandlungsführer Griechenlands, der stellvertretende Außenminister Euclid Tsakalotos, in einem Gespräch der F.A.Z.. Auch nach einer etwaigen Vereinbarung müssten die Ergebnisse in der Athener Koalition nach wirtschaftlichen und politischen Aspekten überprüft werden. Bisher habe die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras schon viele Zugeständnisse gemacht, sagte Tsakalotos der F.A.Z. Deswegen sei zuletzt in der Regierungspartei Syriza die Gruppe der Gegner einer Einigung und der Befürworter eines Austritts aus dem Euro stärker geworden.
ESM-Chef Regling appelliert an Tsipras: Reformkurs fortsetzen
Der Chef des Euro-Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, hat an Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras appelliert, die bereits erzielten Reformerfolge nicht zu verspielen. In "Bild" sagte Regling, sonst könnten die "Opfer der Griechen alle umsonst gewesen sein". Der Direktor des ESM lobte ausdrücklich die bereits erzielten Erfolge des Reformprogramms in Griechenland. "Als Folge schmerzlicher Reformen war Griechenland bis Ende 2014 auf einem guten Weg." So seien Erzeugnisse billiger geworden, die Wirtschaft sei angesprungen, neue Jobs seien entstanden und Investoren hätten wieder griechische Staatsanleihen gekauft. Regling: "Premier Tsipras sollte diesen erfolgreichen Reformkurs fortsetzen. Ansonsten riskiert er, dass die vergangenen Opfer der Griechen alle umsonst gewesen sind."
Oppermann warnt vor Grexit als "Desaster für ganz Europa"
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat eindringlich vor einem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro gewarnt: "Ein Grexit wäre für ganz Europa ein Desaster", sagte Oppermann der "Rheinischen Post". "Inmitten der internationalen Krisen schauen alle auf Europa", sagte der SPD-Politiker vor dem G7-Finanzministertreffen in Dresden, das am Mittwoch beginnt. "Da wäre ein Grexit ein unübersehbares Zeichen der Schwäche, das uns alle belasten würde", sagte Oppermann. Ein Staatsbankrott "würde aber vor allem die Griechen hart treffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die griechische Regierung es darauf ankommen lässt", sagte er. Oppermann forderte die griechische Regierung zudem auf, im Streit über weitere Reformen endlich einzulenken. Eine Freigabe der noch ausstehenden Hilfsgelder "wird es erst im Gegenzug zu konkreten und belastbaren Reformen geben", so der SPD-Politiker.
ESM-Chef: Zeit für Athen "wird knapp"
Der Chef des Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, warnt vor einer Staatspleite Griechenlands: "Die Zeit wird knapp. Deshalb arbeiten wir Tag und Nacht an einer Einigung", sagte Regling der "Bild". "Ohne Einigung mit den Geldgebern kriegt Griechenland kein neues Geld geliehen. Dann droht eine Staatspleite." Dies berge große Risiken, so Regling weiter. "Auch eine nicht gezahlte Rate an den IWF wäre gefährlich. Das hätte Auswirkungen auf andere Gläubiger wie uns. Andererseits vergibt der Rettungsschirm nur Kredite, wenn Reformen umgesetzt werden. Das gilt auch jetzt, nur so kann die griechische Wirtschaft gesunden." Regling betonte, dass der Rettungsschirm durchaus in der Lage sei, Griechenland weitere Milliarden-Hilfen auzuzahlen, wenn sich Athen mit den Gläubigern auf eine verbindliche Reformliste einige: "Bei einer Einigung und Zustimmung aller Euro-Staaten könnte Griechenland von uns relativ schnell die letzte Kreditrate von 1,8 Milliarden Euro und weitere 1,8 Milliarden Euro an Zentralbankgewinnen bekommen. Ähnlich viel liegt beim IWF bereit. Zusammen sind das 7,2 Milliarden Euro. Um diese Gelder zu bekommen, muss Griechenland weitere Reformen umsetzen." Grundsätzlich stünden genug Mittel zur Verfügung, um die Märkte auch in Zukunft zu beruhigen, sagte Regling.
Ein drittes Hilfspaket schloss der ESM-Chef auf Nachfrage nicht aus: "Griechenland hat vom Rettungsschirm schon 130,9 Milliarden Euro geliehen bekommen. Jetzt geht es um den erfolgreichen Abschluss des laufenden Programms. Erst dann kann beurteilt werden, ob weitere Hilfen notwendig sind. Der ESM hat ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten für alle Eventualitäten. Das ist wichtig zur Beruhigung der Märkte." Einem Ausstieg des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus der Griechenland-Rettung steht Regling kritisch gegenüber: "Der IWF hat Jahrzehnte an wertvoller Erfahrung im Sanieren von Krisenstaaten in aller Welt durch Notdarlehen und Reformen. Deutschland und andere Euro-Staaten wollen deshalb, dass der IWF in Griechenland auf jeden Fall dabei bleibt."
Quelle: dts Nachrichtenagentur