Weißrussland zwingt Passagiermaschine zur Landung - Festnahme
Archivmeldung vom 25.05.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićEine Maschine der Fluggesellschaft Ryanair ist auf dem Weg von Griechenland nach Litauen zu einer Notlandung in der weißrussischen Hauptstadt Minsk gezwungen worden. Ein im Exil lebender Regierungskritiker, der sich an Bord befand, sei festgenommen worden, berichteten mehrere Medien am Sonntag übereinstimmend.
Demnach soll ein Militärflugzeug die Passagiermaschine, die in Athen gestartet war, abgefangen haben. Machthaber Alexander Lukaschenko selbst habe dies angeordnet, hieß es. Grund waren nach Angaben der staatseigenen weißrussischen Nachrichtenagentur Belta angebliche Meldungen über explosive Stoffe an Bord, die sich als falsch erwiesen hätten. In der EU und in Deutschland löste der Vorgang Empörung aus.
"It is utterly unacceptable to force Ryanair flight from Athens to Vilnius to land in Minsk", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei Twitter.
Allen Passagieren müsse es erlaubt werden, ihre Reise sofort fortzusetzen. Jeder Verstoß gegen die internationalen Luftverkehrsregeln müsse Konsequenzen haben. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), zeigte sich ebenfalls empört. "Wenn sich die Informationen bestätigen, handelt es sich um einen unfassbaren Fall von Staatsterrorismus", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die FDP forderte unterdessen, der staatlichen Fluggesellschaft Belavia die Landerechte in der EU zu entziehen. Lukaschenko habe sich einer Entführung schuldig gemacht: "Mit der Entführung einer Passagiermaschine, die zwischen zwei EU-Mitgliedstaaten unterwegs war, hat Lukaschenko eine rote Linie überschritten", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff dem RND.
Er müsse ab sofort als Krimineller behandelt werden. "In Frankfurt und München dürfen keine Maschinen des Diktators mehr landen, genau so wenig wie in anderen EU-Ländern." Der osteuropapolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Manuel Sarrazin, forderte Sanktionen gegen weißrussische Staatsunternehmen. "Die EU muss auf diesen neuerlichen Fall reagieren und endlich die belarussischen Staatsunternehmen sanktionieren, die von den USA bereits auf ihre Sanktionsliste genommen wurden", sagte er dem RND. "Die Berichte über den Vorgang zeigen, dass Lukaschenko alle Mittel in die Hand nimmt, um freie Meinungsäußerung brutal zu unterdrücken. Der Diktator lässt mithilfe eines Kampfflugzeuges einen internationalen Flug umleiten, um einen regimekritischen Journalisten zu verhaften." Mittlerweile halte Lukaschenko in Weißrussland über 400 politische Gegner gefangen.
Entsetzen nach Zwangslandung in Weißrussland
Nachdem Weißrussland eine Ryanair-Maschine auf dem Flug von Griechenland nach Litauen zur Landung gezwungen hat, offenbar um einen an Bord befindlichen Passagier festzunehmen, herrscht in der EU und in Deutschland blankes Entsetzen.
"Dass ein Flug zwischen zwei EU-Staaten unter dem Vorwand einer Bombendrohung zur Zwischenlandung gezwungen wurde, ist ein gravierender Eingriff in den zivilen Luftverkehr in Europa", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). "Ein solcher Akt kann nicht ohne deutliche Konsequenzen von Seiten der Europäischen Union bleiben", so der Außenminister. Deutschland stehe dazu "in engem Austausch mit den betroffenen EU-Partnern".
"Der verhaftete Oppositionelle Roman Protasevich ist unverzüglich freizulassen", sagte CDU-Chef Armin Laschet. Der Europäische Rat müsse sich mit Konsequenzen befassen. "Das ist ein unglaublicher Vorgang und muss harte Konsequenzen nach sich ziehen", sagte CSU-Chef Markus Söder. Die EU müsse jetzt "alle denkbaren Möglichkeiten von Sanktionen ausschöpfen". Für die Grünen sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, Lukaschenko sei "jedes Mittel recht, um Demokratie und freie Meinungsäußerung zu unterdrücken". Dieser Vorgang sei "ungeheuerlich und muss aufgeklärt werden". Der um 9:30 Uhr in Athen gestartete Ryanair-Flug FR4978 nach Vilnius war über weißrussischem Territorium kurz vor Erreichen der Grenze zu Litauen gegen 11:45 Uhr nach Minsk umgeleitet worden und dort gegen 12:20 Uhr gelandet.
Quelle: dts Nachrichtenagentur