Frankreich in Afrika: mehr Probleme als Nutzen?
Archivmeldung vom 17.12.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer französische Präsident François Hollande kommt wahrscheinlich auch deswegen nicht zu den Olympischen Spielen in Sotschi, weil Frankreich die wichtigste olympische Voraussetzung – Einstellung aller Kriege für die Zeit der Spiele – nicht erfüllen kann. Mutmaßt Wadim Fersowitsch bei Radio "Stimme Russlands".
In seinem Beitrag heißt es: "Nachdem Frankreich sein Kontingent aus Afghanistan abgezogen hat, verlagert das Land alle seine Expeditionstruppen nach Afrika, einen Kontinent, der für das Land viel wichtiger ist. Nach dem Einsatz in Mali im ersten Halbjahr 2013 begann Frankreich einen anderen in der Zentralafrikanischen Republik. Indem Paris die Bildung der „afrikanischen Nato“ unterstützt, versucht es natürlich, sich das Recht vorzubehalten, als deren Kurator in den Ländern des Französischen Afrika aufzutreten. Afrikanischen Friedensstiftern mangelt es bisher an Ausbildung und Bewaffnung. Logisch, dass ernste Konflikte in früheren französischen Kolonien bisher kaum ohne Franzosen zu lösen sind.
Während die Ergebnisse des Einsatzes in Mali Anfang Sommer aussichtsvoll erschienen, so stellte sich Ende Sommer heraus, dass das wichtigste Problem nicht gelöst wurde. Im Laufe des Einsatzes versuchte die französische Seite mit allen Mitteln, keine Zusammenstöße der malischen Armee mit separatistischen Tuareg zuzulassen. Für die Zeit der Kriegshandlungen gegen die Islamisten erklärten sie ihre Neutralität und Verhandlungsbereitschaft gegenüber den neuen Behörden. Schließlich ließ die alte Feindschaft jedoch keine Chancen für einen Kompromiss.
Ende November erklärte die separatistische Gruppierung Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA) den Ablauf des fünfmonatigen Abkommens über Feuereinstellung mit der malischen Regierung. „Überall, wo wir der Armee begegnen, werden wir sie angreifen. Das wird automatisch geschehen. Vorwarnungen gibt es nicht mehr“, sagte der MNLA-Vizepräsident. Französische Militärs erklärten ihrerseits, dass sie die Situation weiter verfolgen werden. Das passive Herangehen zur Lösung des alten ethnischen Konflikts im Vorfeld der Wahlen im Lande scheint keine Früchte getragen zu haben.
Rob Prince von der Universität Denver schätzt die Situation wie folgt ein: „Eine Sache ist es, die Islamisten mittels der französischen Armee aus einem Großteil Malis zu verdrängen, und etwas ganz anderes ist es, sich an die Lösung großer Probleme zu machen, wie etwa die extreme Armut, zwischenethnische Gespanntheit, Repressionen, Korruption, schwache Staatsinstitutionen und Infrastrukturmängel. Von all diesen Problemen wird das afrikanische Land schon lange geplagt. Die Unfähigkeit, sie zu lösen (trotz Behauptungen von Paris) wird am Ende größeres zur Folge haben als nur eine vorübergehende Waffenruhe, bis die soziale Krise wieder einmal an Kraft gewinnt.“
Es ist offensichtlich, dass das Grundübel viel tiefer liegt als religiöse und ethnische Fehden. Eine fast identische Situation entstand in der Zentralafrikanischen Republik. Etwas besser sieht es in den benachbarten Tschad, Kongo und Sudan aus. Ob es der Weltgemeinschaft gelingt, Hunderttausenden Menschen zu helfen, die am Rande einer humanitären Katastrophe stehen, ist unklar. Die Mittel, die die Uno für die humanitäre Hilfe sammelt, reichen nicht aus. In ihrer Verzweiflung und Erbitterung werden die Menschen verständlicherweise noch lange den Grund ihrer Unglücke bei ihren Nachbarn suchen.
Bisher hat Frankreich nur die Sicherheit der Schlüsselstrukturen der erwähnten Länder übernommen. In Mali wird inzwischen wieder geschossen, in der Zentralafrikanischen Republik sind die Schüsse noch nicht abgeklungen. Außerdem werden neue, bislang sehr riskante Spritzen seitens Frankreichs in die zerstörte Wirtschaft erforderlich sein. Doch auch bei einem optimistischen Szenario liegen potenzielle Dividenden von einer „neuen Aufteilung Afrikas“ in einer sehr entfernten Zukunft. Vorerst hat Paris jedoch nur mit Unkosten und Kopfschmerzen von afrikanischen Problemen zu rechnen."
Quelle: Text Wadim Fersowitsch - „Stimme Russlands"