Menschenrechtsaktivist im Tschad zu zwei Jahren Haft verurteilt
Archivmeldung vom 18.07.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDjeralar Miankeol, Menschenrechtsaktivist und Direktor der zivilgesellschaftlichen Organisation „Association Ngaoubourandi“ im südtschadischen Moundou, ist am 7. Juli 2015 wegen „Beleidigung der Staatsgewalt“ zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt worden. Der AK Rohstoffe, ein Zusammenschluss verschiedener deutscher zivilgesellschaftlicher Organisationen, fordert die sofortige Freilassung Miankeols, dessen Gesundheitszustand besorgniserregend ist.
Am 7. Juni 2015 gab Djeralar Miankeol ein Radio-Interview, in dem er die Problematik der Landnahme durch die Eliten sowie die Korruption in Justiz und Verwaltung anprangerte. Am 15. Juni befragte der Staatsanwalt der Region Logone Occidental Miankeol zu diesem Interview und ordnete sodann seine Verhaftung an. Er wurde ins Untersuchungsgefängnis von Moundou gebracht. Erst am nächsten Tag stellte ein Richter am Gerichtshof von Moundou einen Haftbefehl wegen Beleidigung der Staatsgewalt (outrage à magistrat) aus. Daraufhin wurde Djeralar Miankeol ins Gefängnis von Moundou überstellt. Dort verblieb er, ohne dass Anklage erhoben wurde. Zwei Wochen später, am 30. Juni, fand die Anhörung statt: Die Staatsanwaltschaft forderte 18 Monate Gefängnis ohne Bewährung und 100.000 FCFA Strafe (ca. 150 Euro), während seine Anwälte auf Freispruch plädierten. Am 7. Juli wurde Djeralar Miankeol zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Der Richterspruch fiel somit noch härter aus als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Argumente der Anwälte, die auch Verfahrensfehler nachwiesen, wurden nicht berücksichtigt.
Im Tschad fördert seit 2003 ein internationales Konsortium (ExxonMobil, Chevron, Petronas), politisch unterstützt durch die Weltbank, Erdöl. Trotz umfassender Maßnahmen gelang es der Weltbank seither nicht, negative Auswirkungen des Chad-Cameroon Oil & Pipeline Project in der Förderregion zu vermeiden. Die Association Ngaoubourandi, für die Miankeol aktiv ist, macht die fortwährende Landnahme durch Eliten öffentlich und versucht, die in der Folge der Ölproduktion entstandenen Ungerechtigkeiten und Konflikte friedlich zu lösen. Der Flächenverbrauch durch die Ölförderung verschärft u. a. die Konflikte zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern.
Das gesamte juristische Vorgehen gegen Miankeol zeugt von dem Willen der Staatsgewalt, zivilgesellschaftliche Akteure einzuschüchtern und an ihrer Arbeit zu hindern. Der AK Rohstoffe verurteilt die Verhaftung und Verurteilung von Djeralar Miankeol und fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung. „Es muss sichergestellt werden, dass Djeralar Miankeols psychisches und physisches Wohlergehen geachtet werden. Außerdem muss dem Klima der Bedrohung von zivilgesellschaftlich Engagierten im Tschad insgesamt Einhalt geboten werden“, verlangt Martin Petry, freiberuflicher Berater mit engen Kontakten in den Tschad. „Im Sinne einer nachhaltigen Rohstoffpolitik müssen die deutsche Bundesregierung und die EU auch den Schutz von Menschenrechten einbeziehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund von Landkonflikten, die in der Folge von Rohstoffabbau zunehmen“, fordert Lena Guesnet, wissenschaftliche Mitarbeiterin des BICC.
Der AK Rohstoffe ist ein Netzwerk deutscher Nichtregierungsorganisationen, die sich für Menschenrechte, soziale Standards und Umweltschutz einsetzen. Seit 2008 trifft sich der AK Rohstoffe regelmäßig und diskutiert angesichts der negativen Auswirkungen des Rohstoffabbaus über Ansätze einer zukunftsfähigen Rohstoffpolitik. Seit Mai 2013 gibt es ein Koordinationsbüro in Berlin.
Quelle: Bonn International Center for Conversion (BICC) (idw)