Kanadische Journalistin: Was ich bei dem angeblichen "Massengrab" in der Nähe von Mariupol vorgefunden habe
Archivmeldung vom 02.05.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićLaut jüngsten westlichen Medienberichten haben russische Streitkräfte bis zu 9.000 Zivilisten aus Mariupol in "Massengräbern" westlich der ukrainischen Stadt verscharrt. Ein Blick aus erster Hand auf den Ort, an dem laut Kiew Tausende von Leichen liegen sollen. Dies berichet Eva Bartlett im Magazin "RT DE".
Weiter berichtet Bartlett auf RT DE: "Die Berichte in westlichen Medien präsentierten Satellitenbilder als angebliche Beweise für die Massengräber und stützten sich auf die Behauptungen von Offiziellen, die loyal zu Kiew stehen, dass "die Leichen möglicherweise in Schichten begraben wurden" und "die Russen den ganzen April hindurch Gräben ausgehoben und jeden Tag mit Leichen gefüllt haben". Ich suchte die fragliche Stelle auf – fand aber keine Massengräber vor.
Am 23. April begleitete ich den RT-Journalisten Roman Kosarew zu einem Besuch vor Ort in der Stadt Mangusch. Was ich sah, waren frische, geordnete Grabstätten – darunter einige leere – als eine Erweiterung eines bereits bestehenden Friedhofs an der Stelle. Keine Massengrube. Viele der Gräber haben Plakate mit den Namen und Geburtsdaten der Verstorbenen, sofern verfügbar, und die übrigen Grabstellen wurden nach der Bestattung mit Nummern versehen.
Da die westlichen Medien sich im Wesentlichen von denselben Quellen bedienen – wie vom ehemaligen Bürgermeister von Mariupol, Wadim Boitschenko, der jetzt von der Stadt weit weg entfernt zu sein scheint –, werde ich aus einem Artikel der Washington Post zitieren.
Boitschenko, so heißt es in dem Artikel, "nannte den Ort das 'neue Babi Jar' und bezog sich auf eines der größten Massengräber Europas in den Außenbezirken von Kiew, wo 1941 während des Zweiten Weltkrieges 33.000 Juden von Nazis getötet wurden".
Das ist auf mehreren Ebenen zynisch. Ein Bürgermeister, der Neonazis schönredet, die in der Stadt Amok gelaufen sind – insbesondere diejenigen des Asow-Bataillons, die Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzten, zivile Infrastruktur besetzten und militarisierten, Zivilisten aus nächster Nähe hinrichteten –, stellt ein angebliches und nicht existierendes Massengrab einem Nazi-Massaker des Zweiten Weltkrieges gegenüber. Derweil hat das Kiewer Regime die Geschichte neu geschrieben und die Nazis des Zweiten Weltkrieges und ihre Kollaborateure zu Helden der Nation gemacht. Das berüchtigtste Beispiel ist die Figur Stepan Bandera aus dem Zweiten Weltkrieg.
Eine weitere alarmistische Behauptung von Boitschenko war, dass das angebliche "Massengrab das größte Kriegsverbrechen des 21. Jahrhunderts" sei.
Wir sind erst im Jahr 22 des 21. Jahrhunderts, aber wir haben bereits die US-geführte Invasion und Zerstörung des Irak, die Einebnung von Raqqa in Syrien, den andauernden Krieg Saudi-Arabiens im Jemen miterlebt – allesamt viel stärkere Anwärter für den Titel "Kriegsverbrechen" als das nirgendwo zu findende "Massengrab" von Mangusch.
In Wirklichkeit umfasst das Gelände etwa 400 einzelne Grabstätten, darunter fast 100, die leer sind. Die 9.000 Leichen und das "größte Kriegsverbrechen des 21. Jahrhunderts" waren unbestätigte Behauptungen eines Bürgermeisters, der längst aus seiner Stadt geflohen war, sekundiert von Medien, die jeweils am Ende ihrer Berichte zugeben mussten, dass man die Behauptungen nicht unabhängig überprüfen konnte – aber der Schaden war schon angerichtet.
Bestatter widerlegen Behauptungen über die Massengräber
Während mein Begleiter und ich auf dem Gelände umhergingen, trafen wir auf zwei für Bestattungen zuständige Männer. Als wir sie mit den Beschuldigungen des ehemaligen Bürgermeisters konfrontierten, wiesen sie diese vehement zurück. "Hier ist kein Massengrab und niemand wirft Leichen in eine Grube", sagte einer.
Ihren Angaben zufolge bestatten sie jede Person in einem Sarg und einem eigenen Grab. Einzelheiten werden im Leichenschauhaus protokolliert, und wenn Dokumente zu Name und Alter vorgelegt werden, werden diese Angaben auf ein Schild geschrieben und das Grab damit gekennzeichnet, andernfalls wird das Grab mit einer Nummer versehen. Sie gaben auch an, dass in einem Teil der neuen Gräber ukrainische Soldaten bestattet sind. "Das sind auch Menschen", sagte einer der Männer.
Diejenigen, die Zweifel bezüglich des Ortes haben, können sich den Bericht von Roman Kosarew ansehen: Seine Drohnenaufnahmen zeigen, dass es exakt derselbe Ort ist, der auf den Satellitenbildern gezeigt und von westlichen Medien verwendet wurde.
Beim Abschreiten des Geländes stellte Roman Kosarew fest, dass man der Ukraine früher Massengräber vorgeworfen habe, und zitierte Denis Puschilin, den Chef der Donezker Volksrepublik, mit der Aussage, dass seit 2014 mindestens 300 solcher Massengräber entdeckt worden seien. Er sprach auch von dem, was er selbst gesehen hatte. "2014 oder 2015 wurden Massengräber entdeckt, als sich die Kämpfer von Asow oder Aidar aus der Region Donezk zurückzogen. Ich habe sogar die Leiche einer Frau gesehen. Sie wurde ausgegraben, ihre Arme waren auf dem Rücken gefesselt, sie war hochschwanger und hatte ein Loch im Kopf, das heißt, sie wurde hingerichtet."
Der amerikanische Journalist George Eliason, der seit vielen Jahren in Lugansk lebt, hat über diese mutmaßlichen Gräueltaten geschrieben. In einer Dokumentation zu diesem Thema sagte er: "Ich bin gerade mal fünf Minuten hier und dann wird mir gesagt, dass man von den ersten fünf Leichen, die man gefunden habe, lediglich fünf enthauptete Köpfe vorfand. Das waren alle Zivilisten. Wer tut den Menschen so etwas an?"
Diese Geschichte über das Massengrab in Mangusch ist eine weitere Falschmeldung der westlichen Konzernmedien. Das sind dieselben, die Jahre zuvor dafür über irakische Soldaten berichteten, die Frühgeburten aus Inkubatoren rissen und im kuwaitischen Spital auf den Boden warfen.
Dieselben, die sich an der Verbreitung der Lügen über Massenvernichtungswaffen im Irak beteiligt haben und Berichte über einen chemischen Angriff in Duma brachten, der nie stattgefunden hat – nur um einige in der schier endlosen Litanei von Falschmeldungen zu nennen.
Als ich am 21. und 22. April in Mariupol war, gab es durchaus Zerstörung – dank jener Neonazis und regulären ukrainischen Truppen, die in Wohngebäuden die oberen Stockwerke besetzten und sie als militärische Schießposition nutzten, was dazu führte, dass Gegenfeuer auf die Gebäude gerichtet wurde. Aber ich habe auch Menschen auf den Straßen gesehen und den Beginn der Aufräumarbeiten, bevor der Wiederaufbau beginnen kann.
Ich wiederhole, was ich über die Berichterstattung westlicher Medien über Syrien gesagt habe, die nach meiner eigenen Erfahrung vor Ort in diesem Land weitgehend unehrlich war: Diejenigen, die diese Falschmeldungen und Kriegspropaganda fördern, haben Blut an ihren Händen. Nach den unzähligen Lügen, die von den westlichen Unternehmensmedien verbreitet werden, würde ich hoffen, dass die Leute kritisch bleiben, wenn eine neue Behauptung vorgebracht wird, insbesondere dann, wenn sie von den üblichen Verdächtigen im Chor wiederholt wird."
Eva Bartlett ist eine kanadische freie Journalistin und Aktivistin. Sie hat Jahre vor Ort in Konfliktzonen im Nahen Osten verbracht, insbesondere in Syrien und Palästina (wo sie fast vier Jahre lang lebte). Sie twittert unter @EvaKBartlett
Quelle: RT DE