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Top-Ökonomen gegen Ausschluss des IWF aus Troika

Archivmeldung vom 14.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Führende Ökonomen in Deutschland halten nichts von Überlegungen wie der des Chefs des Euro-Krisenfonds ESM, Klaus Regling, den Internationalen Währungsfonds (IWF) langfristig aus der Troika zu verbannen. "Die Begründung von Regling für den Ausschluss des IWF ist absurd", sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, "Handelsblatt-Online". Denn der Währungsfonds habe als einzige der beteiligten Institutionen aus den Fehlern der Austeritätspolitik gelernt. Diese sei gescheitert, auch wenn die Troika-Mitglieder Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission dies immer noch nicht einsehen wollten.

"Während sie sich auf empirisch unhaltbare Positionen versteifen, will der IWF eine Kursänderung", sagte Horn weiter. "Dies würde dem Euroraum helfen, und daher ist derzeit aus pragmatischen Gründen ein weiterer Verbleib des IWF in der Troika trotz aller Bedenken wünschenswert." Ähnlich argumentierte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.

Der Ärger über den IWF sei zwar verständlich, denn er stelle mit seiner öffentlichen Kritik an der Griechenland-Rettung die gemeinsame Geschäftsgrundlage der Troika in Frage. "Richtig ist aber auch, dass der IWF wegen seiner langen Expertise in der Begleitung von Volkswirtschaften beim Strukturwandel ein wichtiger und derzeit kaum zu ersetzender Partner in Europa ist", sagte Hüther "Handelsblatt-Online". "Zudem ermöglicht dies den europäischen Akteuren, die Kritik ein bisschen zu externalisieren."

Nach voller Überwindung der gegenwärtigen Krise könne dann womöglich ein weiterentwickelter ESM die Rolle als europäischer Fonds übernehmen. Regling hatte dem IWF vorgehalten, mit seiner Kritik an der Griechenland-Rettung den Stabilitätspakt lächerlich zu machen und sich selbst für die Schaffung von Wachstum für zuständig zu erklären. "Damit baut er nicht nur einen falschen Gegensatz auf. Vor allem lässt er erkennen, dass er die Regeln unserer Währungsunion nicht versteht", sagte Regling in einem Interview. Er plädierte dafür, die Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission auf lange Sicht abzuschaffen.

Auch Horn ließ leise Kritik am Währungsfonds anklingen. "In der Tat war die Einbeziehung des IWF von Anfang an problematisch, da auf diese Weise auch außereuropäische Staaten Einfluss auf die Lösung der Krise des Euroraums nehmen konnten", sagte er. "Doch war es wohl wegen der fehlenden Expertise der EZB und der EU-Kommission im Umgang mit Zahlungsbilanzkrisen unumgänglich, den IWF einzubeziehen."

SPD und Grüne weisen Kritik am IWF scharf zurück

Die harsche Kritik von ESM-Chef Klaus Regling und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso am Krisenmanagement des Internationalen Währungsfonds (IWF) sorgt für großen Unmut bei SPD und Grünen. "Nicht nur der IWF, sondern auch Regling und die EU- Kommission sollten sich selbstkritisch fragen, ob sie in den letzten Jahren alles richtig gemacht haben", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß dem "Handelsblatt". "Dabei sollten alle bei ihren öffentlichen Äußerungen beachten, nicht weiter Zutrauen in die Handlungsfähigkeit und Kompetenz der Troika zu verspielen." Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick sieht in den Attacken von Barroso und Regling auf den IWF ein Ablenkungsmanöver. "Regling und Barroso wären besser beraten, jetzt wie der IWF eigene Fehlentscheidungen und wirtschaftspolitisch falsche Weichenstellungen kritisch zu hinterfragen und aufzuarbeiten", so Schick. "Stattdessen drängt sich nun der Eindruck auf, die europäischen Akteure weichen einer überfälligen Debatte und unbequemen Wahrheiten über den richtigen Kurs im Management der Eurokrise aus, indem sie nun eine andere Debatte aufmachen." Doch genau diese Diskussion über die Fehler der bisherigen Euro-Rettung, die der IWF dankenswerter Weise angestoßen habe, müsse nun offensiv geführt werden. Der SPD-Politiker Poß warnte vor einer reinen Rückwärtsbetrachtung. Die Mitglieder der Troika und alle, die sonst noch Verantwortung für die Lösung der Probleme im Euroraum trügen, müssten vielmehr erkennen, dass schleunigst etwas gegen die desolate ökonomische Situation in großen Teilen Südeuropas getan werden müsse. "Der bisherige Maßnahmenmix muss in Richtung schneller Wachstums- und Beschäftigungsgewinne verändert werden. Hierbei sind alle gefragt." Dessen ungeachtet zeigte sich Poß offen für die Überlegungen Barrosos und Regling zu einem reinen europäischen Krisenmanagement ohne Beteiligung des IWF. "Natürlich ist anzustreben, dass die Europäer irgendwann das Krisenmanagement alleine betreiben", sagte er. Doch insbesondere! in der ersten Phase der Staatsfinanzierungsprobleme im Euroraum seien "Know-how und Finanzmittel des IWF unverzichtbar" gewesen. Der Grünen-Politiker Schick lobte den IWF dafür, dass er sich innerhalb der Troika im Vergleich zur Europäischen Zentralbank (EZB) und EU-Kommission durch mehr Realismus, weniger neoliberale Ideologe und mehr Bereitschaft zum kritischen Hinterfragen der eigenen Positionen ausgezeichnet habe. "Insofern ist zu befürchten, dass ohne IWF das europäische Krisenmanagement noch schlimmer würde", sagte er. "Dennoch ist es richtig", so Schick weiter, "endlich die völlig intransparente und demokratisch unkontrollierbare Troika-Struktur zu überwinden." Das Krisenmanagement müsse in demokratisch legitimierten europäischen Gremien und Institutionen erfolgen.

Unions-Fraktionsvize Meister lehnt Troika ohne IWF ab

Der Vize-Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Michael Meister (CDU), lehnt es ab, die Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission in Zukunft ohne den IWF weiterzuführen. Entsprechende Überlegungen des Chefs des Euro-Krisenfonds ESM, Klaus Regling, und des EU-Kommissionschefs José Manuel Barroso wies er zurück. Der IWF sei die einzige unabhängige Institution in der Troika außerhalb Europas. "Wir benötigen seine Expertise auch in der Zukunft", sagte Meister "Handelsblatt-Online" Der CDU-Politiker hält aber dennoch eine Reform des Währungsfonds und eine Anpassung an die neuen, krisenbedingten Herausforderungen für unabdingbar. Der IWF müsse "dringend seine Arbeitsweise überprüfen und notwendige Verbesserungen umsetzen", sagte Meister. Das müsse von den Mitgliedern der Europäischen Union bei den IWF-Jahrestagungen vorangetrieben werden. "Wenn das Gewicht der EU-Mitgliedstaaten beim IWF gebündelt wird, kann die von der Kommission geforderte Übereinstimmung von Zielen und Visionen verbessert werden." Kritik äußerte Meister in diesem Zusammenhang an der EU-Kommission, die jüngst dem Fehlereingeständnis des IWF zur Griechenland-Rettung deutlich widersprochen hatte. "Man sollte nicht übersehen, dass auch die Europäische Kommission als Mitglied der Troika Analysefehler nicht erkannt hat", sagte der CDU-Politiker.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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