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"Spiegel" sieht sich im Visier von US-Geheimdiensten

Archivmeldung vom 03.07.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.07.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Uwe Schlick / pixelio.de
Bild: Uwe Schlick / pixelio.de

Die Redaktion des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" ist nach eigenen Angaben ins Visier von US-Geheimdiensten geraten. Dies ergibt sich dem Magazin zufolge aus einem Vorgang aus dem Sommer 2011. Damals habe die CIA-Spitze den Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, vor angeblichen Kontakten des "Spiegel" in deutsche Regierungsstellen gewarnt.

Die CIA habe einen Mitarbeiter verdächtigt, Dienstliches ausgeplaudert zu haben. Wie das Magazin in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, seien die angebliche Kontakte des Beamten zum Magazin in einem geheimen Vermerk des Kanzleramts explizit erwähnt worden. Der unter Verdacht geratene Mitarbeiter sei kurz darauf versetzt worden. Juristische Konsequenzen hatte der schwerwiegende Verdacht gegen den Beamten dem Bericht zufolge keine.

Auf Nachfrage des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags seien die Hinweise aus den USA verschwiegen worden – für die Versetzung seien Spargründe angeführt worden. Der Vorgang werde derzeit vom Untersuchungsausschuss des Bundestags untersucht. Der "Spiegel" geht davon aus, von US-Geheimdiensten abgehört worden zu sein. Deshalb habe man am Freitag Anzeige bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit und der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses erstattet.

NSA spähte weite Teile der Bundesregierung aus

Der US-Geheimdienst NSA hat nach Informationen von Wikileaks offenbar nicht nur Kanzlerin Angela Merkel (CDU), sondern weite Teile der Bundesregierung ausgespäht, bis hin zu einzelnen Ministern. Die Enthüllungsplattform veröffentlichte am Mittwochabend Dokumente, die sie zuvor der "Süddeutschen Zeitung" sowie NDR und WDR zugänglich gemacht hatte.

Offenbar war an einigen Abhöraktionen auch ein britischer Geheimdienst beteiligt. Aus den Unterlagen geht dem Bericht zufolge hervor, dass sowohl der Berliner Telefonanschluss des Bundeswirtschaftsministers als auch seine Fax-Nummer auf der NSA-Überwachungsliste stehen, zudem der Anschluss seines Büroleiters. Die Liste stammt offenbar aus der Zeit von 2010 bis 2012. Der heutige Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) war damals noch in der Opposition. Es sei aber anzunehmen, dass auch Gabriel abgehört wurde oder wird, berichten die drei Medien.

Die Überwachung durch die NSA sei in der Regel an Funktionen und nicht an Personen gebunden. Der Liste zufolge gehören zu den Spionagezielen der National Security Agency (NSA) offenbar bereits seit den Neunzigerjahren nicht nur das Wirtschafts-, sondern auch das Finanz- sowie das Landwirtschaftsministerium. Demnach habe sich die NSA vor allem für die deutsche Währungs- und Handelspolitik interessiert. Das ergibt sich SZ, NDR und WDR zufolge aus der Analyse einer 69 Nummern umfassenden Selektoren-Liste.

Bei den Wikileaks vorliegenden Selektoren handelt es sich offenbar sowohl um in der Vergangenheit überwachte Anschlüsse als auch um aktuelle Anschlüsse. Gespräche, die über in den Selektoren aufgeführte Nummern liefen, würden normalerweise automatisch von Computern aufgezeichnet. Die Überwachung reiche mindestens bis in die Neunzigerjahre zurück. So finde sich auf der Liste die damalige Bonner Büronummer des früheren Finanzministers Oskar Lafontaine mit dem Eintrag: "Finance. Min. Lafont". Lafontaine war 1999 als Minister zurückgetreten.

Lafontaines Bonner Nummer, die in den NSA-Unterlagen steht, sei bis heute in Betrieb, berichten die drei Medien. Wer sie anrufe, lande im Vorzimmer von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Auch die aktuellen Nummern mehrerer Staatssekretäre des Bundesfinanzministeriums finden sich dem Bericht zufolge in der Liste. Aufgeführt sei zudem die Europäische Zentralbank.

Im Visier der NSA steht offenbar auch das Bundeslandwirtschaftsministerium. Auch fänden sich darin frühere Nummern der Wirtschaftsabteilung des Auswärtigen Amtes und die zentralen Einwahlnummern verschiedener Ministerien. Zu den offenbar überwachten Politikern gehöre auch die damalige parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks, die heute das Bundesumweltministerium führt. Außerdem stünden auf der Liste der Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller sowie Werner Gatzer, der seinerzeitige Kabinettsreferent der SPD-Finanzressortchefs Lafontaine und Hans Eichel; heute ist Gatzer Haushaltsstaatssekretär.

Vorige Woche hatte Wikileaks Unterlagen über NSA-Lauschangriffe auf drei französische Staatspräsidenten veröffentlicht. Diese Dokumente stammen, wie auch die Deutschland betreffenden Unterlagen, offenkundig nicht von Edward Snowden, sondern von einer anderen, bislang nicht identifizierten NSA-Quelle.

Die Bundesregierung erklärte auf Anfrage, der Sachverhalt sei ihr nicht bekannt. Ein Regierungssprecher fügte hinzu: "Ohne nähere Kenntnis des zugrunde liegenden Sachverhalts ist der Bundesregierung eine Bewertung derzeit nicht möglich."

NSA-Affäre: Steinmeier fordert "schnellstmögliche Aufklärung"

Nach den jüngsten Spionagevorwürfen gegen den US-Geheimdienst NSA hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier "schnellstmögliche Aufklärung" von den USA gefordert. Er wünsche sich, dass die USA bei der Aufklärung behilflich seien, so Steinmeier am Freitag. Es müsse darauf geachtet werden, dass die transatlantische Zusammenarbeit nicht "wesentlich beschädigt" werde.

Der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR hatte zuvor aus Unterlagen von Wikileaks zitiert, wonach unter anderem das Bundesfinanzministerium bereits während der Amtszeit des früheren Finanzministers Oskar Lafontaine (damals SPD, heute Linke) von der NSA ausgespäht wurde. Auch zahlreiche Mitglieder der Führungsebene des Hauses wurden demnach abgehört. Auch das Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerium sollen ausspioniert worden sein.

NSA-Ausschuss: SPD widerspricht Wertungen Pofallas

Die SPD hat Warnungen vor einem Sicherheitsrisiko durch die NSA-Debatte in Deutschland entschieden widersprochen. "Die Haltung, entweder wir dürfen Spionieren oder es gibt keine Anti-Terror-Aufklärung mehr, ist nicht hinnehmbar", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Torsten Schäfer-Gümbel der "Rheinischen Post".

Die NSA müsse sich an deutsches Recht halten. Der frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla hatte am Donnerstagabend im NSA-Untersuchungsausschuss vorausgesagt, wenn es weiter zu detaillierten Berichten über die Geheimdienst-Zusammenarbeit käme, werde sich die NSA still zurückziehen, was negative Folgen für die Sicherheit der Bundesrepublik habe.

Wikileaks-Enthüllungen: Lafontaine wirft USA Wirtschaftsspionage vor

Der offenbar vom US-Geheimdienst NSA ausgespähte ehemalige Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine hat das Vorgehen der USA scharf kritisiert: "Es geht um Wirtschaftsspionage. Das wird zwar öffentlich bestritten, aber es wird ja auch viel gelogen", sagte der heutige Linke-Politiker der "Saarbrücker Zeitung".

"Wirtschaftsspionage bringt natürlich Vorteile für die eigene Volkswirtschaft." Durch die "illegalen Abhörmaßnahmen" strebten die USA die Kontrolle über finanzpolitische Entscheidungen an, erklärte Lafontaine: "Deshalb überwachen sie die ganze Welt. Sie sind eben die stärkste Macht der Welt und handeln nach dem Recht des Stärkeren."

Schäuble: US-Geheimdienste haben "Maß und Mitte" verloren

Angesichts der offenbar langjährigen und intensiven Überwachung des Bundesfinanzministeriums durch den US-Geheimdienst NSA hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Zweifel am inneren Kompass der US-Spionage geäußert: "Es drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass bei den amerikanischen Diensten der eine oder andere möglicherweise Maß und Mitte ein wenig aus dem Blick verloren hat", sagte Schäuble der "Bild".

Der Minister erklärte zu den neuerlichen Veröffentlichungen der Whistleblower-Plattform Wikileaks: "Erst einmal muss natürlich der Sachverhalt geklärt werden", sagte Schäuble. "Wichtige Kommunikation läuft bei uns im Finanzministerium aber ohnehin auf besonders gesicherten Kanälen. Ich halte dennoch nach wie vor die USA und ihre Geheimdienste für eines unserer geringeren Probleme. Die Dienste anderer Großmächte machen mir mehr Sorgen."

Der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR hatte zuvor aus Unterlagen von Wikileaks zitiert, wonach das Bundesfinanzministerium bereits während der Amtszeit des früheren Bundesfinanzministers Oskar Lafontaine (damals SPD, heute Linke) von der NSA ausgespäht wurde. Auch zahlreiche Mitglieder der Führungsebene des Hauses wurden demnach abgehört.

Kubicki: Merkel muss in NSA-Affäre klares Signal an die USA senden

Der FDP-Vizevorsitzende Wolfgang Kubicki hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den neuen Enthüllungen in der NSA-Affäre aufgefordert, "ein klares Signal an Washington" zu senden, "dass das Fass kurz vorm Überlaufen ist".

Die Freidemokraten erwarteten außerdem von der Bundesanwaltschaft, "dass sie die neuesten Enthüllungen zum Anlass nimmt, das unlängst eingestellte Ermittlungsverfahren in dieser Frage wieder aufzunehmen", so Kubicki am Donnerstag. "Es sollten spätestens mit der Veröffentlichung von Gesprächsinhalten der Kanzlerin genügend Ermittlungsansätze vorliegen."

Das Ausmaß der jetzt bekannt gewordenen Spionage der NSA in höchsten deutschen Regierungskreisen übertreffe die bisherigen Befürchtungen bei Weitem, erklärte Kubicki. "Die Qualität und Quantität des Schnüffelns darf deshalb auf keinen Fall unter einen großen Mantel der transatlantischen Harmonie gesteckt werden und wird definitiv Spuren in der schon arg strapazierten deutsch-amerikanischen Freundschaft hinterlassen."

Lafontaine reagiert mit Unverständnis auf NSA-Lauschangriff gegen ihn

Der ehemalige Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (Linke) hat mit Unverständnis darauf reagiert, dass der US-Geheimdienst NSA ihn offenbar überwacht hat. "Ich verstehe nicht, warum sie mich abgehört haben", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Ich habe ihnen doch bei jeder Konferenz erzählt, dass ich die Finanzmärkte regulieren wollte und das Bankensystem für marode hielt."

Jüngste NSA-Enthüllungen: Union regt neues Ermittlungsverfahren an

Zu den jüngsten Enthüllungen über weitere Regierungsmitglieder als Spähziele des US-Geheimdienstes NSA hat die Unionsfraktion neue Ermittlungen angeregt. "Der Generalbundesanwalt täte aus meiner Sicht gut daran zu prüfen, ob es Anhaltspunkte für ein Ermittlungsverfahren gibt", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), der "Rheinischen Post".

Die Vorwürfe seien ernst zu nehmen. "Sollten die Enthüllungen zutreffen, wäre dies eine weitere erhebliche Belastung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen", unterstrich Mayer.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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