Flüchtlingshelferin Rebecca Sommer: „Kopftuch im Kopf“
Archivmeldung vom 13.02.2018
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRebecca Sommer ist Leiterin und Gründerin der unabhängigen Arbeitsgruppe „Flucht und Menschenrechte“ in Berlin, die Flüchtlinge unterstützt. Im Gespräch mit einer polnischen Zeitung kritisierte Sommer die EU-Flüchtlingspolitik. Sputnik hatte sie daraus falsch zitiert. Im Interview mit der Flüchtlingshelferin stellte das russische online Magazin die Sache klar.
Darin heißt es: "Frau Sommer, aus einem Artikel mit einer polnischen Zeitung haben wir Sie unglücklicherweise falsch zitiert. Sie haben keinesfalls vor, „aus Angst vor den Flüchtlingen nach Polen zu ziehen.“ Was haben Sie denn stattdessen gesagt?
Ich wurde gefragt: „Was möchtest Du meinem Land und den Polen sagen?“ Daraufhin habe ich gesagt: „Bleibt unbeugsam in eurem Widerstand gegen die Verletzung des Völkerrechts von Seiten der EU.“ In diesem Fall gegen eine von außen aufgezwungene Verteilung von Flüchtlingen. Jedes Land und jedes Volk hat ein Recht, seine Gäste selber auszusuchen. Kein Staat sollte seine Selbstbestimmung aufgeben.
Dann habe ich gesagt: Ich habe den Eindruck, dass in Europa Interessen am Werk sind, denen es daran liegt, „EIN Europa“ zu kreieren. Keine Nation, keine Gruppe, weder Italiener, Franzosen, Deutsche oder Polen können sich erhalten, wenn sie sich nicht auf eine vernünftige Weise, nach ihren Geboten und Interessen abgrenzen.
Dann habe ich zu den polnischen Journalisten gesagt: Es gibt so viele Flüchtlinge, die vermehrt aus muslimischen Ländern flüchten, weil sie dort immer mehr verfolgt werden. Darunter fallen zum Beispiel viele Christen und andere Minderheiten, die mit unserem westlichen Wertesystem gut zurechtkommen und die sich mit eurer Unterstützung bei euch in Polen gut integrieren werden.
Was hat das mit dem Auswandern zu tun?
Dazu komme ich jetzt. In einem anderen Teil des Interviews habe ich gesagt: „Ich kenne Leute, die sich überlegen, auszuwandern: Zum Beispiel nach Polen, nach Kroatien oder nach Amerika.“ Das war das einzige, was ich zu dem Thema gesagt habe. Ich habe dabei nicht von mir geredet.
Bezweifeln Sie, dass Menschen nach Deutschland kommen, die wirklich Hilfe brauchen?
Natürlich nicht, ich bin Flüchtlingshelferin! Ich kenne Menschen, die sollten auf jeden Fall hier bleiben. Die kommen hier her, um dauerhaft Schutz zu finden. Ich kenne keinen einzigen Jesiden, der wieder zurück will. Er würde in seiner Heimat bedroht werden. Ich kenne keinen Schwulen, der wieder zurück möchte, weil sich die Länder immer mehr islamisieren. Ich kenne keine Frau, die sich von ihrem Ehemann getrennt hat oder vor einem Ehrenmord geflohen ist, die wieder zurück kann oder will. Diese Menschen müssen hier bleiben. Das sind aber auch die Menschen, die versuchen, sich hier zu integrieren und die keine Parallelgesellschaften aufbauen.
Ich möchte neue Gesetze, die differenzieren und genauer prüfen, bevor weiter Leute willkürlich reingelassen werden. Wenn manche Asylbewerber ihre Pässe wegwerfen und dann trotzdem hier bleiben können. Oder die Sache mit dem Alter. Da regen sich Parteien auf, das geht gegen das Menschenrecht. Da denke ich nur: Sagt mal, spinnt ihr eigentlich?
Warum wollen die Menschen denn Ihrer Meinung nach nach Deutschland?
Viele kommen, weil man hier sehr schnell eine Wohnung oder – bei größeren Familien – sehr schnell ein Haus bekommt. Und weil man viele Angebote umsonst bekommt, wie Musik oder Sport. Oder ein Studium – das wird Flüchtlingen alles bezahlt. Über Hartz IV wird viel gemeckert – für viele ist das gut. Vor allem, wenn sie eine Familie haben. Da bekommen sie pro Kind auch viel mehr und müssen auch nicht arbeiten. Ich möchte betonen: Es gibt viele Flüchtlinge , die sich wirklich um Arbeit bemühen. Die wollen sich hier auch durch einen Job integrieren. Aber die allermeisten sind nicht hier, weil sie unsere Demokratie so toll finden oder unser Wetter oder weil sie uns Deutsche so toll finden.
Wie arbeiten Sie mit Flüchtlingen?
Unser Netzwerk ist inzwischen in ganz Berlin tätig. Wir haben Ehrenamtliche, die sind seit Jahren Flüchtlingshelfer. Da entwickeln sich auch Freundschaften zu einzelnen, oder zu Kindern und ganzen Familien. Darunter sind auch Leute, die sich integriert haben, keine Frage. Ich kenne aber auch viele, das sind Armuts-Migranten, die es geschafft haben, Asyl zu bekommen. Darunter sind Menschen, die ich sehr gern mag. Obwohl einige dabei sind, die mich frustrieren, weil sie sozial niemals unabhängig sein werden und ich über Jahre beobachten kann, wie sie das an ihre Kinder weitergeben.
Frau Sommer, Sie wollen sich aber nicht als Rechtspopulistin zu verstehen geben, oder?
Nein, wie sollte ich? Ich arbeite nach wie vor mit Flüchtlingen. Ich habe muslimische Freunde. Aber vor allem säkulare Muslime, die schon lange Deutsche sind. Ich habe eine sehr kritische Haltung entwickelt. Vor allem zur Integration: Nur weil jemand hier arbeitet und unsere Sprache spricht, ist die Person noch lange nicht integriert. Ich finde es gut, dass man seine eigene Identität und Kultur behält. Aber nicht auf unsere Kosten, indem man uns verachtet oder denkt, dass wir als Ungläubige zum Islam konvertieren müssen, wir uns ihrem Wertesystem anpassen müssen.
Es kommen viele Flüchtlinge nach Deutschland, die haben ein „Kopftuch im Kopf“, das ist festgewachsen. Es gibt nicht einen Tag, an dem ich mit Flüchtlingen nicht endlos über den Koran debattieren muss. Und dann kommt es mir so vor: Nicht wir diskriminieren die Flüchtlinge, sondern sie diskriminieren uns. Das ist etwas, was mich stört. Ich habe täglich mit ihnen zu tun. Und es wiederholt sich. Die Evolution gibt es nicht, weil sie nicht im Koran steht. Und: Die Frau ist dem Mann untergeordnet.
Trotz dieser Erfahrungen und Ihrer Einschätzung wollen Sie weiter mit Flüchtlingen arbeiten?
Ich habe eine große Menschenliebe – auch für Flüchtlinge. Ja, ich mache weiter. Aber mit Vorsicht. Ich schaue genau, wem ich helfe. Ich leite die Arbeitsgruppe „Flucht und Menschenrechte“, ich koordiniere die Deutschlehrer. Es ist total wichtig, dass wir da weiter dran bleiben. Wenn wir die Leute ganz allein lassen, dann entwickeln sich die Parallelgesellschaften weiter. Außerdem gibt es sehr viele Flüchtlinge, die unsere Hilfe wirklich brauchen und die sich wirklich bemühen, sich bei uns zu integrieren."
Quelle: Sputnik (Deutschland)