Das Projekt des Donau-Oder-Elbe-Kanals
Archivmeldung vom 23.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićFantasie oder eine machbare, kühne Idee? Der Kanal, der Donau, Oder und Elbe verbinden soll, ist seit Jahrhunderten ein Thema der Politik, da er drei Meere verbinden könnte. Die Tschechen und Polen unterstützen die Idee, die Slowaken sind eher zurückhaltend, doch der Widerstand der österreichischen Grünen könnte das Projekt aufhalten. Darüber berichtet das Magazin "Unser Mitteleuropa" unter Verweis auf einen Bericht in "Magyar Nemzet".
Weiter berichtet das Magazin: "Es ist zweifelsohne ein großer Plan. Dreihundertsechzig Kilometer Kanal müssten gegraben und das bestehende Flussbett so ausgebaut werden, dass es von Gütertransportern und Lastkähnen genutzt werden kann.
Die Idee ist an sich beeindruckend: Durch den Ausbau der Oder und der Elbe bis zur Einmündung in die March würde der Kanal in Österreich auf die Donau treffen. Diese würde dann drei Meere miteinander verbinden – die Nordsee, die Ostsee und das Schwarze Meer.
Es war kein Zufall, dass dieser pharaonische Plan bereits die Phantasie der großen Könige Mitteleuropas gefangen nahm. Sie war seit dem Ende des Mittelalters, seit dem späten 14. Jahrhundert, in den Köpfen der Herrscher, wobei Karl IV, Kaiser des Deutsch-Römischen Reiches, am ehesten einer Umsetzung nahekam, bevor auch er den Plan aufgab.
Karl war auch der König von Böhmen, geboren und begraben in Prag, wo es unzählige Orte gibt, die seinen Namen tragen. Und wer sonst als der tschechische Staatschef Miloš Zeman würde hunderte Jahre später die Fertigstellung des Kanals mit ganzem Herzen unterstützen? Der Reformkommunist, der zum sozialdemokratischen Führer mutierte, brach letztlich mit seiner Partei und gründete eine neue Gruppierung namens „Partei der Bürgerlichen Rechte“, die jedoch in den Wahlen besiegt wurde. Der gelernte Ökonom und Politiker war um die Jahrtausendwende vier Jahre lang Premierminister der Tschechischen Republik. Im Jahr 2013 wählten ihn die Tschechen zum Präsidenten des Landes, und fünf Jahre später wurde er für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Es gibt kein bilaterales oder multilaterales Treffen, bei dem er nicht für seine Vision wirbt. Der 76-jährige Zeman, der gelegentlich mit seinen scharfen Meinungen die Aufmerksamkeit der Weltmedien auf sich zieht, ist heute sichtlich krank. Natürlich ist es sein Ziel, seinen Namen mit einem großen Plan in die Geschichtsbücher einzutragen. Die Krönung seiner politischen Tätigkeit wäre der Baubeginn des Donau-Oder-Elbe-Kanals während seiner Amtszeit. Auch die Polen sind nicht gegen den Plan: Sie müssten das Flussbett der Oder ausbauen, danach würde der Kanal auf tschechischem Gebiet weitergeführt. Auf diese Weise würden auch die Elbe und die Oder verbunden werden.
Auch die Slowakei wäre Anrainer des Kanals betroffen und müsste sich an der Verbreiterung der March, dem Grenzfluss zu Österreich, bis zur Mündung in die Donau im Raum Hainburg an der Donau beteiligen. Dies ist der wichtigste Plan der Visegrád-Kooperation für die Entwicklung der Schifffahrt in Europa, wofür intensive Lobbyarbeit in Brüssel betrieben wird. Die polnische Seite, die derzeit den Vorsitz der Visegrád-Vier innehat, hat ihre Ideen bereits im Rahmen der Drei-Meere-Initiative vorgestellt. Bei den Gesprächen, die auf der Zusammenarbeit der zwölf EU-Länder Mittel- und Osteuropas beruhen, skizzierte die polnische Seite den Plan als das fehlende Glied in der europäischen Schifffahrt.
Die Geschichte einer 41 Kilometer langen Strecke, die im 20. Jahrhundert Teil des Donau-Oder-Kanals gewesen wäre, wurde kürzlich in einem Artikel der Wiener Wochenzeitung Falter beschrieben, der vielleicht nicht zufällig dieses historische Beispiel aufgriff. Nach jahrelanger Arbeit eröffneten die Deutschen im Dezember 1939 den Adolf-Hitler-Kanal bei Gleiwitz/Gliwice als Verlängerung der Oder.
„Das ist ein Symbol für den Aufbau des neuen Reiches“, sagte Rudolf Hess bei der Eröffnung und versprach feierlich, dass die restlichen 320 Kilometer bald fertiggestellt werden. Das verhinderte jedoch der Zweite Weltkrieg, da Arbeitskräft anderswo gebraucht wurden, vor allem in der Armee, doch die Verbindung zwischen Oder und Donau blieb ein wichtiges Thema. Im Bereich des Ölhafens bei Wien sind noch Spuren des gigantischen Werkes zu finden, heute ein beliebter Ort für Angler und sommerliche Badegäste.
Nach zweijähriger Arbeit des tschechischen Verkehrsministeriums wurde 2018 eine Machbarkeitsstudie abgeschlossen. Die Schlussfolgerung war, dass die Arbeiten komplex und kompliziert, aber machbar sind. Die Gesamtkosten der Anlage wurden damals auf 22,5 Milliarden Euro geschätzt. Die Tschechen rechnen damit, dass das gesamte Projekt um das Jahr 2031 abgeschlossen sein könnte. Es ist auch geplant, die Flüsse Oder und March miteinander zu verbinden. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt des Grenzflusses zwischen Österreich und der Slowakei haben, der sowohl in der Breite als auch in der Tiefe verbreitert werden muss, damit große Frachtschiffe und Lastkähne ihn befahren können. Das wäre also machbar, aber zu welchen Kosten für die Umwelt?
Die österreichischen und europäischen Grünen lehnen den Plan ab, der ihrer Meinung nach „totaler Wahnsinn“ ist und irreparable Schäden für die Umwelt verursachen würde. Die polnischen und tschechischen Abschnitte des Kanals durchqueren 25–30% der von der EU geschützten Natura 2000-Gebiete. Diese Landschaft beherbergt Tausende von geschützten Tier- und Pflanzenarten, ebenso wie der südlich gelegene Abschnitt der March. Aus diesem Grund haben die Grünen eine Lobby-Kampagne gestartet: Umweltschützer aus Tschechien, der Slowakei, Polen, Österreich und Deutschland wenden sich mit einer Petition an Brüssel, um die Zustimmung der EU zu dem Projekt zu verhindern.
In ihren Briefen führen sie nicht nur die Schäden an, die während des Baus entstehen würden, sondern auch die Veränderung des Wasserflusses, die durch das Dammsystem verursacht würde. Einige landwirtschaftliche Flächen und Wildtiergebiete würden nicht genügend Wasser erhalten, die natürliche Umgebung würde zerstört und streng geschützte Gebiete würden vernichtet. Eines ihrer Argumente ist sehr nachdenklich stimmend: Warum ein Kanal, der die natürliche Umgebung von vier Ländern zerstören würde, wenn die Eisenbahnlinie entlang dieser Strecke gut etabliert ist? Man möge mehr Mittel zur Verfügung stellen, um den Schienenverkehr zu verbessern und zu modernisieren. Ein weiteres Argument der Grünen ist, dass die March in sommerlichen Dürreperioden nur 50–70 Zentimeter tief ist. Wer könnte hier mit großen Frachtschiffen durchfahren? Das wäre nur möglich, wenn man ein System von Dämmen schafft und auf diese Weise die Natur vergewaltigt, um sicherzustellen, dass die Wassertiefe für die Schifffahrt ausreichend ist. Aber woher das Wasser nehmen, um diese Strecke aufzufüllen und wie wäre es auf einem konstanten Niveau zu halten? – fragen die Grünen.
Die tschechische Seite argumentiert, dass die Länder der Region ohne den Kanal nicht in der Lage sein werden, den Green Deal der EU zur Minimierung der Kohlenstoffemissionen aus Verkehr und Transport bis 2050 zu erfüllen. Die Polen argumentieren, dass die Schiffbarmachung der Oder eine neue Wasserstraße eröffnen würde, die helfen könne, dass schlesischen Waren europäische und internationale Märkte erreichen. Und das zu einem Preis, der mit anderen Verkehrsträgern konkurrenzfähig ist. Dies gilt auch für tschechische und slowakische Produkte. Österreich ist ruhig und verliert keinen Schlaf über den Kanal.
„Wir glauben nicht, dass der Donau-Oder-Elbe-Kanal mit österreichischer Beteiligung und auf österreichischem Territorium gebaut werden kann“ – das ist die dezidierte Position des Wiener Umweltministers, die er im Januar in einem Brief an das Brüsseler Gremium darlegte. Aus österreichischer Sicht gibt es keine Chance für den Bau des Kanals. Die Beteiligung Österreichs ist jedoch entscheidend, da hier die Verbindung zur Donau hergestellt werden würde. Wenn Österreich aus dem Projekt ausscheidet, ginge es nur mehr darum, zwei Meere zu verbinden. Aber die Frage ist: Lohnt sich das wirklich für die tschechische und polnische Seite? Oder werden sie in der Zwischenzeit weitermachen und einfach abwarten, welche politischen Veränderungen in Österreich eintreten werden?
Datenbasis: Magyar Nemzet (Autor: Tibor Pósa)
Quelle: Unser Mitteleuropa