EU zieht die Ukraine in eine ökonomische Falle
Archivmeldung vom 09.07.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Wortlaut des ökonomischen Teils des ukrainischen Assoziierungsabkommens mit der EU sind viele unsichtbare Hindernisse verborgen, sodass die Ukrainer alle Chancen haben, das Schicksal der Passagiere der „Titanic“ zu wiederholen. Die Risiken der europäischen Integration für die in Entwicklung begriffenen Volkswirtschaften (im Fall der Ukraine eher für stagnierende) sind bekannt: eine Niederlage im Konkurrenzkampf mit ausländischen Herstellern, eine Zerrüttung der hiesigen Produktion, ein Sinken des Lebensniveaus der Bevölkerung, eine Vertiefung der sozialen Probleme und als Folge eine Degradierung bis hin zur vollen Zerrüttung oder mindestens zur Verwandlung in ein Rohstoffanhängsel des Westens. Das schreibt Sergej Dus in seinem Artikel bei Radio "Stimme Russlands".
Dus weiter: "Leider will die ukrainische öffentliche Meinung von diesen Risiken nichts wissen. Der Direktor des internationalen Instituts für junge Staaten, der Politikwissenschaftler Alexej Martynow sagt diesbezüglich Folgendes:
„Die Idee besteht nicht in den wirtschaftlichen Problemen, die die Ukraine im Rahmen dieser Assoziierung wird überstehen müssen. Die Idee ist hauptsächlich eine politische, sie besteht im kategorischen Bruch mit Russland.
Viele Ukrainer glauben heute noch, dass die Assoziierung der erste Schritt zu einem EU-Beitritt sei. Aber derartige Assoziierungen besitzt die EU mit mehreren Ländern Lateinamerikas. Ägypten und die Türkei sind bereits seit mehreren Jahrzehnten mit der EU assoziiert. Aber keines dieser Länder ist der EU beigetreten. Eine Assoziierung und eine Mitgliedschaft sind nicht miteinander verbundene Dinge. Als die äußerste Notwendigkeit bestand, die EU auf Kosten der osteuropäischen Länder zu erweitern, da musste keines von ihnen durch die Phase eines assoziierten Mitglieds. Man schluckte sie sofort. Das gilt auch für Polen.“
Laut Bedingungen des Abkommens mit der EU verpflichtet sich die Ukraine, seine Gesetzgebung an die Normen der EU anzugleichen. Insbesondere geht es um den Prozess einer obligatorischen Restitution, das heißt um die Rückgabe gesetzwidrig nationalisierten Eigentums an dessen wahre Eigentümer und ihre Erben. Im Wortlaut des Dokuments steht darüber kein Wort, doch die Restitution ist eine wichtige und untrennbare Komponente des europäischen Rechtssystems. Die Ansprüche können gegenüber allem Eigentum erhoben werden, das nach 1917 den Besitzer gewechselt hat. Und das sind nicht nur Hunderte, sondern viele Tausende Objekte, woran die einfachen Enthusiasten einer Integration der Ukraine mit der EU gewiss kaum gedacht haben.
Die Sowjetmacht hatte mehr als 32 Millionen Hektar Land enteignet, das sind mehr als 52 Prozent des gesamten Territoriums der heutigen Ukraine. Nach den europäischen Regeln muss dieses ganze Land den ehemaligen Eigentümern oder ihren Erben zurückgegeben werden. Und nicht alle diese Leute sind Bürger der Ukraine. Den größten Appetit haben die Polen (bis 1939 waren die Gebiete Wolynsk, Riwne, Lwiw und Iwano-Frankiwsk ein Teil Polens). Ein anderer Nachbar, Ungarn, beansprucht Eigentum in Transkarpatien. Die Rumänen erstellen eine Liste der geerbten Häuser und Bodengrundstücke in der Nördlichen Bukowina und in einem Teil des Gebiets Odessa – im ehemaligen Südlichen Bessarabien, das 1940 an die UdSSR angegliedert worden war.
Kurz gesagt riskiert die Ukraine, ein Drittel ihres Ackerlandes zu verlieren (ganz zu schweigen von Hunderten Wohnungen und anderen Immobilien). Übrigens werden nach einer Ironie des Schicksals gerade die Bewohner der Westukraine durch derartige Restitutionen am meisten betroffen sein. Ihr europäischer Traum läuft Gefahr, sich in eine europäische Falle zu verwandeln. Aber daran werden sie sich selbst die Schuld geben müssen."
Quelle: Text Sergej Dus - „Stimme Russlands"