Ausbreitung von Freihandelsabkommen bedroht arme Länder
Archivmeldung vom 20.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReiche Länder setzen bilaterale und regionale Freihandelsabkommen ein, um Zugeständnisse zu erlangen, die sie in der Welthandelsorganisation (WTO) nicht durchsetzen können. Im neuen Bericht "Zukunft verbaut" weist Oxfam auf die schwerwiegenden Folgen für die Entwicklung armer Länder hin.
25 Entwicklungsländer haben bereits Freihandelsabkommen mit
Industrieländern abgeschlossen, mehr als 100 werden gerade
verhandelt. Dies geht aus dem heute veröffentlichten Oxfam Bericht
"Zukunft verbaut" hervor. Insgesamt gibt es mehr als 250 regionale
und bilaterale Freihandelsabkommen, die 30% des weltweiten Handels
umfassen.
"Diese Freihandelsabkommen sind schädlich für die Entwicklung. Die
armen Länder machen weit-gehende irreversible Zugeständnisse und
erhalten so gut wie nichts von den reichen Ländern", erklärt Marita
Wiggerthale, Handelsreferentin bei Oxfam Deutschland. Die
Freihandelsabkommen würden eine sehr schnelle Liberalisierung des
Handels und striktere Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums mit
sich bringen. "Arme Ländern verlieren ihre wirtschaftspolitische
Steuerungsfähigkeit zur Förderung der Entwicklung. Die ärmsten
Menschen können nicht mehr geschützt werden und sich aus der Armut
befreien", führt sie weiter aus.
Der Bericht zeigt eine Reihe von Problemen von Freihandelsabkommen
auf:
- Investitionsregeln in bilateralen und regionalen
Freihandelsabkommen verwehren den Regierungen armer Länder das Recht,
ihre Arbeiter, die Umwelt und die Wirtschaft zu schützen. Sie
riskieren gar Schadensersatzansprüche in Milliardenhöhe.
- Striktere Regeln zum geistigen Eigentum bedrohen den Zugang von
armen Menschen zu bezahlbaren Medikamenten, untergraben traditionelle
Landbewirtschaftungsformen und hebeln Rechte auf traditionelles
Wissen aus.
- Radikale Zollsenkungen bedrohen die Existenzgrundlagen von
Bäuerinnen und Bauern und behindern die zukünftige wirtschaftliche
Entwicklung.
- Die Vielzahl von Freihandelsabkommen untergräbt den
Multilateralismus.
Die Folgen dieser Entwicklung sind verheerend. In den ersten 10
Jahren nach Inkrafttreten des NAFTA-Abkommens verloren 1,3 Mio.
Menschen in Mexiko ihren Job in der Landwirtschaft. Anfänglich wurden
zwar Stellen im Bereich der verarbeitenden Industrie geschaffen, aber
die Billigkonkurrenz aus China führte zum Verlust von 200.000 Jobs in
den Jahren 2001-2004. In Peru würden bis zu 900.000 Menschen keinen
Zugang mehr zu Medikamenten haben, wenn das
US-Peru-Freihandelsabkommen umgesetzt wird. Gemäss einer Studie der
EU würden die Freihandels¬abkommen mit den Ländern Afrikas, der
Karibik und im pazifischen Raum (AKP) zu einem Importanstieg von 15%
bei wichtigen Lebensmitteln wie Zwiebeln, Kartoffeln und Geflügel
führen, mit verheerenden Folgen für den ländlichen Raum.
Um Handel und Investitionen in den Dienst der Entwicklung zu
stellen, fordert Oxfam, dass internationale Handelsregeln, ob
multilateral, regional oder bilateral:
- die Notwendigkeit einer Sonder- und Vorzugsbehandlung für
Entwicklungsländer anerkennen
- den Entwicklungsländern Flexibilität bei der Gesetzgebung zum
geistigen Eigentum zugestehen
- grundlegende Dienstleistungen wie z.B. Gesundheit von
Liberalisierungsverpflichtungen ausnehmen
- das Recht von Regierungen, Investoren zu regulieren, anerkennen
- die Beteiligung der Zivilgesellschaft und anderer Akteure im Verhandlungsprozess sicherstellen
Quelle: Pressemitteilung Oxfam Deutschland e.V.