„Die Zahlen des RKI sind das Papier nicht wert“ - Medizinprofessor kritisiert Corona-Politik
Archivmeldung vom 25.11.2020
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Freigeschaltet durch Anja SchmittEine Gruppe von Wissenschaftlern kritisiert beharrlich die Corona-Politik der Bundesregierung. Mittlerweile ist ihr sechstes Thesenpapier erschienen. Medizinprofessor Matthias Schrappe sagt: Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts, auf denen die Corona-Maßnahmen fußen, „sind das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben sind.“ Darüber berichtet das online Magazin "Sputnik".
Weiter heißt es dazu in einem Bericht von Bolle Selke auf deren deutschen Webseite: "Einige Wissenschaftler und Experten fordern in ihrem mittlerweile sechsten Thesenpapier einen „unvermeidlichen“ Strategiewechsel im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Denn der Wellenbrecher-Lockdown funktioniert offensichtlich nicht wie gewünscht.
„Verletzliche Bevölkerungsgruppen“ müssen mehr geschützt werden
In dem 49 Seiten langen Schreiben kritisieren die Autoren dievon Bund und Ländern scharf. Der November-Lockdown verfehle sein Ziel. Statt einer „Welle, die gebrochen werden kann“, sprächen die gegenwärtigen Daten eher für ein „kontinuierliches Ansteigen der Zahlen“. Eine leichte Abflachung der Zahlen möge zwar beobachtet werden, doch die Hoffnung auf ein Zurück zu Zahlen wie im August entbehre jeder Grundlage.
Besonders zwei Punkte kritisieren die Autoren. Zum einen stellen sie Frage:
„Wie kommen wir zu den Zahlen mit denen die Bundesregierung ihre Maßnahmen begründet? Zum anderen sehen sie Hochrisikogruppen gegenwärtig weitgehend ungeschützt. Die Bevölkerung werde „sehenden Auges in eine ‚kalte Herdenimmunität‘ getrieben“. „Verletzliche Bevölkerungsgruppen“ müssten mehr geschützt werden und ins Zentrum der Pandemiebekämpfung rücken. Es sei nicht auszuschließen, „dass eine weitgehende Durchseuchung der Bevölkerung so rasch eintritt, dass selbst eine Impfung nicht mehr zu einem Trendwechsel beitragen kann“.
Regierung müsste auf „permanente Lockdown-Drohungen“ verzichten
„Wenn es gut gelaufen wäre, hätten wir uns frühzeitig drum gekümmert – hier Stichwort Pflegeheime – für Schutzmaßnahmen zu sorgen“, sagte im ZDF Co-Autor Matthias Schrappe, Infektiologe und Internist. „Das ist unterblieben und das ist ein schwerwiegender Kritikpunkt von unserer Seite.“
Er fordert „Menschlichkeit“ und einen „wohlwollender Schutz“, der von der Persönlichkeit und der Würde der Betroffenen ausgehe. Der ehemalige Stellvertretende Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen schlägt im Interview mit der „Welt“ Folgendes vor: Taxis für ältere Menschen zum Preis eines ÖPNV-Tickets und Hilfsprogramme für Personen, die ambulante Pflege brauchen. Studenten, deren Kellnerjob weggebrochen sei, könnten für das gleiche Geld vor Seniorenheimen stehen und Abstriche machen, oder Einkaufsdienste für Senioren. Man müsse in dieser Zeit „den Zusammenhalt wecken, die Fantasie anregen, wie man sich und die Mitmenschen schützt.“ Das aber sei Führungsaufgabe und dazu müsste die Bundesregierung bereit sein, „mit Präventionsideen zu experimentieren, sie müsste es ausprobieren, und sie sollte vor allem auf diese permanenten Lockdown-Drohungen verzichten“.
„Das RKI ist politisch gesteuert“
Das Robert-Koch-Institut (RKI), so Schrappe im ZDF, sei politisch gesteuert: Es ist dem Bundesministerium für Gesundheit untergeordnet. Die Zahlen des RKI würden im Bereich der Mutmaßung liegen. Grundrechte würden eingeschränkt, ohne dass man eigentlich genau verwertbare Zahlen hätte.
Als Wissenschaftler und Bürger hält der Kölner Medizinprofessor, der früher die Bundesregierung in Gesundheitsfragen beraten hat, es für ein „Unding, ohne eine feste Zahlenbasis, zu solchen Einschränkungen schreiten“.
Er kritisiert:
„Wir testen 1,5 Millionen Leute in der Woche und haben dann meinetwegen 120.000 Test-positive. Aber wenn wir 2,5 Millionen Leute testen würden, wie viele hätten wir dann? Das hat keine Basis. Die Zahlen sind das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben sind, und schon gar nicht könne sie damit politisch steuern. Diese Zahlen werden erhoben und dann auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet, ohne einzuberechnen, wie viele in der Bevölkerung denn vielleicht zusätzlich noch infiziert sind. Diese Zahlen sind nichts wert.“ "
Quelle: Sputnik (Deutschland)