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US-Multimilliardär beklagt „kaputten Kapitalismus“ und eine „verrückt gewordene Welt“

Archivmeldung vom 07.11.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.11.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ray Dalio (2017)
Ray Dalio (2017)

Foto: Leoboudv
Lizenz: CC BY 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Welt ist laut dem US-Milliardär Ray Dalio verrückt geworden wegen des schnellen Geldes, das bald wie „aus dem Fenster rausgeschmissen“ werden wird. Es häuften sich zu viele Ressourcen in privaten Händen, wobei es den Staaten an diesen bald dramatisch mangeln wird. Das russische online Magazin "Sputnik" schreibt, dies könnte zu einer gewaltsamen Revolution führen, befürchtet Dalio.

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Seine Offenbarung teilte der 70-jährige Gründer des weltgrößten Hedgefonds „Bridgewater Associates“ und Philanthrop mit seinen mehr als 300.000 Twitter-Followern in einem Artikel unter dem Titel „Die Welt ist verrückt geworden, und das System ist kaputt“ (The World Has Gone Mad and the System is Broken).

Die heutigen Anleger hätten zu viel Geld, so Dalio, und seien bereit,  dieses in absehbarer Zeit zu niedrigen oder sogar negativen Zinssätzen und mit zweifelhaften Aussichten auf eine Rückerstattung zu investieren. Es sind dem Milliardär zufolge gerade die Zentralbanken, die die Anleger zum Investieren zwingen mit ihren „nutzlosen“ Versuchen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Aus diesem Grund steige der Wert von Vermögenswerten. Da die meisten Investoren jedoch viel Geld hätten, müssten Startups nicht einmal mehr über Rentabilität nachdenken oder zumindest eine Strategie dafür haben. „Manchmal müssen Startups Investitionen aufnehmen, selbst wenn sie kein zusätzliches Geld benötigen, da der Investor sonst in ihren Mitbewerber investieren würde“, schreibt Dalio.

Gleichzeitig würden die Staaten bereits ein erhebliches Haushaltsdefizit aufweisen und werden gezwungen sein, mehr Kredite aufzunehmen, so der Milliardär.

Er ist sich sicher, dass der Markt solche Volumen nicht ohne höhere Leitzinsen bewältigen könne, weil die Welt schon seit geraumer Zeit ziemlich verschuldet sei. Eine Erhöhung der Leitzinsen dagegen werde verheerende Folgen für die Märkte und Volkswirtschaften haben. Geld für Kredite werden wahrscheinlich von Zentralbanken bereitgestellt werden, die neue Banknoten drucken würden. Dieser Trend, „Geld wie aus dem Fenster rauszuschmeißen“, werde sich nur verstärken, prognostiziert Dalio.

Kapitalismus „für die meisten“ kaputt?

Gleichzeitig würden Probleme bei der Zahlung von Renten und Gesundheitskosten entstehen und vor allem Sozialarbeiter und Beamte würden betroffen, die bereits mit Haushaltskürzungen konfrontiert seien, prognostiziert der Milliardär. Es stelle sich also heraus, so Dalio weiter, dass die Finanzmittel für diejenigen, die sie bereits hätten und kreditwürdig seien, leicht zugänglich bleiben würden. Für den Rest werde das Geld praktisch unzugänglich sein. Das Ergebnis soll sein, dass sich der „Kampf“ zwischen Arm und Reich nur noch weiter vertieft. Die vermögenden Kapitalisten würden zunehmend dorthin ziehen, wo diese Kluft geringer sei.

So funktioniere ein System, das versuche, „den Kapitalismus für die meisten Menschen zum Funktionieren zu bringen“, nicht mehr, schreibt Dalio zum Schluss. Er schlägt allerdings keine Lösungen für die beschriebenen Widersprüche vor.

„Diese Kombination von Umständen ist instabil und kann sicherlich nicht weiter voranschreiten, so wie es seit 2008 war (seit der globalen Finanzkrise. - Anm. d. Red.)“. Deshalb glaubt der Autor des Artikels, dass sich die Welt einem großen Paradigmenwechsel nähere. Dalio veröffentlichte seinen Text kurz nach seiner Rede auf dem Greenwich Economic Forum in Connecticut. Dort forderte der Milliardär die amerikanischen Politiker auf, die wachsende Ungleichheit als Notfall auf nationaler Ebene anzuerkennen.

Sollten sie nicht sofort dagegen vorgehen, müssten sie auf eine gewaltsame Revolution vorbereitet sein, in der „wir alle versuchen werden, einander zu töten“.

Ray Dalio rangiert auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt auf Platz 57. Sein Vermögen wird auf 18,4 Milliarden US-Dollar geschätzt. 2019 belegte Dalio den dritten Platz im Ranking der am meisten verdienenden Hedgefonds-Manager.

Braucht die Welt „einen neuen Kapitalismus“?

Dalio ist nicht der einzige US-Milliardär, vom dem „der alte“ Kapitalismus seinen Abgesang bekommen hat. Der Pionier des Cloud Computing Marc Benioff mit einem geschätzten Vermögen von rund 6,7 Milliarden US-Dollar bedankte sich Mitte Oktober in einer Kolumne für „The New York Times“ zwar bei dem System, wies aber darauf hin, dass die Welt „einen neuen Kapitalismus“ brauche. Der „alte“ habe sich in den letzten Jahren auf die Maximierung des Aktionärseinkommens konzentriert und zu „furchtbarer Ungleichheit“ geführt. Benioff betont zu bedauern, dass „26 der reichsten Menschen der Welt so viel Geld haben wie die ärmsten 3,8 Milliarden Menschen.“ Dabei sprach er andere Milliardäre und Führungskräfte an: „Ich glaube, wir können die Verantwortung für das, was Menschen mit unseren Produkten tun, nicht länger ignorieren. Ja, Einkommen ist wichtig, aber so ist auch die Gesellschaft.“ In seiner frischen Analyse der deutschen Parteienlandschaft verband der Politikwissenschaftler Georg Fülberth neue chauvinistische, völkische und rassistische Bewegungen übrigens mit der zerstörerischen Überakkumulation des Kapitals innerhalb der neuen imperialistischen Weltordnung."

Quelle: Sputnik (Deutschland)


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