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Der Anthropologe Emmanuel Todd über den Niedergang der USA

Archivmeldung vom 13.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Der französische Historiker und Anthropologe Emmanuel Todd sieht den politischen und kulturellen Vorbildcharakter der Vereinigten Staaten schwinden. In der ZEIT betont Todd, die USA würden weltweit "eher zum Antimodell. Sie waren der Traum der Völker und entwickeln sich zum Albtraum".

Das von uns gepflegte Bild von Amerika als "großmütig, unternehmerisch und erfindungsreich" hindert uns laut Todd, die neue Realität anzuerkennen. "Sogar der Baker-Bericht sagt, dass die Amerikaner die Sprachkenntnisse und das Kontextwissen verloren haben, um andere Völker zu gewinnen." Angesichts ihrer Exportschwäche und einem Außenhandelsdefizit von 800 Milliarden Dollar "sind die USA zu einem globalen Plebs geworden, der seine eigene Versorgung nicht mehr leisten kann und auf Pump von der Welt lebt".

Mit der Erfindung der "Achse des Bösen" hätten die USA eine eingebildete Bedrohung aufgebaut, um dennoch ihren Führungsanspruch zu stützen. Dies sei aus Schwäche geschehen, weil es den USA immer schwerer falle, "die geopolitische Kontrolle zu behalten". Das Saddam-Regime habe längst am Boden gelegen. "Mit Blick auf den Kollaps des Ostblocks ist es deshalb erstaunlich, dass von den USA eine militärische Option in dem Moment angestrebt wurde, als der Diktator dem internationalen Druck zur Entwaffnung nachgab und ein Regimewechsel möglich schien. Im Irak besiegte die Weltmacht einen Zwerg, und außer Iran hat dies bislang niemandem genützt."

Nach Ansicht von Todd kommt angesichts der neuen Weltlage Deutschland als "Kraftzentrum" eine große Verantwort zu. "Aber neuerdings sucht Deutschland sein inneres Gleichgewicht ohne Rücksicht auf die Nachbarn. Italien liegt im Koma, Frankreich steht vor einer Revolte; die Zeit zwischen dem Ende des Neoliberalismus und einer neuen europäischen Gemeinschaftspolitik wird sehr unruhig."

Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT

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