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Vor der Abstimmung im EU-Parlament: Digitalpolitiker und Digitalwirtschaft fordern gemeinsam Leistungsschutzrecht und Uploadfilter abzulehnen

Archivmeldung vom 18.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Europäisches Parlament in Straßburg (Symbolbild)
Europäisches Parlament in Straßburg (Symbolbild)

Von Diliff - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=35972521

Die Verhandlungen über die EU-Urheberrechtsreform sind auf der Zielgeraden angekommen. Nachdem sich die EU-Staaten dafür ausgesprochen haben, muss nun am 20. Juni das Europäische Parlament abstimmen. Umstritten sind zwei Elemente der geplanten Reform: die Einführung von Uploadfiltern und die Neuregelung des Leistungsschutzrechts. Digitalpolitiker in Berlin und Straßburg sowie Vertreter der Digitalwirtschaft warnen eindringlich vor den möglichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pläne.

So kritisiert Jens Zimmermann, digitalpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, das Leistungsschutzrecht scharf: "Das Leistungsschutzrecht verfehlt seine Ziele auf ganzer Linie und verursacht erhebliche Kollateralschäden. Statt für eine angemessene Vergütung der Kreativen zu sorgen, stärkt es vor allem die Monopolanbieter. Zugleich stellt es eine erhebliche Gefahr für die Informations- und Meinungsfreiheit im Netz dar. Deswegen unterstütze ich das Bemühen des Europäischen Parlamentes, den Plänen zielgenauere Instrumente zur Stärkung der Rechtsposition der Verlage bei einer angemessenen Beteiligung von Journalisten entgegen zu stellen."

Auch Jimmy Schulz, digitalpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag fordert ein klares Nein zu Uploadfiltern: "Die Verpflichtung der Plattformbetreiber zum Vorabfiltern fördert eine Zensurinfrastruktur und bedroht die Netzkultur, so wie wir sie heute kennen."

"Unverhältnismäßig und praktisch nicht umsetzbar"

Julia Reda, Abgeordnete der Piratenpartei im Europäischen Parlament, beklagt die "eklatanten Mängel" der geplanten Reform: "Expertinnen und Experten sind sich praktisch einig, dass der Urheberrechtsentwurf in seiner aktuellen Form richtig schlecht ist." Trotz Überarbeitungen sei er "immer noch weit davon entfernt, praktisch umsetzbar und verhältnismäßig zu sein." Zudem stehe er im "fundamentalem Widerspruch zum Ziel der Verordnung, das klipp und klar im Titel steht: Einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt mit gemeinsamen Regeln zu schaffen", betont Reda.

Gefahr für Startups und den Investitionsstandort Europa

Negative Auswirkungen auf Startups und den europäischen Investitionsstandort Europa befürchten Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. und Christian Miele, Principal beim Wagniskapitalfonds e.ventures: "Ein europäisches Leistungsschutzrecht wird Innovation behindern, die Digitalisierung der Verlags- und Nachrichten-Branche erschweren und zum Wettbewerbsnachteil für den Investitionsstandort Europa werden", erklärt Süme.

Uploadfilter stellten gerade für kleinere und mittlere Unternehmen, insbesondere Startups, ein Risiko dar: "Ihnen fehlen die Ressourcen, um die erforderliche Filter-Software zu entwickeln. Damit schwächt die geplante Reform die Wettbewerbsposition dieser Firmen - und das wirtschaftliche Wachstum in der EU."

Miele sieht gerade in der Rechtsunsicherheit eine Bedrohung für Startups: "Bevor wir in eine unternehmerische Idee investieren, erstellen wir eine Risikoanalyse, die auch den regulatorischen Rahmen berücksichtigt. Rechtsunsicherheit kann zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führen und stellt somit ein hohes Risiko dar, das die Finanzierungschancen eines Startups erheblich reduziert. Das wäre ein echter Wettbewerbsnachteil für europäische Startups und schlecht für den Innovationsstandort."

EU-Parlamentarier verlangen Streichung des Leistungsschutzrechts

Angesichts solcher Auswirkungen fordern Wirtschaftsvertreter und Digitalpolitiker das EU-Parlament auf, mit ihrem Nein die geplanten Neuregelungen zu stoppen. Eine ablehnende Haltung hatte ursprünglich auch die Bundesregierung vertreten. In ihrem Koalitionsvertrag bezeichnen Union und SPD Uploadfilter als "unverhältnismäßig". Der CDU-Politiker Axel Voss jedoch ist als zuständiger Verhandlungsführer des EU-Parlaments ein Unterstützer der EU-Urheberrechtsreform. In einem offenen Brief an ihn zeigten sich zuletzt insgesamt 104 Abgeordnete aus sieben Fraktionen "extrem besorgt" und forderten, das Leistungsschutzrecht aus der Urheberrechtsrichtlinie zu streichen.

Über das Leistungsschutzrecht

Artikel 11 der geplanten EU-Urheberrechtsrichtlinie sieht vor, dass Internetplattformen, die kleine Ausschnitte journalistischer Inhalte im Netz nutzen - wie soziale Medien (u.a. Facebook) oder auch News-Aggregatoren (u.a. Google News) - dafür eine Lizenz der Presseverleger benötigen. Für das Einblenden automatischer Previews, wenn Nutzer einen Link teilen (meist bestehend aus der Überschrift, einem kleinen Bild und einem kurzen Textausschnitt), wären Internetplattformen künftig zahlungspflichtig.

Über Uploadfilter

Nach Artikel 13 des Richtlinienentwurfs sollen Internetplattformen (wie etwa YouTube), auf denen Nutzer Inhalte wie Texte, Bilder und Ausschnitte von Musikstücken oder Videos hochladen können, künftig Uploadfilter installieren, die diese automatisch vor dem Hochladen auf mögliche Urheberrechtsverletzungen überprüfen.

Quelle: fischerAppelt, relations GmbH

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