Merkel nach Euro-Gipfel "sehr zufrieden"
Archivmeldung vom 27.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundeskanzlerin Angela Merkel hat die Entscheidungen des Euro-Gipfels befürwortet und sich mit den Ergebnissen "sehr zufrieden" gezeigt. "Die Welt hat heute auf uns geschaut, wir haben gezeigt, dass wir die richtigen Schlüsse gezogen haben", sagte die Kanzlerin nach dem Gipfel. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy nannte die Beschlüsse historisch. "Frankreich wollte eine Tragödie verhindern, eine Pleite Griechenlands wäre eine Tragödie gewesen", sagte er.
Dabei einigten sich die die Staats- und Regierungschefs der Eurozone auf einen teilweisen Schuldenschnitt für Griechenland. Private Gläubiger werden auf 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Dies entspricht einem Schuldenerlass in Höhe von etwa 100 Milliarden Euro. Bei der Einigung handelt es sich allerdings um eine freiwillige Vereinbarung und steht unter dem Vorbehalt, dass die Gläubiger diese auch einhalten.
Vereinbart wurde zudem ein zweites Kredit-Paket von 100 Milliarden Euro, das die Helenen bis 2014 erhalten sollen. Ein weiterer Punkt des Programms war die Ausweitung des Rettungsfonds durch Hebel auf rund eine Billion Euro.
Die EU-Staaten haben auf ihrem Euro-Krisengipfel in Brüssel eine Rekapitalisierung der Banken beschlossen. Das erklärte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Mittwochabend. Systemrelevante Finanzinstitute in Europa sollen demnach ein Kernkapital von neun Prozent haben. Die Banken haben für die Erhöhung der Kernkapitalquote bis zum Juni nächsten Jahres Zeit. Die Maßnahme soll einmalig erfolgen.
Zudem wollen die EU-Staaten, dass Griechenland bei der Umsetzung seines Spar- und Reformprogrammes in Zukunft schärfer überwacht wird. Laut dem Entwurf der Abschlusserklärung des Euro-Gipfels wollen EU-Kommission und Euro-Staaten künftig mehr Experten zur Kontrolle nach Griechenland schicken. Diese sollen die Arbeit der Troika unterstützen, heißt es in dem Entwurf.
Linksparteichef Ernst: Hebel-Beschluss ist "Fehler mit dramatischen Folgen"
Der Chef der Linkspartei, Klaus Ernst, hat den Hebel-Beschluss zum EFSF-Rettungsschirm als "Fehler mit dramatischen Folgen" bezeichnet. "Das Haftungsrisiko verdoppelt sich effektiv, und es gibt im Haftungsfall keine soziale Absicherung für die Arbeitnehmer und Rentner", sagte Ernst den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe. Es gebe noch nicht einmal "das kleinste Signal an die Bürger, dass der Staat auch einmal ihre Interessen gegen die Banken vertritt". Erneut forderte Ernst die Einführung einer gesetzlichen Deckelung für Dispozinsen auf fünf Prozentpunkte über dem Zentralbankzins.
Steinbrück will internationale Finanzmärkte zähmen
Ex-Finanzminister Peer Steinbrück will die internationalen Finanzmärkte zähmen, um die europäische Währungskrise einzudämmen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, fordert Steinbrück dabei in einem Papier härtere Regeln, als bei der Regulierung international diskutiert werden. Demnach plädiere er unter anderem für eine drastische Einschränkung hochriskanter Kreditausfallversicherungen (CDS). Steinbrück argumentiere, solche Kontrollen seien eine "Bedingung für die im Zug der Schuldenkrise anstehende Rekapitalisierung europäischer Banken mit öffentlichen Geldern". Zudem könne nur so die Spekulation gegen jene finanziell angeschlagene EU-Staaten wie etwa Griechenland eingeschränkt werden, deren Rettung durch die Zockergeschäfte zusätzlich erschwert werde. Geschäfte mit CDS dürften nur noch erlaubt sein, wenn dem Absicherungsgeschäft tatsächlich ein Kredit oder ein Anleihekauf vorangegangen sei. Ansonsten müssten sie verboten werden.
Steinbrück fordere zudem ein Verbot von Warentermingeschäften zwischen Finanz-Institutionen, die keinerlei Bezug zu konkreten Warentransaktionen hätten. Vor allem US-Investmentbanken spielen an den Rohstoffmärkten eine große Rolle. Steinbrück plädiert dafür, Finanzinstitutionen den Kauf und die Lagerung von Rohstoffen, darunter auch Öl, komplett zu verbieten. Steinbrück fordert, dass Derivate und Rohstoffe in Zukunft nur noch über transparente Handelsplattformen abgewickelt werden können und nicht mehr im außerbörslichen Handel, den sogenannten Over-the-Counter-(OTC)-Geschäften.
Quelle: dts Nachrichtenagentur